Tourismusbranche zwischen Pandemie und Krieg

Die Bereitschaft der touristischen Betriebe zu Digitalisierung und Automatisierung ist während der Pandemie gestiegen.
Prof. Dr. Christian Laesser vom Institut für Systemisches Management und Public Governance der Universität St.Gallen. © zVg

In Zusammenarbeit mit vielen Exponenten der Tourimusbranche, darunter auch Walter Kunz als Geschäftsführer des SRV, erarbeitete das Forschungszentrum für Tourismus und Verkehr der Universität St. Gallen, unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Laesser (Titularprofessor für Tourismus und Dienstleistungsmanagement an der Universität St.Gallen) eine vierte Lageeinschätzung zum Thema ‘Die Zukunft des Tourismus nach SARS-CoV-2: Was bleibt?’.

Grundlage für diese Lageeinschätzung waren drei Fragen:

  • Was bleibt nach der Pandemie in Form von positiven Entwicklungen und Herausforderungen?
  • Wie geht die Tourismusbranche vor dem Hintergrund der Knappheit verschiedener Ressourcen (Fachkräfte, Arbeitskräfte, Energie, usw.) mit den Herausforderungen rund um das Thema Produktivität im Tourismus um?
  • Welches sind neue strategische Themen, mit welchen sich die verschiedenen Branchen im Tourismus vermehrt auseinandersetzen müssen?

Die Masken und die für den Tourismus einschneidenden Massnahmen sind gefallen. Nach Einschätzung der Experten blieb ein grosser Nachholbedarf nach Reisen aber auch ein generelles Unbehagen gegenüber grossen Menschenansammlungen. Weiter geblieben ist das grössere Bewusstsein der Politik bezüglich der Bedeutung des Tourismus und dessen Anliegen.

Die Branche litt während der Pandemie stark, verlor nicht nur viele Arbeitskräfte sondern büsste auch massiv Investionskraft ein. Dringend notwendig sind deshalb attraktive Arbeitsbedingungen und Arbeitsmodelle, adäquate Löhne und modernisierte Arbeitsabläufe.

Produktivität durch Digitalisierung und Automatisierung

Die Bereitschaft der touristischen Betriebe zu Digitalisierung und Automatisierung hat die Pandemie erhöht. Vor allem bei Prozessen die nicht direkt in Zusammenhang mit den Reisenden bzw. Gästen stehen, besteht ein grosses Digitalisierungspotential. Die Automatisierung der Beschaffung, eine papierlose Rezeption und Registrierung und die Automatisierung von Preisfestlegung und Vertrieb sind dafür in Frage kommenden Prozesse.

Die erlangten Produktivitätsfortschritte steigern idealerweise die Investititionskraft der Betriebe, erklären die Verfasser der Studie. Zudem weisen sie auf die Mehrfachnutzung von mittelmässig ausgelasteten touristischen Anlagen hin, wie beispielsweise aus Hotels Co-Living-Spaces für Gäste mit längeren Aufenthalten oder deren Nutzung als Flüchtlingsunterkunft oder Quarantänestation. Ein ökologischer Ansatz wäre die Nutzung von Speicherseen für die Pistenbeschneiung für die Energieproduktion.

Reisen wird komplexer

Während der Pandemie profitierten Schweizer Kunden dankbar von der heimischen Tourismusinfrastruktur. Der Wintertourismus boomte und die Nachfrage nach sowie die Zahlungsbereitschaft für hochwertige Produkte war vorhanden. Die Studienverfasser raten jedoch ab, daraus einen längerfristig anhaltenden Trend abzuleiten. Zu unsicher sind die makroökonomischen Rahmenbedingungen mit Reise-Regulierungen rund um SARS-CoV2, der Ukraine-Krise und dem Ressourcen- und Energiemangel sowie der steigenden Inflation. (TI)