Hat die Swiss ihre Personalplanung nicht im Griff?

Gewerkschaften werfen der Airline Vertragsbruch vor.
Kabinenpersonal Swiss. ©Swiss

Beim Swiss-Personal kehrt keine Ruhe ein. Letztes Jahr kündigte die Fluggesellschaft einen Abbau von Hunderten Jobs an – eine Sparmassnahme wegen der Corona-Krise. Es folgten laut «Blick» Berichte über miese Arbeitsbedingungen und massiven Druck beim Kabinenpersonal und Personalengpässen. 

Vergangene Woche wurde zudem publik, dass die Swiss-Mutter Lufthansa ihren Mitarbeiterinnen eine Corona-Prämie von EUR 800 zahlt, die Swiss aber auf die Prämie verzichtet.

Viele Mitarbeiter sind frustriert – und der nächste Personal-Krach bei der Airline ist offenbar schon angerichtet! Die Swiss beendete die Kurzarbeit per 1. März 2022 und setzt den sogenannten «Krisen-GAV» fürs Bodenpersonal in Kraft – ein Gesamtarbeitsvertrag, der bis Ende 2023 Sparmassnahmen beim Personal vorsieht. 

Hunderte Franken pro Monat

Der Krisen-GAV soll «temporäre Kostensenkungsmassnahmen zur Meisterung der Corona-Krise» bringen. Die Swiss sowie die Gewerkschaften haben dem vor über einem Jahr zugestimmt. 

Konkret sieht der Krisen-GAV beim Bodenpersonal eine Reduktion des 13. Monatslohns um ein Drittel und die Aussetzung von Leistungsprämien vor. Laut den Gewerkschaften SEV-GATA, VPOD und dem kaufmännischen Verband bedeutet dies fürs Swiss-Bodenpersonal «ein Verlust von mehreren Hundert Franken pro Monat». Erst «nach Erholung der Krise» gibt es gemäss «blick.ch» für die Angestellten eine Corona-Prämie von CHF 2500. 

Kosten reduzieren auf dem Buckel des Personals? 

Die Swiss dürfe den Krisen-GAV in ihrer heutigen Lage keinesfalls umsetzen, findet Philipp Hadorn, Präsident der Gewerkschaft für das Bodenpersonal (SEV-GATA): «Dass der Mutterkonzern Corona-Prämien zahlt und die Swiss im absoluten Krisenmodus weiter sparen will, ist für mich einfach nur stossend», sagt Hadorn. 

Das Personal hätte mit der Kurzarbeit, den Massenentlassungen, freiwilligen Pensenreduktionen und enormer Einsatzflexibilität bereits einen grossen Sparbeitrag geleistet. 

Das sieht auch die Swiss so. Dennoch rechtfertigt die Airline den Einsatz des Krisen-GAV: «Bei über einer Milliarde Verlust in den vergangenen zwei Jahren und einer entsprechenden Verschuldung müssen die Kosten über das ganze Unternehmen hinweg reduziert werden.» Die Krise sei noch nicht vorüber, der Ukraine-Krieg berge ebenfalls ungewisse Auswirkungen. 

Swiss wird Vertragsbruch vorgeworfen

Der Gewerkschafter und ehemalige SP-Nationalrat Philipp Hadorn ist anderer Meinung: «Die finanzielle Lage der Swiss verbessert sich, erste Tranchen der Bundesdarlehen wurden bereits zurückbezahlt und jetzt packt man beim Personal den Sparhammer aus – das ist weder fair noch rechtens.» Man prüfe rechtliche Schritte gegen die Airline – wegen Vertragsbruch. 

«Laut unserer Vereinbarung darf die Swiss erst nach dem Ende der gesetzlich möglichen Kurzarbeit den Krisen-GAV in Kraft setzen», so Hadorn. Theoretisch wäre eine Verlängerung der Kurzarbeit beim Bund noch möglich. «Deshalb darf der Krisen-GAV auch rein rechtlich noch nicht eintreten», sagt der Gewerkschafter. 

«Den Vorwurf des Vertragsbruchs weisen wir entschieden zurück», schreibt die Swiss auf Anfrage von «Blick». Der Arbeitsausfall beim Bodenpersonal sei nicht mehr ausreichend, um Kurzarbeitsentschädigung geltend zu machen. «Darum treten jetzt die vereinbarten Sparmassnahmen in Kraft.» 

Unterbeschäftigt wegen Entlassungen 

Hadorn hält dagegen: «Die Swiss hat so viele Leute entlassen, dass das verbleibende Bodenpersonal tatsächlich nicht mehr unterbeschäftigt ist. Das war allerdings nie die Idee unserer Vereinbarung.» Laut den Gewerkschaften hat die Swiss während der Corona-Krise rund 300 Vollzeitstellen beim Bodenpersonal abgebaut. 

Für den Gewerkschafter ebenfalls unverständlich: Die Swiss sucht derzeit 50 neue Boden-Mitarbeitende. «Es handelt sich um Nachbesetzungen vakant gewordener Stellen und nicht um zusätzlich geschaffene Stellen», verteidigt sich die Airline. (TI)