Skywork-Grounding: Jetzt redet Inäbnit

An der Medienkonferenz in Bern stellt sich der Airline-Chef der Kritik und erklärt: «Ich musste die Notbremse ziehen.»

Lange hat er geschwiegen, heute nun lud Skywork-Chef Martin Inäbnit die Medien zu einem Gespräch. Und ausschliesslich die Medien. Inäbnit könne nun «mit ein wenig Distanz den Weg bis zur Stilllegung emotionsfreier nachzeichnen», hiess es. Ob dies gelang? In der Reisebranche – speziell in der Region Bern – kochen die Emotionen aufgrund des Grounding-Handlings ziemlich hoch. Schliesslich wird nicht nur der Umstand kritisiert, dass nach wie vor gebucht werden konnte, obwohl das Management (und offenbar auch das BAZL) bereits vom anstehenden Grounding gewusst haben, sondern auch, dass sich die Skywork-Verantwortlichen anschliessend auf Tauchstation begaben. Dass Skywork am Tage des Groundings immerhin noch den BSC Young Boys ein letztes Mal befördern konnte, dürfte die Gemüter der Betroffenen in der Region kaum sanfter gestimmt haben. Der Schaden: Rund eine halbe Million Franken, 11’000 Kunden, die auf ihren wertlosen Tickets sitzen blieben. Und 120 Mitarbeiter stehen auf der Strasse.

Martin Inäbnit über …

  • … das Grounding: «Es war ein einschneidendes Ereignis für die gesamte Region und besonders für die Mitarbeiter. Ich möchte mein Bedauern aussprechen und hiermit die Möglichkeit wahrnehmen, den Entscheid und das Vorgehen zu erklären, das teilweise heftig kritisiert wurde. Ich stehe in der Verantwortung, sowohl für den Geschäftsgang, als auch den Konkurs. Als Verwaltungsrat musste ich die Notbremse ziehen – eine Sanierung war schlicht nicht mehr möglich. Aber: Das Wort Pleite ist irreführend – Skywork war nicht insolvent, sondern überschuldet. Letztlich führt jedoch beides in ein Konkursverfahren.»
  • … das lange Schweigen: «Unser Entscheid, das Vorgehen und unsere Kommunikation dazu wurden stark kritisiert. Dies soll keine Rechtfertigung sein, aber mit einer gewissen Distanz lassen sich Fakten und Informationen vielleicht besser gewichten als in dieser emotionalen Zeit kurz nach dem Aus. Hinterher ist man immer gescheiter. Wir haben oft gehört, man habe es besser machen können – aber wie, das hat uns noch niemand sagen können.»
  • … die letzten Tage: «Im August intensivierten sich die Gespräche mit Zeitfracht über eine mögliche Übernahme. Am 20. August fand ein Meeting mit Zeitfracht statt, und es wurde vereinbart, einen Action-Plan für einen möglichen schrittweisen Übergang der SX zu erarbeiten. Am 27. August informierte uns Zeitfracht über den Ausgang eines Gesprächs mit einem Stakeholder und teilte mit, dass Zeitfracht von einer Übernahme von SX absehen werde. Am 28. August informierte die SX das BAZL telefonisch über eine mögliche Betriebseinstellung, am selben Tag auch die Leiter der einzelnen Abteilungen und das HR zur Sachlage. Am 29. August wird in einem letzten Gespräch die Idee, die Gelder der Zwischenfinanzierung zur Zeitgewinnung einzubringen, als Tod in Raten nicht mehr in Betracht gezogen. Anschliessend werden die Vorbereitungen für die Betriebseinstellungen inklusive der dazugehörigen Kommunikation in die Wege geleitet.»
  • … das BAZL: «Das BAZL erhielt monatlich die Finanzzahlen. Das Hauptaugenmerk des BAZL richtet sich auf die Liquidität aus Sicht einer Aufsichtsbehörde. Die Überschuldungs-Situation ist ein Problem der Gesellschaft und steht nicht im direkten Fokus des BAZL.»
  • … den Markt Bern: «Ein ausschliesslicher Betrieb ab Bern in der heutigen Grösse der Airline müsste weiterhin mit Millionenbeträgen unterstützt werden. Das Modell von Helvetic Airways, nur im Sommer zu fliegen, ist erfolgsversprechender. Die SX, respektive deren Geldgeber, sponsorn seit 2014 jedes einzelne ab Bern verkaufte Ticket massiv.»
  • … die Behauptung, Skywork habe im August CHF 1,5 Mio. verbrannt: «Das ist schlicht Unsinn. Wir hätten 1,5 Mio. als Darlehen mit Rangrücktritt gebraucht und wegen der Überschuldung den Richter nicht benachrichtigen müssen. Unsummen an Geld wurden hingegen durch die Vorbesitzer bis 2013 verbrannt.
  • … Lugano: «Lugano hat erkannt, dass nur ein «Risk-Share-Modell» funktionieren kann. In Bern hingegen werden die Businesses strikt geteilt und diese Einsicht noch weit entfernt. Es tut mir ausserordentlich leid, den Betrieb in Lugano nicht aufnehmen zu können.»
  • … die AK-Erhöhung von CHF 26,4 Mio.: «Das primäre Ziel war eine Wandlung des Darlehens in Kapital, also eine Bilanz-Bereinigung. CHF 14,5 Mio. wurden effektiv gewandelt, eine Zeichnung von CHF 7,4 bis 10 Mio. mündlich zugesagt, aber dann doch nicht gezeichnet. Dies ist auch ein Kernproblem: Die Investoren signalisieren immer deutlich, dass die bestehenden Darlehen mit Rangrücktritt klare Hemmschwellen sind. Wir wollten mit der AK-Erhöhung diesen Punkt beseitigen – leider erfolglos.»
  • … die Frage, warum das Buchungstool nicht abgestellt wurde: «Was hätte denn das für einen Eindruck hinterlassen? Hätten wir das Tool wegen technischer Probleme abgestellt, wäre der Fachwelt schlagartig klar gewesen: da ist etwas faul. Die Konsequenz? Cash for fuel und andere Dienstleistungen. Dies hätte zu einem massiven Geldabfluss geführt, alle hätten Geld sehen wollen. Das Aus wäre innerhalb von Minuten gekommen. Zudem betrafen die meisten getätigten Buchungen die schwachen Monate November und Dezember.»
  • … das Ausfliegen der Saab 2000 und den Verkauf der Dornier: «Dies war geplant, um künftige Auslagen einzusparen, also Deposits von Leasingfirmen rückzuführen und damit Geld in die Konkursmasse zu bringen. Der Verkauf der Dornier sollte verhindern, dass das Flugzeug in der Konkursmasse verrottet.
  • … den Vorwurf, Skywork sei wegen Inäbnits Ego gegroundet: «Mir ist nicht daran gelegen, den Verkauf einer Airline zu verhindern, weil ich mein Ego höher werte. Das ist absoluter Blödsinn!»
  • … den Flughafen Bern-Belp: «Das ist sicher kein einfaches Pflaster. Zürich und Basel sind nahe, die Anzahl der Business-Passagiere fehlte. Bei einem direkten Vergleich mit Lugano muss man sagen: Die Leute und Politiker im Tessin sind offener für ein Business-Modell, das von allen Parteien getragen wird. In Bern ist dies nicht der Fall.» (Elisha Schuetz, Bern)