Olympia ohne ausländische Fans – was es für das Japan-Geschäft bedeutet ?

Aktualisiert am 24.03.2021
TRAVEL INSIDE hat bei den Spezialisten nachgefragt.
©eurosport

Bei Olympia und den Paralympics in Tokio dürfen wegen der Corona-Pandemie im kommenden Sommer keine ausländischen Fans nach Japan einreisen. Diesen Entscheid teilten die japanischen Organisatoren dem Internationalen Olympischen Komitee am Samstag, 20. März mit. 

«Um den im Ausland lebenden Ticketinhabern Klarheit zu verschaffen und ihnen zu ermöglichen, ihre Reisepläne zu diesem Zeitpunkt anzupassen, sind die Parteien auf japanischer Seite zu dem Schluss gekommen, dass sie zum Zeitpunkt der Spiele nicht nach Japan einreisen können», teilte das Organisationskomitee mit. 

Welche Auswirkungen hat das nun für die Japan- und Asienspezialisten in der Schweiz und wie geht Globetrotter als Olympia-Ticketverkäufer der Schweiz mit der Situation um. TRAVEL INSIDE hat bei ihnen nachgefragt.


Ruth Landolt, General Manager Asia365

«Selbstverständlich hat dieser Entscheid Auswirkungen auf uns. Wir haben sehr viele Reisen im Umfeld der Olympiade organisieren dürfen, die vom letzten auf dieses Jahr umgebucht wurden. Diese Reisen werden nun alle annulliert. 

Da sich jedoch viele Menschen im Umfeld der Olympiade das erste Mal mit Japan auseinandergesetzt haben und das Land bei vielen grosses Interesse geweckt hat, gehe ich davon aus, dass einige ihre Reise zu einem späteren Zeitpunkt trotzdem machen werden. Für den Moment jedoch werden wir uns leider wieder mit grossem Aufwand den Annullationen widmen.»

Stefano Casadei, Geschäftsführer Prime Travel Asia 

«Ein herber Schlag. Die Entscheidung war aber zu erwarten. Wir wären als einer der Japan-Partner von DERTOUR (Hauptsponsor Olympia 2020) für die Organisation und Buchung der Transfers, JR-Pässen, Hotels, diversen Ausflügen und Touren zuständig gewesen. Zudem hatten wir unzählige Buchungsanfragen von Direktkunden. Das ist nun alles hinfällig. Viele Hotels, Agenturen und andere Leistungserbringer werden es nun noch schwerer haben, und ein Massen-Konkurs ist nicht mehr auszuschliessen

Japan wird bis auf Weiteres keine Europäer/Schweizer einreisen lassen, voraussichtlich bis mindestens Oktober 2021. Japan igelt sich nun noch mehr ein – ein alter, japanischer (phylogenetischer) Reflex. 

Auswirkungen auf Reisen abseits der Olympiade hat dieser Entscheid nicht. Japanreisen werden normalerweise nicht mit anderen Ländern wie China, Thailand oder Indochina kombiniert.»

Stephan Roemer, CEO Tourasia

«Der Entscheid hat nachhaltige Auswirkungen auf Japan, weil schon zahlreiche Reisende auf eine Öffnung des Landes zu den Olympischen Spielen und vorallem danach gehofft haben. Zahlreiche Reisende haben für Herbst 21 nach Japan gebucht. Diese wurden durch den Entscheid verunsichert und werden sich möglicherweise für eine andere Destination entscheiden, wo sie eine höhere Möglichkeit zum Reisen haben.» 

Dany Gehrig, CEO Globetrotter Travel Service 

«Es ist natürlich in erster Linie bedauerlich für die vielen Fans, die eine riesen Vorfreude auf diesen einmaligen Event hatten. Für uns bedeutet es 3 Jahre Vorarbeit, die wir jetzt allesamt Rückabwickeln müssen. Wir nehmen in den nächsten Tagen und Wochen mit den Kunden Kontakt auf und werden gemeinsam die Rückabwicklung besprechen.  

Wir hoffen und freuen uns aber, wenn wir trotz allem die Schweizer Delegation und das Schweizer Fernsehen sicher an die Olympischen Spiele bringen dürfen.»

Harry Kolb, Geschäftsführer Reisebüro Harry Kolb AG

«Für mich kommt dieser Entscheid nicht überraschend, kann doch auf diese Art und Weise wenigstens ein kleiner Teil der Kosten amortisiert werden. Die grossen Sponsoren sind offenbar noch dabei und die Spiele werden sowieso auf den meisten Fernseh-Kanälen übertragen. Die mehrheitliche Meinung im Land befürwortet eine Absage der Spiele, auch soll erst Ende April entschieden werden, ob die einzelnen Anlässe von der lokalen Bevölkerung besucht werden dürfen oder nicht. Was mich positiv stimmt, sind die vielen (jetzt überzähligen) Hotelbetten, die nun früher oder später fremdländische Besucher beherbergen können. Dies wird sich bestimmt positiv auf die Preissituation auswirken, solange nämlich bis die ursprünglich erwarteten Besucherzahlen wieder in die Nähe der anvisierten 40 Millionen dauern.

Momentan bearbeiten wir lediglich Buchungen für Passagiere, die aus triftigen Gründen reisen müssen und ein Visum benötigen oder eine Niederlassungsbewilligung für Japan besitzen. Touristische Reservationen aus dem Jahr 2020 konnten wir meistens zu den praktisch gleichen Terminen auf 2021 umbuchen; jetzt versuchen wir, diese Buchungen weiter ins Jahr 2022 “zu retten“. Über eine Entspannung für den Herbst 2021 wird in Japan wohl nachgedacht; der Druck der lokalen Tourismusinfrastruktur ist enorm und die sozialen Auswirkungen sind bekannt. Die Einreise nur für eine begrenzte Anzahl Touristen pro Land zu erlauben (z.B. 100 Personen pro Monat für die Schweiz, etc.) kann auch nicht die Lösung sein. Zudem werden touristische Besucher nur dann reisen, wenn Planungssicherheit besteht, die Sehenswürdigkeiten vollumfänglich geöffnet und Schutzmassnahmen nicht übertrieben durchgesetzt werden.

Momentan arbeiten wir an Projekten für einzelreisende Gäste und Gruppen, um möglichst viele Reservationen nach Grenzöffnung zu realisieren. Somit bleibt nichts anderes übrig, als die Situation zu akzeptieren oder – wie die Japaner sagen: „Shikata ga nai“ – da kann man nichts ändern!»

 

(Yannick Suter)