Verschärfte Slot-Regeln: Swiss und Easyjet schliessen Leerflüge nicht aus

Aktualisiert am 02.08.2021
Die Airline widerspricht dem Schweizer Slotcoordinator.
©Swiss/Edelweiss

Die EU-Kommission will bei Slot-Regeln einen weiteren Schritt in Richtung Normalität machen: Start- und Landerechte werden nur sicher in den Sommerflugplan 2022 übertragen, wenn Airlines die Slots im Winter 2021/2022 zu mindestens 50% nutzen. Dies würde Airlines zu «Geisterflügen» zwingen, sagte IATA-Generaldirektor Willie Walsh. «Fliegen bald leere Flugzeuge über Europa?», fragte die «NZZ» besorgt.

«Dies können wir derzeit nicht ausschliessen», sagt Swiss-Medienchefin Karin Müller und widerspricht damit dem Schweizer Slotcoordinator Peter Dellenbach. «Wir hoffen aber noch immer auf eine pragmatischere Lösung.» Diese könnte darin bestehen, dass sich die Airline wegen bestimmter Reisebeschränkungen auf eine Art «force majeure» beruft, womit sie die historischen Slots behalten könnten, wie Dellenbach im Interview mit TRAVEL INSIDE sagte.

Auch Easyjet hält Leerflüge für möglich

Easyjet, Platzhirsch am Flughafen Genf vor der Swiss, dürfte ein gewisses Interesse haben an frei werdenden Slots von Legacy Carriers, die neu verteilt werden. Der Billigflieger sieht aber wie die Swiss «unter den derzeitigen Umständen die Gefahr, dass Fluggesellschaften Leerflüge durchführen müssen, um Slots zu behalten».

Die Airline mit einem Ableger in der Schweiz nimmt «die Gründe der EU-Kommission für diese Entscheidung zur Kenntnis, würde allerdings einen niedrigeren Schwellenwert unterstützen, da die Erholung des Flugverkehrs aufgrund der pandemischen Lage momentan schwer vorhersehbar ist.» Ein idealer Vorschlag würde genügend Flexibilität bieten, um auf ein sich veränderndes Umfeld reagieren zu können und gleichzeitig eine nachhaltige Erholung der Flugpläne fördern.

Helvetic ist sybillinisch

Als regionale Fluggesellschaft der Schweiz sei Helvetic von den neuen Slot-Nutzungsregeln der Europäischen Kommission grundsätzlich nicht oder nur wenig betroffen, hält Sprecher Mehdi Guenin fest. «Jedoch die Tatsache, dass wir möglicherweise leer fliegen müssten, um bestimmte Slots behalten zu dürfen, ist unserer Meinung nach nicht kompatibel mit dem Wunsch, die Luftfahrt nachhaltiger und ökologischer zu gestalten. Dies wäre in den Augen der Öffentlichkeit eindeutig der falsche Weg.»

Die Frage, ob die Airline von Financier Martin Ebner selber an allenfalls frei werdenden Slots interessiert wäre, lässt Guenin unbeantwortet. «Generell geht es darum, einen Mittelweg zu finden zwischen dem aktuellen Status quo, d.h. dem Schutz der Schweizer Flughäfen und Fluggesellschaften vor Low-Cost-Konkurrenz durch die Beibehaltung ungenutzter Slots, und dem freien Markt, der Fluggesellschaften wie Helvetic Airways den Zugang zu neuen attraktiven Slots ermöglichen würde.»

Chair und Condor bleiben stumm

Chair Airlines «möchte sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht zu den Slot-Regel der EU-Kommission äussern», teilte Sprecherin Carmen Schmid auf Anfrage mit. Und der deutsche Ferienflieger Condor, die seit diesem Frühling auch aus der Schweiz fliegt, verweist auf eine Stellungnahme des Bundesverbands der Deutschen Luftfahrt, der die Slot-Regelanpassung als «unrealistisch» ablehnt.

Wenn die 50%-Regel auf den kommenden Winterflugplan in Kraft treten würde, «besteht das Risiko, dass nicht alle Slots gehalten werden können», so Müller. «Wir würden aber im Rahmen unserer Möglichkeiten sicherstellen, dass wir keine wertvollen Slots verlieren.»

So sieht eine pragmatisch Lösung aus

Die Absicht der EU-Kommission ist aus Sicht der Swiss «keine praktikable Lösung und führe zu einem Wettbewerbsnachteil für die europäischen Fluggesellschaften». Der Luftverkehr habe sich nach wie vor nicht normalisiert, weshalb auch für den Winterflugplan weitergehende Ausnahmeregelungen für die Slotvergabe nötig seien.

«Die verabschiedete Regelung birgt die Gefahr, dass Airlines mit leeren Flugzeugen fliegen müssen, nur um ihre Slots zu sichern. Das schadet Klima und Airlines», hält Müller fest.

In allen anderen Teilen der Welt sei eine pragmatische Lösung gefunden, die sich an jener für den laufenden Sommerflugplan orientiert. Airlines können vor der Saison Slots, die nicht gebraucht werden, zurückgeben.

Diese einem historisch zustehenden Slots würden den Airlines in der nachfolgenden Saison aber wieder zur Verfügung stehen. Der Winter werde ähnlich herausfordernd wie der Sommer bzw. aus saisonalen Gründen noch herausfordernder, erwartet Müller, die in dieser Angelenheit auch für den Schweizer Ferienflieger spricht.

(Christian Maurer)