SBB-Chef Vincent Ducrot hat in der «SonntagsZeitung» die Kritik an den Ausbauplänen bei den Nachtzügen gekontert. Seit dem Bekanntwerden, dass der Bund die SBB beim Ausbau der Nachtzüge finanziell unterstützen wird, hagelte es Kritik, unter anderem aus den Reihen der Parlamentarier und der Flug- sowie Carbranche.
Für Ducrot sind die Nachtzüge ganz klar die ökologische Alternative zum Flugzeug, freue sich über den geplanten Ausbau der Verbindungen. «Jedoch sind wir gegenüber den Airlines massiv im Nachteil. Ein Nachtzug kostet uns so viel wie ein Airbus», erklärt der SBB-Chef. Der Unterschied sei aber, dass die SBB nur einmal pro Tag fahren könnten, während Easyjet oder Swiss mit dem Airbus 5- bis 7-mal pro Tag fliegen. «Darum ist das Geschäft mit Nachtzügen nicht rentabel.»
Diese Kosten sähen die Leute nicht, sie wollen einfach mehr Nachtzüge. «Ja, darum bauen wir das Angebot ja aus. Und darum haben wir via CO2-Gesetz Zuschüsse beantragt», erklärte der SBB-Chef weiter. Die Nachfrage sei tatsächlich stark gestiegen im letzten Jahr. Wenn das so bleibe, dann könnten die SBB die Kosten eines Tages sogar selbst tragen.
Weiter äusserte er sich zu den nicht vollen Zügen seit der Corona-Krise. Er habe mehrfach gesagt, dass er glaube, die Züge würden nach der Corona-Krise wieder so voll werden wie einst. Dazu meinte Vincent Ducrot: «Im Regionalverkehr sind wir schon jetzt auf ungefähr 90 Prozent des alten Niveaus. Im Fernverkehr sieht es anders aus. Dort sind wir bei einer Auslastung von 70 bis 80 Prozent gegenüber Vor-Corona. Am meisten leiden wir im internationalen Verkehr, wo wir praktisch auf null sind.»
Er sei davon überzeugt, dass die Leute, nach dem Homeoffice, wieder zurück ins Büro wollen. Und wenn es darauf hinauslaufe, dass die Pendler künftig ein bis zwei Tage von zu Hause aus arbeiten, werde das die Auslastung nicht gravierend tangieren. «Wir beobachten parallel dazu einen steigenden Freizeitverkehr. Zudem wollen wir die Chance nutzen und die Kunden dazu bewegen, ausserhalb der Hauptverkehrszeiten zu reisen und so die Auslastung gleichmässiger zu verteilen.»
Corona habe den SBB aber ein Loch von 480 Millionen Franken in die Kasse gerissen im ersten Halbjahr. «In den schlimmsten Tagen haben wir 1 Million Franken pro Stunde verloren», erklärte der SBB-Chef weiter. (TI)