«Gegenüber dem Vorjahr verzeichnen wir 27 Lehrstellen mehr»

Ramona Stutz, Verantwortliche für das Ressort Aus- und Weiterbildung beim Schweizer Reise-Verband, über die in diesem Jahr vergebenen Lehrstellen.
Ramona Stutz © SRV/FSV

Aufgrund der Pandemie sind die Ausbildungsplätze in der Reisebranche im letzten Jahr massiv gesunken. Das Thema wurde auch intensiv im SRV-Vorstand und mit der IST diskutiert. Gegenüber 2020 musste einen Rückgang von 62,5% verzeichnet werden.

Für 2022 war Ramona Stutz, Verantwortliche für das Ressort Aus- und Weiterbildung beim Schweizer Reise-Verband im letzten Interview mit TRAVEL INSIDE zuversichtlich, dass sich die Situation in der Deutsch- und Westschweiz entspannt und wieder vermehrt Ausbildungsplätze angeboten werden. TRAVEL INSIDE hat bei Stutz nachgefragt.


Ramona Stutz, wie viele Stellen sind auf Sommer vergeben worden?

Aktuell sind 64 Lehrstellen auf Sommer 2022 vergeben. Dies kann sich noch um den einen oder anderen Lehrvertrag erhöhen.

Wie verhält sich das prozentual zu den Vorjahren und vor allem zu vor Corona?

Gegenüber dem Vorjahr verzeichnen wir 27 Lehrstellen mehr, was einem Plus von 73% entspricht. (2021 = 37 Lehrstellen / 2022 = 64 Lehrstellen)Da für Lehrbeginn 2020 die Rekrutierung bereits vor Corona (Sommer 2019) stattfand, konnten wir mit 104 Lernenden starten. Dies entspricht im Vergleich zu diesem Jahr einem Plus von 62,5%.

Wie sehen Sie die Ausgangslage für die nächsten Jahre?

Wir sehen der Zukunft positiv entgegen und erhoffen uns, dass mit der neuen Reform künftig wieder mit Lehrstellen angeboten und besetzt werden können.

Wie stark wirken sich die Nachwehen der Coronakrise in diesem Jahr auf die Ausbildung aus? 

Die abgeschlossenen Lehrverträge sind noch nicht auf dem Stand «vor Corona», sind jedoch schon deutlich mehr als im Vorjahr. Ein Aufwärtstrend ist spürbar. Eine weitere Erhöhung der Ausbildungsplätze für Lehrbeginn 2023 seitens der Lehrbetriebe sind geplant. Wir hoffen, ab 2023 wieder das Niveau von «vor Corona» zu erreichen.

Was hat sich durch die zweijährige Krise geändert?

Grundsätzliche Veränderungen in der Ausbildung hatte die Krise nicht. Lediglich das Einführungsdatum der neuen Reform wurde um ein Jahr verschoben.

Junge Menschen möchten reisen, im Tourismus zu arbeiten, ist aber nicht mehr so reizvoll wie früher – woran liegt das?

Viele Schüler entscheiden sich bereits nach der Volksschule für eine weiterführende Schule (z.B. Gymnasium, Fachmittelschulen). Dies nicht zuletzt aufgrund des gesellschaftlichen Leistungsdrucks, welcher auf die jungen Leute ausgeübt wird. Der Rückgang an beruflichen Grundbildungen besteht ja nicht nur im Tourismus, sondern ist in allen Branchen zu spüren.

Persönlich bin ich jedoch davon überzeugt, dass künftig wieder vermehrt auf Work-Life-Balance und Wertschätzung geachtet wird und man den beruflichen Werdegang nicht nur über sein Salär definiert, sondern über seine persönlichen Wünsche und Träume.

Wie kriegt man wieder mehr junge Leute an Bord?

Das ist wohl die 1 Mio. Euro Frage, die sich aktuell viele Branchen stellen. Gäbe es ein Patentrezept, würden wir dies natürlich nicht teilen.

In der Aussenwahrnehmung hat sich das Berufsbild während der Pandemie aber schon zum Positiven gewendet. Die Leistung und den Mehrwert, den die Reisexperten bieten, wird plötzlich wieder anerkannt. Wie nachhaltig diese Wahrnehmung ist, wird sich aber erst noch zeigen.

Grundsätzlich liegt der Erfolg wieder vermehrt junge Leute an Bord zu holen bei den Reisebüros. Zukunftsperspektive, Salär, Benefits, flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte, Digitalisierung und die Möglichkeit teilweise im Homeoffice zu arbeiten, sind sicherlich einige Ansätze, um unsere Branche wieder attraktiver zu gestalten.

Wie ist das Feedback der aktuellen Lernenden?

Die Lernenden freuen sich, dass sie wieder physischen Austausch mit Kollegen*innen und Kunden haben, den Büroalltag leben können und eine gewisse Normalität eingekehrt ist.

Interview: Yannick Suter