Steigen die Swiss-Flugpreise weiter Tamur Goudarzi Pour?

Swiss CCO Tamur Goudarzi Pour erklärt im Gespräch mit TRAVEL INSIDE die aktuellen Entwicklungen in der Luftfahrt und wie die Swiss damit umgeht.
Tamur Goudarzi Pour. ©Swiss

Die globale wirtschaftliche Abschwächung ist im Flugverkehr nicht sichtbar und die Swiss erfreut sich einer ungebrochenen Nachfrage. Der Weltluftverkehr liegt heute bei 97% der vor der Pandemie 2019 angebotenen ASK (available Seat Kilometers).

Die Swiss operierte im Jahr 2023 mit 87% der 2019 angebotenen ASK und plant in 2024 auf eine hohe 90%-Zahl zu kommen. Insbesondere in der Langstrecke will Swiss 2024 um ca. 10% wachsen.

Stabiler Flugplan

Beim Flugplan erzielte die Swiss 20232 eine Stabilität von 99%. Eine auch nur ähnlich hohe Stabilität wurde aber bei der Pünktlichkeit verfehlt. Entsprechend wird zur Zeit gemeinsam mit den Partnern wie Swissport, Skyguide etc. ein Massnahmenpaket erarbeitet, um die Pünktlichkeit 2024 auf ein zufriedenstellendes Niveau zu bringen. Unter anderem will man Umsteigezeiten für verspätungsanfällige Strecken anpassen und den Boardingprozess weiter optimieren.

Tamur Goudarzi Pour freut sich aber, dass sich die Gepäckauslieferung massiv verbesserte und nur 1,6% der Gepäckstücke verspätet ankommt. Die Reaktionszeit des Call Center liegt mittlerweile unter 30 Sekunden pro Anruf und zudem wurden die Self Service – Funktionen auf der Webseite, beispielsweise für Rückerstattungen, ausgebaut.

Viel gerügtes Thema ‘Wetlease’

Immer wieder liest man negative Kommentare wegen Swiss-Flügen die mit Air Baltic – Flugzeugen und – Besatzungen durchgeführt werden. Tamur Goudarzi Pour verteidigt dies damit, dass es aufgrund von Lieferengpässen und wegen der Probleme mit den A220-Triebwerken, wovon viele Airlines betroffen sind, für einen stabilen Flugplan auch weiterhin unumgänglich ist.

Im aktuellen Winterflugplan, der bis Ende März in Kraft ist, stehen vier Flugzeuge von Air Baltic sowie (im Durchschnitt pro Woche) acht von Helvetic im Einsatz. Swiss wird die Kooperation mit Air Baltic voraussichtlich im Sommer 2024 fortsetzen, die Details sind jedoch noch in Ausarbeitung. Dabei geht es auch darum, im Falle technischer Probleme genügend Reserve zu haben. Auch im Langstreckenbetrieb wird ein Flugzeug dauernd in Reserve gehalten, was früher nicht der Fall bzw. nicht in diesem Ausmass notwendig war.

Kurzfristig runter, längerfristig rauf

Seit der Pandemie hat sich die Nachfrage stark verändert. So stieg der Freizeitreiseverkehr stark an, der Geschäftsreiseverkehr hingegen nicht. Der Erlös pro Passagierkilometer stieg in 2023 gegenüber 2019 um 15%, die Treibstoffkosten stiegen jedoch um knapp ein Drittel. Allerdings liegt der Erlös pro Passagierkilometer bereits wieder 3% tiefer als 2022, während der Hochsaisonmonate im Sommer sogar um 10% tiefer als im Vorjahr.

Entsprechend rechnet Swiss für die nächsten Quartale mit leicht sinkenden Erträgen und demzufolge auch leicht sinkenden Preisen. In diesem Zusammenhang legt Tamur Goudarzi Pour Wert auf die Feststellung, dass es sich bei den in der aktuell laufenden Kampagne für Nordamerika-Ziele nicht um rabattierte Preise handelt, sondern um die offiziellen Preise im untersten Tarifniveau, die aktuell sichtbar sind. Gerade auf den Nordatlantik- und auf den Europa-Strecken rechnet Swiss mit sehr viel Kapazitäten.

Mittel- bis langfristig rechnet Swiss jedoch mit steigenden Kosten und entsprechend auch mit steigenden Flugpreisen. Der Druck das Fliegen nachhaltiger zu gestalten und entsprechend mehr SAF (Sustainable Aviation Fuel) zu tanken wächst und wird sich auf die Kosten auswirken.

Auf Nachfrage erklärt der Swiss-CCO, dass aktuell noch nicht entschieden wurde, ob die höheren Kosten für SAF in den Basispreisen einkalkuliert oder ob diese weiterhin basierend auf ‘Freiwilligkeit’ verrechnet werden.

Neue Langstrecken-Kabine

Unter dem Namen ‘Swiss Senses‘ entwickelt Swiss ein ganzheitliches Kundenerlebnis-Konzept, dass alle Sinne adressiert, ein Teil davon wird eine neue Kabine sein, wie sie die gesamte LH Group einführt. Der neue A350 wird mit der neuen Kabine, mit kleinerer aber noch luxuriöserer Firstclass und einer Premium-Businessclass die nahe an die heutige Firstclass kommt, nur 242 Passagieren Platz bieten. Nur der A350-1000 den Qantas für die Ultralangstrecken ‘Qantas Sunrise’ nutzt bietet mit 238 noch weniger Plätze.

Ob die Swiss in Zukunft die ‘Sleeper Row’, die die Lufthansa in der Economy Class anbietet, auch einführen wird, ist allerdings noch nicht entschieden.

Hans-Peter Brasser