Romy Obrist: «Wenn man von Ferien erzählt, hagelt es Vorwürfe»

Romy Obrist, Inhaberin und Geschäftsführerin Bischofberger Info-Reisen AG, über den Impfpass, «Travel Shaming» und den Umbau ihres Reisebüros.

Romy Obrist ist als Quereinsteigerin eher zufällig in die Reisebranche gerutscht. «Ich hatte als Teenager auch nie den Wunsch im Reisebüro zu arbeiten.» Als Kind ist sie nur selten gereist, wenn dann mit dem Auto nach Österreich oder Deutschland, wo ihre Eltern herkommen. Das erste Mal geflogen, ist sie sogar erst mit 17 Jahren. «Das war eine Überraschung meines Vaters. Anstatt wie üblich mit dem Auto, sind wir mit dem Flugzeug nach Salzburg gereist», so Obrist.

Sie hat lange in der Autovermietung gearbeitet und ist dann Anfang der 90er-Jahre als Leiterin der Reservationszentrale zu Jelmoli Reisen gekommen. «Ich habe es nicht explizit gesucht. Es waren bestimmte Kriterien wichtig für mich und deshalb habe ich mich dort beworben und die Stelle glücklicherweise bekommen», sagt Obrist.  

Bereits kurz darauf wurde aus Jelmoli Imholz Reisen. Da es ihre alte Position in der Form bei Imholz nicht mehr gab, übernahm sie dort die USA-Abteilung. «Ich konnte dazumal zwischen Imholz-Fernreisen und den Staaten auswählen und habe mich für die USA entschieden.» 

1997 kam der Zusammenschluss von Imholz, TUI Suisse und Vögele Reisen zur ITV. Ein Jahr später übernahm gar die deutsche TUI die Mehrheit. Für Obrist hatte dies wieder einen Wechsel ihres Aufgabenbereichs zur Folge. Sie übernahm bei der TUI Suisse die Spezialreisen, welche sie für 10 Jahre leitete. Im Oktober 2007 ist Obrist von TUI Suisse kommend als Geschäftsführerin beim Direktanbieter eingestiegen, mit dem Ziel, die Firma später zu übernehmen. Bereits drei Monate nach ihrer Einstellung wurde dies vollzogen und Obrist hat per 1. Januar 2008 Bischofberger Info-Reisen AG gekauft.  

Seit 13 Jahren führt sie nun das Reisebüro, dass sich auf Rundreisen und den Nahen Osten mit Zielen wie Oman und Dubai fokussiert hat. Und sie denkt auch noch nicht ans Aufhören. «Insgesamt bin ich jetzt zwischen 25-30 Jahren in der Branche, so genau weiss ich es nicht einmal. Im Moment herrscht die schlimmste Krise, die wir je durchstehen mussten. Deshalb haben wir auch unser Büro verkleinert. Doch es werden ganz bestimmt wieder bessere Zeiten kommen – und dann kann man ja auch wieder ausbauen.»


v.l. Gaby Köpfle, Romy Obrist und Yolanda Trupp.

Romy Obrist, was bedeutet Reisen für Sie? 

Reisen erweitert den Horizont! Ich finde es immer spannend, neue Kulturen, Gebräuche und Sitten kennenzulernen. Auch die jeweils regionale Küche ist immer wieder faszinierend. In Europa setzen viele Menschen glücklich sein mit materiellen Werten gleich. Auf Reisen wird mir auch immer wieder bewusst, dass auch Menschen ohne Geld glücklich sind und das Leben geniessen. 

Sie befinden sich mitten in der Krise im Umbau – wie kam das und was genau ist geplant?

Wir hatten zwei Büros mit zwei verschiedenen Mietverträgen. Schon vor Corona hatten wir sehr grosszügige Verhältnisse. Durch die Pandemie suchten wir nach Kosteneinsparungen und fanden mit dem Vermieter eine gute Lösung. Daher haben wir jetzt den grösseren Teil (Dufourstrasse 157) aufgegeben und nutzen nun den kleineren Teil. (Dufourstrasse 159) Das ist für uns zum jetzigen Zeitpunkt eine ideale Lösung. Wenn wieder gereist werden kann und wir Platzprobleme bekommen, suchen wir dann eine andere Lösung. 

Vorher
Nachher

Gibt es Ihrer Meinung nach dieses Jahr bereits einen Reise-Boom?

Das denke ich in der Zwischenzeit nicht mehr. Vielleicht kann man im vierten Quartal noch etwas Umsatz machen, doch vorher glaube ich nicht, dass noch viele Buchungen kommen. Die Quarantäne-Liste ist ja in der Zwischenzeit wieder länger geworden und viele Länder sind für Schweizer noch geschlossen. Dazu kommt, dass das Vertrauen der Kunden zuerst zurückkehren muss. Sicher gibt es Kunden, die nur darauf warten, dass sie reisen können. Doch es gibt auch Kunden, die sich zuerst wieder daran «gewöhnen» müssen, dass man wieder reisen kann. 

Sind Sie für einen Impfpass? 

Wenn das ein Kriterium ist, dass man einfacher reisen kann – sofort. Man braucht ja schon heute für gewisse Länder eine Impfung, resp. einen Impfpass, warum also nicht auch für Corona? Daher ist es ja nicht ein Novum, dass man einen Impfpass braucht. 

Was ziehen Sie Positives aus der Corona-Krise?

Geschäftlich fällt es mir schwer, etwas Positives daraus zu ziehen. Denn die Pandemie bedeutete für uns praktisch ein Berufsverbot was für mich nicht einfach war. Privat brachte die Pandemie eine gewisse «Entschleunigung» was für mich etwas ganz Neues war. Doch es war eine positive Erfahrung, plötzlich mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Normalerweise ist man ja immer im Hamsterrad zwischen Job und Privatleben. 

Wie schwierig ist das Verkaufen von Reisen geworden?

Im Moment ist es sicher nicht einfach, vor allem wegen der sich ständig wechselnden Bestimmungen. Und es tut weh, einem Kunden sagen zu müssen, dass er noch nicht buchen, sondern zuwarten soll. Normalerweise sind wir froh um jeden Kunden der frühzeitig bucht. Dazu kommt auch die Unsicherheit der Kunden, die einerseits reisen wollen, sich dann aber doch nicht getrauen. Es gibt ja im Moment so etwas wie ein «Travel Shaming» Sobald man im Freundeskreis erzählt, dass man in die Ferien geht, hagelt es Vorwürfe. 

Online- oder Live-Events – wo sehen Sie persönlich Vor- und Nachteile?

Online Events sind sicher zeitsparender und daher effizienter. Doch die soziale Komponente kommt zu kurz. An Live Events trifft man immer auch Branchenkollegen, mit denen man sich austauschen kann. Daher – beides zu seiner Zeit. 

(Yannick Suter)