E-Sports: Längst nicht nur etwas für Computernerds

In der Videogame-Industrie schlummert viel Potenzial für die Reisebranche, sagt Dieter Rumpel, CEO von Travelport.
Dieter Rumpel

Videospiele faszinieren die unterschiedlichsten Alters- und Gesellschaftsgruppen. Dieter Rumpel, CEO von Travelport, äusserte sich in einem Essay dazu, dass E-Sports für die Reisebranche ein grosses Potenzial habe. Nachfolgend eine gekürzte Fassung des Textes.

«E-Sport ist kein isoliertes Phänomen, dem eine Handvoll Computer-Nerds huldigen. Es ist vielmehr ein gesellschaftlicher Trend, eine globale Bewegung mit millionenhohen Umsätzen sowie tausenden professionellen Spielern und deren Fans. Vor kurzem fand in Paris ein bedeutendes E-Sport-Turnier statt, das Finale des League of Legends Turniers, und mit 20‘300 Zuschauern war die AccorHotels Arena komplett ausverkauft. In den USA füllen E-Sport-Turniere bereits Hallen in der Grösse des Madison Square Garden und werden von TV-Sendern wie NBC und ESPN live übertragen. Die Preisgelder solcher Veranstaltungen erreichen schwindelerregende Höhen.

Viele E-Sportler und deren Fans reisen zu grossen Turnieren

Interessant dabei ist: In der Reisebranche scheint sich bislang kaum jemand um dieses schlummernde Potenzial zu kümmern. Fans und E-Sportler reisen in hoher Zahl zu den Turnieren. Auswertungen des Travelport-Buchungssystems belegen, dass die internationale Nachfrage nach Flügen in Städten, in denen grosse Turniere stattfinden, sowie nach Hotelunterkünften dort um bis 40 Prozent steigt. Für Reisebüros könnte es sich somit lohnen, einmal über den berühmten Tellerrand hinauszublicken und neue Zielgruppen zu erschliessen, bevor andere es tun. E-Sport ist hier nur ein Beispiel. Generell ist es wichtig, gesellschaftliche Trends im Auge zu behalten, wenn es darum geht, neue Kundengruppen zu identifizieren.

Der hohe Wert der Personalisierung

Doch können wir noch etwas vom E-Sport lernen: den hohen Wert der «personalization», also der Personalisierung von Angeboten. Es gibt nicht den Prototyp eines E-Sportlers oder eines Fans. Videospiele faszinieren die unterschiedlichsten Alters- und Gesellschaftsgruppen, so dass die Zielgruppe äussert heterogen ist. Trotzdem gelingt es der Industrie, mit ihren Produkten und Angeboten eine sehr breite Masse anzusprechen, eben weil sie die jeweiligen Wünsche und Bedürfnisse kennt und entsprechend bedient. Das gelingt ihr sogar ausgesprochen gut. Allein in den USA wird der Videospielmarkt, so eine Schätzung von Pricewaterhouse Coopers, bis zum Jahr 2023 auf über 30 Milliarden US-Dollar klettern, sechsmal mehr als heute zum Beispiel der chinesische Online-Reiseriese Ctrip umsetzt. Es zeigt, dass die Kunden bereit sind, Geld für Dinge auszugeben, an denen sie Freude haben.

Warum aber fällt es uns in der Reisebranche häufig so schwer, das in unseren Geschäftsalltag zu übertragen? Die Anzahl der Kunden, die mit einer Pauschalreise von der Stange zufrieden sind, wird immer geringer. Dabei schätzen viele nach wie vor die Vorteile einer Pauschalreise, doch möchten sie sie immer individueller gestalten. Vielleicht sollen ein individueller Transfer, ein zusätzlicher Hotelaufenthalt in einer anderen Stadt, ein mehrtägiger Ausflug, extra Gepäckstücke, Premiumessen im Flugzeug und so weiter ergänzt werden. Viele Kunden wollen das und sind auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. Und anders als früher, als solche zusätzlichen Leistungen nur sehr mühsam, wenn überhaupt, buchbar waren, kann das Reisebüro heute genau diese Wünsche schnell und unkompliziert mithilfe des Reservierungssystems erfüllen. «Seien Sie mutig. Spielen Sie den Vorteil aus, dass Sie Ihre Kunden am besten kennen, und bieten Sie ihnen das gewisse Extra an, über das sie sich freuen. Die Chancen, dass Sie mit höheren Umsätzen und echter Kundentreue belohnt werden, stehen hier richtig gut», schreibt Dieter Rumpel abschliessend. (TI)