Verschärfte Slot-Regeln: «Ich erwarte in der Schweiz keine Leerflüge»

Schweizer Slotcoordinator Peter Dellenbach erwartet keine Probleme, wenn Airlines einen höheren Anteil ihrer Slots wieder nutzen müssen.
Flight Tracks über der Schweiz. ©Skyguide

Die EU-Kommission will bei Slotregeln einen weiteren Schritt in Richtung Normalität machen: die Zügel: Start- und Landerechte werden nur sicher in den Sommerflugplan 2022 übertragen, wenn Airlines die Slots im Winter 2021/2022 zu mindestens 50% nutzen.

Der Airlineverband IATA kritisierte die Verschärfungen als verfrüht und realitätsfern, solange der gesamte Flugbetrieb weiterhin weit unter dem Vorkrisenniveau von 2019 liege. Die neuen Slotregeln würden Airlines zu «Geisterflügen» zwingen, sagte IATA-Generaldirektor Willie Walsh. «Fliegen bald leere Flugzeuge über Europa?», fragte die «NZZ» besorgt.

Normalerweise müssen 80% der Slots benützt sein. Wegen der corona-bedingten Flugflaute wurde diese Regel zu Beginn der Pandemiezeit zunächst ganz ausgesetzt, dann reichten im laufenden Sommerflugplan faktisch 25% Slot-Nutzung.

Wenn die 50%-Regel von der EU-Kommission in Kraft tritt, wird sie auch in der Schweiz angewendet. Aber betrifft sie die Schweiz auch, etwa indem es Leerflüge ab Zürich, Genf oder Basel geben wird um Slots zu erhalten?

TRAVEL INSIDE hat beim Schweizer Slotcoordinator Peter Dellenbach nachgefragt.


Peter Dellenbach, Slot-Coordinator

Peter Dellenbach: Was halten Sie vom Plan der EU-Kommission, dass Airlines im kommenden Winterflugplan wieder 50% ihrer Slots benützen müssen, wenn sie diese behalten möchten?

Slot Coordination Switzerland ist ein unabhängiger Verein, der für die Slotzuteilung an den beiden Landesflughäfen Genf und Zürich zuständig ist. In dieser Position ist es uns nicht möglich, Entscheide der EU-Kommission zu kommentieren.

Anders gefragt: Wie realistisch ist es aus Ihrer Sicht, dass diese 50%-Regel überhaupt erfüllt werden könnte?

Ich bin zuversichtlich, dass die 50%-Regelung umgesetzt werden kann. Es gibt ja neben dieser 50/50% Änderung auch noch den Artikel über die «justified non utilisation» (JNUS). Dies ist eine Art Force Majeure, wenn die Fluggesellschaften zwar fliegen möchten, wegen gesetzlichen Voraussetzungen aber nicht können oder dürfen, wie z.B. Grenzschliessungen oder Quarantäne-Regelungen. Die Fluggesellschaften haben hier noch einige Möglichkeiten, ihre historischen Slotrechte trotzdem zu erhalten.

Was halten Sie von den Vorwürfen von IATA-Chef Willie Walsh an die EU-Kommission?

Aus Gründen der Unabhängigkeit und Überparteilichkeit kann ich diese Vorwürfe nicht kommentieren. Ausserdem muss dazu auch die Position von ACI Europe (Airport Council International Europe) berücksichtigt werden, die den Vorschlag gutheisst.

Wie hoch ist die Slot-Nutzung in der laufenden Sommer-Flugplanperiode an den Landesflughäfen?

Die geplante Slot-Nutzung in Genf und Zürich ist zwischen 45 – 55%, wobei die Monate August bis Oktober noch nicht abgeflogen sind und sich diese Zahl deshalb noch ändern kann. Der Flughafen Basel ist nicht slotkoordiniert.

Wenn dieser Plan umgesetzt wird: Rechnen Sie mit Leerflügen ab ZRH, GVA und BSL?

Es gab unseres Wissens in der Schweiz bis jetzt noch keine Leerflüge, um die historischen Slotrechte zu wahren. Aus diesem Grund erwarte ich in der Schweiz keine solchen Flüge.

Wie hoch sollte die Schwelle der benützten Slots vernünftigerweise sein?

Da wir sowohl gegenüber der Fluggesellschaften aber auch der Flughäfen unabhängig und neutral sind, kann ich dazu keine Zahl nennen.

Haben Airlines seit Ausbruch der Pandemie bereits Slots abgegeben?

In der Schweiz wurden bis jetzt keine Slots nur wegen der Pandemie abgegeben

Gibt es derzeit überhaupt interessierte Airlines für frei werdende Slots?

Da an den beiden Flughäfen Genf und Zürich nur zu bestimmten Tageszeiten oder Wochentagen keine Slots mehr zugeteilt werden können, ist die offene Nachfrage zur Zeit sehr beschränkt.

Glauben Sie, dass man in absehbarer Zeit zur Regel zurückkehren kann, dass Airlines 80% ihrer Slots nutzen müssen, damit sie sie in der folgenden Flugplanperiode behalten können?

Das hängt vor allem von den Möglichkeiten und Planbarkeit der Reisetätigkeit ab und kann deshalb heute nur schwer abgeschätzt werden.

(Interview: Christian Maurer)