Ein Weinchen hier oder ein Bierchen dort gehörte zu Vor-Pandemie-Zeiten für Reisende zum Teil mit zu ihrem Aufenthalt im Flugzeug dazu. Für den einen ist es ein Mittel gegen die Nervosität beim Fliegen, für den nächsten wird es zum Anstossen auf die bevorstehenden Ferien genommen und für andere ist es schlichtweg die Freiheit, mitten am Tag nach einem Drink zu fragen, ohne schief angeschaut zu werden. Immerhin gelten im Flugzeug andere Regeln. Oder nicht?
Finnair ändert nun die Regeln, wann bei ihnen an Bord Alkohol ausgeschenkt werden darf – ab 17 Uhr soll auf Inlandsflügen Schluss sein. Dies scheint zunächst willkürlich, jedoch will sich die Airline damit an die Regelungen der Regierung halten, die den Alkoholausschank landesweit ab 17 Uhr verbietet. Ziel der Massnahme ist, die Coronafallzahlen zu senken. Soll heissen: der Frühschoppen geht klar, der Absacker nach der Arbeit nicht.
Dies bringt die Diskussion über Alkohol im Flugzeug erneut ins Rollen. Noch vor kurzem erhielt der durchschnittliche Flugreisende in den Flügen der Swiss sein/ihr Wein oder Bier einfach auch verlangen. Seit der Umstellung auf ein neues Bordverpflegungssystem auf Europaflügen – à la carte – im Jahr 2020 kosten diese extra.
Pöbel-Passagiere sind das Problem
Häufiger Grund für die Anpassungen im Bezug auf Alkoholausschank im Flieger ist die Einschränkung von unangemessenem Verhalten der Passagiere im Flugzeug, da man Alkoholgenuss nachsagt, Aggressionen und ausgelassene Launen zu erhöhen. Nachvollziehbar sind diese Einschränkungen schon, denn niemand möchte direkt hinter einer volltrunkenen Jungesellinnen Runde sitzen und kein Flugpersonal träumt davon, von einem alkoholisierten Gast angepöbelt zu werden.
Letzteres scheint vor allem in den USA zu einem häufig wiederkehrenden Thema zu werden. «Unsere Flugbegleiter werden beschimpft – und zwar auf jedem Flug», sagt Paul Hartshorn Jr., Kommunikationsvorsitzender der Association of Professional Flight Attendants, der Gewerkschaft des Kabinenpersonals von American Airlines gegenüber «Condé Nast». «Sie werden in einem Ausmass körperlich misshandelt, wie wir es in der Luftfahrtindustrie noch nie gesehen haben.» American Airlines Flugbegleiter haben in manchen Monaten im Jahr 2021 bis zu 1500 Berichte über Störungen durch Passagiere eingereicht.
Die Gewerkschaft der Flugbegleiter sieht im Alkoholkonsum an Bord den Hintergrund für unangebrachtes Verhalten der Fluggäste an Bord und hatte zu diesem Zweck den Ausschank von alkoholischen Getränken untersagt, solange die Maskenpflicht auch im Flieger vorgeschrieben ist. Wie viele der Fälle jedoch exakt auf einen erhöhten Promillegehalt zurück zuführen ist, ist nicht bekannt.
Alkohol-Exzesse bei Swiss sind destinationsabhängig
Ein anderes Bild scheint bei der Swiss vorzuherrschen. Ein ehemaliger Flugbegleiter der Airline berichtet, dass es vor der Pandemie auf seinen Flügen eher selten zu alkoholbedingten Beleidigungen gekommen sei. «Es ist aber auch sehr destinationsabhängig», weiss der Ex-Swiss-Mitarbeiter zu berichten. Vor allem Flüge nach Bangkok, Russland oder Mallorca seien bekannt für Probleme im Zusammenhang mit Alkohol gewesen.
Die Diskussion um Alkoholausschank an Bord wird also auch in Zukunft wohl noch einige Male aufkommen. Ob man dann mit einer klaren Regelung rechnen kann, oder ob die Regeln doch immer wieder neu gemacht werden, bleibt abzuwarten.
(Luisa Schmidt)