Tagebuch einer Kambodscha-Reise in der Corona-Krise – Teil 6

Stephan Roemer, Geschäftsführer Tourasia und CEO Diethelm Travel Group, berichtet online von seinen Erfahrungen bei den Vorbereitungen, auf der Reise, vor Ort und bei der Rückkehr aus Phnom Penh.
Iris Flückiger, General Manager des Smiling Gecko Farmhouse in Kambodscha.

Das Tagebuch soll Einblicke in eine Langstreckenreise während der Corona-Krise vermitteln – von den Vorbereitungen bis zur Rückkehr. Stephan Roemer startete am Montag, 7. September in Zürich und will am Mittwoch, 16. September, wieder in der Schweiz landen.

Teil 6 – Smiling Gecko
Montag, 14. September 2020

«Um 9 Uhr morgens heisst es Abschied nehmen vom Song Saa Private Island Resort. Das Schnellboot bringt mich zurück nach Sihanoukville wo am Pier bereits mein Driver wartet. Vom Meer aus gesehen offenbart mir die Skyline ein komplett anderes Sihanoukville als ich es aus der Vergangenheit kenne. So bitte ich den Fahrer, mit mir eine Orientierungstour zu machen, bevor wir unseren Weg Richtung Norden fortsetzen. Die 30 Minuten sind gut investiert, wenn auch im negativen Sinn. Sihanoukville ist eine einzige Baustelle mit gezählten weit über 100 Hochhäusern, von denen die meisten im Rohbau stehen. Die chinesischen Schriftzeichen an fast allen Gebäuden sind Zeichen dafür, dass die Stadt in den letzten Jahren als deren Enklave vom nördlichen Nachbarn eingenommen wurde. Dass die Baustellen fast alle stillstehen, hat damit zu tun, dass die Arbeiten fast ausschliesslich von chinesischen Workern, ausgeführt werden, ein weiteres Zeichen der Vereinnahmung der Stadt durch China. Die Bauarbeiter sind aber seit Frühjahr in ihr Mutterland zurückgekehrt und werden nun allmählich zurückerwartet. Täglich verkehren schon drei Flüge zwischen chinesischen Städten und dem Provinzflughafen Sihanoukville.»

Mein heutiges Reiseziel ist das Smiling Gecko, ein faszinierendes Aufbauprojekt des bekannten Schweizer Fotografen Hannes Schmid. Es liegt rund 60 Kilometer nördlich von Phnom Penh auf dem Weg nach Kompong Chhang und Battambang, in einer wunderschönen ländlichen Gegend, gelegen. Die üppigen grünen Reisfelder und die kleinen Dörfchen welche die Farbkontraste dazwischen bilden, erinnern an das ländliche Asien. Die National Road Nr. 5 säumen unzählige Textilproduktionsbetriebe. Fast alle sind geschlossen. Aufgrund von Corona wurden Bestellungen annulliert, Lieferketten unterbrochen – eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landes und Verdienstmöglichkeit für Abertausende liegt am Boden. Hier und in vielen ländlichen Gebieten kämpfen die Menschen ums Überleben.

Nach fast sieben Stunden komme ich im Smiling Gecko an. Ich bin fast erschlagen von der schieren Grösse dieser Anlage, welche sich über 150 Hektaren erstreckt. Bei der Einfahrt am Hauptgate muss ich mich zuerst einem Temperaturcheck unterziehen, gefolgt von der üblichen Händedesinfektion und zusätzlich einer Ganzkörperdesinfektion in ein einer speziellen Kabine. Auf der ganzen Anlage ist Maskenpflicht. Den Grund dazu erfahre ich auch gleich. Im Teil der Hotelanlage befinden sich 34 Zimmer in 17 Bungalows dreier unterschiedlichen Kategorien, ein grosses Restaurant, eine Reception, Yoga- und Massage-Bungalow. Iris Flückiger, die Schweizer Verantwortliche des Hotelbetriebes, erwartet mich schon maskiert auf dem Parkplatz bei der Reception. Sie ist keine Unbekannte, war sie doch während Jahren die Direktorin des Fünfsternehauses Schweizerhof in Bern. Sie entschuldigt sich fast dafür, dass hier alle Mitarbeitenden eine Maske tragen und gibt mir auch gleich die Erklärung für die strikte Umsetzung der Hygienevorschriften: Das Smiling Gecko ist mit seinen über 250 Mitarbeitenden ein wichtiger Nahrungsmittelproduzent und beliefert mit seinen biologischen Produkten verschiedene Hotels, Einkaufsläden und Restaurants hauptsächlich in der Hauptstadt Phnom Penh. Iris bringt mich schnell vor dem Eindunkeln auf mein Zimmer. Dass sich das Smiling Gecko Farmhaus nennt, erkenne ich spätestens beim Bezug meines Zimmers als ein verniedlichtes Understatement: Die Zimmer haben den Komfort eines Erstklasshotels und das Badezimmer überrascht als Wohlfühloase, die sogar einigen Fünfsternehäusern die Stirn bietet. Während ich unter der Regendusche stehe, kommt es draussen synchron zum Wolkenbruch.

Iris und der kambodschanische CEO und Mitgründer des gesamten Projektes, Sokleap Ngon, erwarten mich in einer gemütlichen Lounge im Restaurant zum Apero. Dabei überraschen sie mich mit der kleinen aber feinen Weinkarte. Finde ich doch darauf eine Auswahl eines meines sehr geschätzten Weingutes, dem Zambujero aus Portugal. Das war auch wie eine Erlösung für einen Weinliebhaber wie mich, der die letzten Tage meist in Abstinenz lebte, von den billigen Hausweinen welche meist schon tagelang offen stehen, wollte ich lieber absehen. Was nun mit dem Wein folgte, lässt aufhorchen. Sorgfältig zubereitete Häppchen, die nicht leckerer sein könnten: eine Fusion der Khmer Küche mit europäischer Raffinesse. Diese Überraschung ist Iris und ihrem Team jedenfalls gelungen und sie stellt mir auch die kleine quirlige Chefköchin, Mariya, vor. Mariya und ihr hautpsächlich weibliches Küchenteam hat ein 7-gängiges Gourmetmenu zusammengestellt, wie es im Sternerestaurant präsentiert wird. Dass Mariya schon mehrfach in besten Schweizer Restaurants ihr Talent ausbauen konnte – Andreas Caminada darf sie als einen ihrer grossen Mentoren nennen – wundert nun nicht mehr. Wer hätte anders als ich gewählt: dazu den feinen Zambujero, zuerst weiss, dann die rote Krönung. Beim Bettbezug nach diesem wunderschönen und sehr unterhaltsamen Abend kommt etwas Wehmut auf: hätte ich doch nur etwas mehr Zeit verfügbar. Dieses «Farmhouse» würde ich gerne mit all den zahlreichen Aktivitäten, die den Gästen angeboten werden, gerne als meinen Ort der Erholung und des Naturerlebnisses länger geniessen. Bevor ich aber das Restaurant verliess, habe ich mich noch für den ersten Massagetermin um 07.30 Uhr eintragen lassen.»

(Aufzeichnung: Urs Hirt)

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