In seinem Newsletter vom 27. September 2023 veröffentlichte der Schweizer Reise-Verband (SRV) eine Kommunikation des Schweizer Tourismus-Verband (STV), wovon der SRV Mitglied ist. Der STV ist der Dachverband des Schweizer Tourismus und die überwiegende Mehrheit dessen Mitglieder sind im nationalen Tourismus aktiv.
Tourismusfreundliche Kandidat*innen wählen
Mit dieser Kommunikation stellt der STV eine Online – Wahlhilfe zur Verfügung, mit welcher Wähler*innen in jedem Kanton die tourismusfreundlichen Politiker suchen können. Der STV will damit erreichen, dass an den Eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober 2023 möglichst tourismusfreundliche Kandidat*innen gewählt werden.
Der Stein des Anstosses
Der in der Kommunikation enthaltene Satz «Mit seinen Aktivitäten rund um die Wahlen will der Verband erreichen, dass Kandidat*innen, die sich aktiv für einen zukunftsorientierten Tourismus einsetzen, möglichst viele Stimmen erhalten» kommt nun bei einigen Brachenexponenten, vor allem aus der Westschweiz, überhaupt nicht gut an.
David Léchot, Geschäftsführer Indalo Space SA, Delegierter SRV Region 1 und Präsident der Reisebürovereinigung des Kantons Freiburg, schreibt an seine Kolleg*innen der Vereinigungen der anderen Westschweizer Kantone:
«Wir können das von unserem Verband nicht durchgehen lassen, denn er wirbt dafür, dass wir für die rechtsliberalen Parteien stimmen, während es in Wirklichkeit – und das wissen Sie gut, weil Sie während der Pandemie aktiv gearbeitet haben – die Linke und die Mitte-Linke waren, die die Reisebüros (und den Outgoing-Sektor) in der Schweiz unterstützt haben. Wir sind nicht vor neuen Krisen gefeit, also sollten wir klug abstimmen. Ich für meinen Teil werde diese E-Mail an die Mitglieder der GAVF weiterleiten und kann Sie nur ermutigen, in Ihren Gruppierungen das Gleiche zu tun. Ich hoffe auch, dass der SRV (dem eine Kopie dieses Schreibens vorliegt) so schnell wie möglich eine Korrektur veröffentlicht.»
Auch Koni Kölbl, Geschäftsführer Travel-Solutions Bern, bläst ins gleiche Horn und schreibt. Dies sei in der Tat eine monumentale Farce des SRV denn der STV basiert rein auf dem Incoming-Tourismus. Dieser wird volkswirtschaftlich als systemrelevant betrachtet, der Outgoing-Tourismus hingegen nicht. Während der Corona-Krise hätten STV und SRV nicht zusammengearbeitet und die Outgoing-Branche konnte bezüglich staatlicher Unterstützung nicht auf die Unterstützung der wirtschaftsnahen Parteien zählen. Das Tool des STV unterstütze diejenigen Kandidat*innen, die die Outgoing-Branche seinerzeit nicht unterstützten.
SRV überlegt sich Korrektur
Auf Nachfrage erklärt SRV-Geschäftsleiterin Andrea Beffa, dass das Kommunizieren des STV-Text und Tools mit dem Präsidenten Martin Wittwer und dem Leiter des Ressort Politik im Verband, André Lüthi, abgesprochen wurde. Sollten noch weitere ähnliche Reaktionen eintreffen, überlege man sich, den Mitgliedern eine Korrektur oder Erklärung zu kommunizieren. Aber eigentlich wollte man nur das Tool den Mitgliedern zur Verfügung stellen.
Was vom STV kommt ist im Sinne des Tourismus
André Lüthi erklärt auf Nachfrage: «Die Outgoing-Branche erhielt Unterstützung sowohl von Parteien links als auch von Parteien rechts der Mitte. Die besten Beispiele dafür sind Mattea Meyer (SP) und Andreas Aebi (SVP). In beiden politischen Lagern gab es aber auch Parlamentarier*innen die die Outgoing-Branche in keiner Weise unterstützten.
André Lüthi sagte auch, dass man davon ausgehe , dass Sachverhalte die der STV initiiert grundsätzlich im Sinne des Tourismus seien. Zudem würden Touristikerinnen und Touristiker selbst bestimmt und eigenverantwortlich entscheiden, wen sie im Sinne ihrer politischen Ausrichtung wählen und wohl eher selten auf Wahlempfehlungen hören. (BRA)