Tagebuch einer Kambodscha-Reise in der Corona-Krise – Teil 4

Stephan Roemer, Geschäftsführer Tourasia und CEO Diethelm Travel Group, berichtet online von seinen Erfahrungen bei den Vorbereitungen, auf der Reise, vor Ort und bei der Rückkehr aus Phnom Penh.
Wiedergewonnene Freiheit: Stephan Roemer im Garten des Raffles Hotel Le Royal Phnom Penh. Alle Fotos zVg.

Das Tagebuch soll Einblicke in eine Langstreckenreise während der Corona-Krise vermitteln – von den Vorbereitungen bis zur Rückkehr. Stephan Roemer startete am Montag, 7. September in Zürich und will am Mittwoch, 16. September, wieder in der Schweiz landen.

Teil 4 – «Free Stephan» – ab in die Freiheit
Donnerstag, 10. September 2020

«Aufgestanden bin ich früh, so konnte ich noch die letzten Nachrichten von gestern mitkriegen. Gleichzeitig hatte ich Zeit und Ruhe um ein persönliches Mail an Beat Walti (FDP) zu schreiben, weil ich sehr enttäuscht war über seine Aussagen im Kassensturz und seinen fehlenden Einsatz für die KMU der Dienstleistungsbranche (wovon er ja auch eines ist). Dann wollte ich ja möglichst schnell bereit sein für die Abreise, weil ich langsam den Zimmerkoller hatte. Den erlösenden Anruf habe ich um 10.00 Uhr erwartet. Da dieser ausblieb, habe ich mich um 10.30 Uhr telefonisch an der Reception gemeldet und mich nach meinem Covid-Resultat erkundigt. Die Antwort war, dass dieses erst morgen vorliegen würde und ich noch eine zusätzliche Nacht verbringen müsste. Das liess ich so nicht stehen und habe «asiatisch insistiert» und um nochmalige Abklärung gebeten. Und siehe da: keine 5 Minuten später das erlösende Telefon: You can leave now.

Innert Sekundenfrist war ich mit Sack und Pack bei der Türe Richtung ersehnter Freiheit. Und zu meinem Erstaunen kein Wachpersonal, nichts. Ich konnte mich komplett frei im Hotel bewegen. Schon fast beängstigend, nirgends waren Leute zu sehen. Jetzt bereue ich es schon fast, den abendlichen Ausflug ins Gym nicht gemacht zu haben, denn dies wäre wohl unbemerkt geblieben. An der Reception waren zwei eher gelangweilte Damen die mich zum Konfernzeingang im Untergeschoss verwiesen. Dass die Lifte anscheinend aufgrund der tiefen Auslastung nicht funktionieren haben sie nicht erwähnt. Der Gepäcktransport über die zwei Stockwerke hat wenigstens das verpasste Gym kompensiert.

Unten angekommen liegen auf dem Tisch unzählige Pässe aller Nationalitäten bereit. Ich erkenne hauptsächlich asiatische Reisepässe, aber auch drei australische und zwei britische. So werde ich gefragt welcher mein Pass sei – soll ich mich jetzt für einen der Britischen entscheiden, oder mit dem Roten abziehen? Natürlich lasse ich mir feierlich den roten Pass übergeben, bezahle meine Hotelrechnung (das Bier musste ich ja inoffiziell bar begleichen) und bin bereit für die Abreise. Der zuständige Hotelmitarbeiter erinnert mich noch daran, dass ich vor Ablauf von 14 Tagen noch einen zweiten Covid-Test machen müsse. Dieser ist im Pauschalpreis schon eingeschlossen, aber da ich ja schon nach einer Woche abreise, erübrigt sich das. Ansonsten sei ich jetzt frei. Da fährt auch schon mein Grab Taxi vor und nach einer freundlichen Verabschiedung geht es weg in die Freiheit.

Im Taxi trage ich noch die Maske, merke aber bald, dass die mir von der Strasse zulächelnde Bevölkerung nicht maskiert ist. Vorsichtigerweise lasse ich den Schutz auf meiner Nase und meinem Mund und freue mich nach der kurzen Fahrt in die Oase des Raffles Hotel einzutreten. Das Raffles musste ich auch im Vorfeld buchen. Es ist Teil meines Reisearrangements, das ich bereits beim Visaantrag mitliefern musste. An der Türe des legendären Hotels werde ich gleich freundlich vom Schweizer Direktor, Oliver Dudler, begrüsst. Die Freude des Hotelpersonals ist offensichtlich: wieder einmal ein Gast und so erklärt mir der Butler, der mich auf das Zimmer bringt, dass es leider nur ganz wenige Gäste im Hotel habe, sie würden aber dennoch sämtliche Einrichtungen anbieten. So steht auch die bekannte Elephant Bar ab 15.00 Uhr offen und er meint auch, dass sich hier jeweils viele Ausländer der Stadt zum Feierabend-Bier treffen, wenn ich Gleichgesinnte treffen möchte.

Vorerst steht aber noch etwas Arbeit für mich an, die ich auf meinem Balkon mit wunderschöner Aussicht in den tropischen Garten und auf den Swimmingpool mit besonderem Elan angehe. Obwohl der Swimmingpool lockt, muss dieser noch bis abends warten. Heute stehen noch ein paar Meetings und ein Abendessen in einem lokalen Restaurant in der Stadt auf dem Programm.

Fairerweise will ich noch anfügen, dass ich ganze 14 Tage in Quarantäne hätte bleiben müssen, wäre auch nur ein Passagier des Fluges von Singapur nach Phnom Penh positiv getestet worden. So sehen es die kambodschanischen Corona-Regeln vor. Das eingegangene Risiko hat sich gelohnt, ich geniesse meine neue Freiheit.»

(Aufzeichnung: Urs Hirt)

Fortsetzung Teil 5

Und hier geht es zum Tagebuch-Archiv:

Teil 1
Teil 2
Teil 3