Wann kommt die direkte Zugverbindung nach London?

Der SBB-CEO Vincent Ducrot gibt Einblick in den internationalen Bahnverkehr und thematisiert eine mögliche Verbindung nach London.
Vincent Ducrot , CEO SBB ©SBB/Manuel Lopez

Vincent Ducrot, CEO der SBB, äussert sich in einem Interview mit CH-Media zum internationalen Personenverkehr, dem Ausbau des Streckennetzes und zum aktuellen Zustand der Nachtzüge.

Auch eine mögliche Direktverbindung nach London thematisiert Ducrot, der seit 2019 an der Spitze der SBB steht.

Die Attraktivität des internationalen Bahnverkehrs steigern

Um den internationalen Bahnverkehr attraktiver zu machen, seien internationale Abkommen für den Ausbau des Netzes essenziell, so Ducrot. Die Strecke zwischen Zürich und München etwa sei zwar elektrifiziert, aber der deutsche Streckenabschnitt wurde zu wenig ausgebaut für einen Stundentakt, so der SBB-CEO.

Auch die Möglichkeit, internationale Tickets auf sbb.ch und in der SBB App direkt zu kaufen, soll bald möglich sein, wie die Präsentation der SBB, anlässlich des Vortrages von Philipp Mäder (Head of International Passenger Services) an der SRV-GV in Parma, verspricht.

So sollen alle Tarife für Reisen in die Nachbarländer und in die wichtigsten Drittländer ab sofort bereits online auf sbb.ch erhältlich sein. Die internationalen Tickets in der Mobile App stehen zurzeit noch in der Pipeline. Auch eine graphische Seat-Map, auf der Sitzplätze selbst ausgesucht werden können, befindet sich noch in Planung.

Mit dem neuen CO2-Gesetz sollen auch Subventionen für den internationalen Bahnverkehr ermöglicht werden. Sollte dies durchkommen, plant Ducrot Nachtzüge nach Rom und vielleicht weiter nach Neapel, aber auch Verbindungen nach Barcelona.

Zudem möchte Ducrot weiter in den Nachtzug-Hub Zürich investieren. «Zürich ist mittlerweile nach Wien der grösste Nachtzug-Hub Europas. Wir wollen mit unserem Partner ÖBB zusammen investieren», so Ducrot.

Nachtzugverbindungen boomen

Doch die Qualität sei teils unterirdisch, merkt der Interviewer an. Die Wagen seien alt und oft fehlen Schlaf- und Liegewagen. Vincent Ducrot gibt daraufhin zu: «Manchmal schäme ich mich, wenn ich die Berichte unserer Kundinnen und Kunden zum Zustand der Nachtzug-Flotte lese. Dafür entschuldige ich mich.»

Der SBB-CEO gibt zu, dass sie leider vom Erfolg überrannt wurden und verspricht Verbesserung. Die ÖBB und Trenitalia hätten bereits neues Rollmaterial bestellt. Doch Ducrot bleibt realistisch: «Bis es geliefert ist, braucht es Geduld.»

©SBB

Auch die vielen Verspätungen oder Absagen der Züge nach Deutschland thematisiert Ducrot. Er betont, dass ihm die Probleme, die Reisende auf den Strecken nach Deutschland erleben müssen sehr leid tun. «Auch wir als SBB leiden und die Deutsche Bahn (DB) leidet. Ich habe viel Austausch mit DB-Kollegen, manchmal verzweifeln sie selbst an dem Zustand.»

Die Deutschen Kollegen würden sich viel Mühe geben, die Situation zu verbessern. Jedoch sei in den 2000er Jahren viel zu wenig in das deutsche Netz investiert worden und es sei deshalb in einem sehr schlechten Zustand, so Ducrot. Die Deutsche Bahn habe jetzt aber einen Sanierungsplan über die nächsten zehn Jahre.

Direktverbindung nach London

Wie Ducrot erläutert, arbeitet die SBB zurzeit mit der SNCF und Eurostar an einer Studie, die die Möglichkeit einer Direktverbindung der Schweiz mit London aufzeigen soll. Die Studie soll nächstes Jahr abgeschlossen sein.

«Wenn es möglich ist, werden wir einen Zug aus der Schweiz nach London einführen. Die Destination ist sehr beliebt. Es muss aber in unter sechs Stunden machbar sein», so Ducrot. Nur wenige würden bei einer Fahrtdauer von über sechs Stunden den Zug wählen.

Die SBB stehe zudem in Diskussion mit Trenitalia für Direktzüge nach Florenz oder Turin, da die Nachfrage nach diesen Destinationen stark steige.

Auf die Frage, wieso die meisten internationalen Angebote auf Zürich fokussiert sind, sagte Ducrot: «Wir müssen dort beginnen, wo der Markt am stärksten ist. Zürich ist von überall her sehr gut angebunden.»

Das internationale Netz werde nach dem Hub-System aufgebaut und Zürich sei ein idealer Hub, da es dort sehr viele Kundinnen und Kunden hat und der Bahnhof noch über viel Kapazität verfüge. Doch auch Basel und Genf sollen zu Hubs werden, so Ducrot. «Wir werden auch das Angebot ab Basel ausbauen und Genf wird ein Hub in Richtung Frankreich oder Spanien.» (TI)