Solidaritätswelle für Betriebsrettung von Arotur Arosa

Mittels Crowdfunding sind bereits über CHF 50’000 zusammengekommen.
Beat Künzler, Geschäftsführer und Inhaber Arotur, kämpft um sein Reisebüro.

Die Corona-Krise trifft Arotur in Arosa hart, die Deckung der laufenden Betriebskosten steht für Beat Künzler, Geschäftsführer und Inhaber, im Vordergrund. Die Idee fürs Crowdfunding ist ihm in einer schlaflosen Nacht gekommen. Start-ups würden ja auf diese Weise zu Startkapital kommen und viele kleine Beträge würden am Ende eine beachtliche Summe ergeben. Und tatsächlich: Seit dem Start der Geldsammelaktion Ende März sind bereits CHF 56’090 zusammengekommen (Stand: 27.04.), die Zielsumme von CHF 50’000 ist bereits erreicht, und die Aktion läuft noch bis Ende Mai. Die fast 300 Unterstützer setzten sich aus Kunden und Freunden zusammen, das inhabergeführte Reisebüro kann auf einen Anteil von 95% Stammkundschaft zählen. Doch auch von jenen Dorfbewohnern, die nicht zu seinem Kundenkreis gehören, erfahre Künzler eine riesige Welle der Solidarität, die ihn manchmal fast zu Tränen rühre.

Beat Künzler, Geschäftsführer Arotur
70 bis 80% des Jahresumsatzes im Mai

Die Situation in Arosa ist denn auch speziell: Im Bündner Touristendorf mit 2’200 Einwohnern haben schulpflichtige Kinder in der Zwischensaison im Mai vier Wochen Schulferien, um Familien längere Ferien für Auslandreisen zu ermöglichen. Künzler macht 70 bis 80% seines Jahresumsatzes in dieser Zeit. Ein Betrag, der ihm wegen der Ausbreitung der Corona-Pandemie und den Grenzschliessungen nun in der Kasse fehlt. Zudem haben seine Mitarbeiterin und er nun alle Hände damit zu tun, die Buchungen für April und Mai rückgängig zu machen. «Aktuell vernichten wir die ganze Arbeit der letzten fünf Monate und generieren keine Neueinnahmen», so Künzler. Eine Verschiebung in den Spätsommer, in die Herbstferien oder in die Weihnachtsferien ist in Arosa für viele Familien wegen Saisonarbeitsveträgen nicht möglich. In seinen optimistischsten Prognosen rechnet Künzler frühestens im Februar 2021 wieder mit einer Ankurbelung der Neubuchungen für die Zwischensaison 2021. Es gilt also, die Fixkosten der verbleibenden 14 bis 15 Monate irgendwie zu überbrücken. Da hat sich Künzler hingesetzt und eine Betriebskostenrechnung aufgestellt. «Ich wollte wissen, wie viel mich das kostet – mit Löhnen, Büromiete, Versicherungen und weiteren Fixkosten». Nach Abzug der eigenen Reserven, der kleinen Unterstützung vom Staat und den möglichen Einsparungen bleibt im Vergleich zu den durchschnittlichen jährlichen Betriebskosten ein offener Betrag von zirka CHF 50’000. Mit dieser Summe sieht der Geschäftsinhaber eine reelle Chance, die eigene kleine Familie mit der fünfjährigen Tochter und die Mitarbeiterin mit ihrer Familie, zu dem ein Kleinkind gehört, in den kommenden schwierigen Monaten über die Runden zu bringen. So oder so muss er aber seine Kosten noch weiter drücken. Da ihm der Vermieter bei der Miete nicht entgegengekommen ist, hat er den Vertrag gekündigt und muss sich nun ein neues Ladenlokal suchen. Auch ein Nebenjob wird er wahrscheinlich annehmen müssen. Der Reisebüroinhaber möchte andere aus der Branche dazu ermutigen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken und offen zu sein für kreative Lösungen. Es sei ein schwieriger Schritt gewesen, sich einzugestehen, dass man es aus eigener Kraft nicht schafft. Jetzt sei er aber über die Massen froh, den Schritt gewagt zu haben.

Reisen verkaufen – egal ob im In- oder Ausland

Dass Reisebüros ihr Portfolio diesen Sommer nach der Wiedereröffnung mit inländischen Ferienangeboten ergänzen, kann er sich übrigens sehr gut vorstellen. Da müsse sich die Branche vielleicht noch etwas stärker bewegen. Künzler vermittelt nach Bedarf jetzt schon Tickets für den Glacier-Express, Hotels oder Ferienwohnungen in Schweizer Touristengebieten. Die Kompetenzen, um auch inländische Ferienangebote zu verkaufen, habe jedes Reisebüro, ist er überzeugt. Es seien ja nicht nur Destinationskenntnisse gefragt. «Der Kern der Reisebürotätigkeit ist schliesslich die Bedürfnisabklärung. Das ist mein Ding und dem widme ich mich seit dreissig Jahren mit Leidenschaft», hält Künzler fest. (ET)

Die Aktion «Rettet unseren Traditionsbetrieb Reisebüro Arotur» ist auf der Plattform funders.ch der Luzerner Kantonalbank zu finden. Für Coronageprüfte verzichtet die Bank auf die üblichen 5% Plattformgebühr.