
Der World Travel & Tourism Council (WTTC) hat in Zusammenarbeit mit dem globalen Beratungsunternehmen ICF ein neues, kühnes Rahmenwerk vorgestellt, das die gesamte Reise- und Tourismusbranche dazu auffordert, eine ihrer grössten Herausforderungen gemeinsam anzugehen: die Steigerung der Produktion und Verwendung von nachhaltigem Flugkraftstoff (SAF) und anderen erneuerbaren Kraftstoffen.
Ökologische Notwendigkeit und wirtschaftlicher Imperativ
Der Bericht ‘Scaling Up Sustainable Fuel’ enthält einen praktischen Fahrplan dafür, wie jedes Unternehmen in der Branche, unabhängig von seiner Grösse oder Funktion, dazu beitragen kann, die verkehrsbedingten Emissionen zu reduzieren und die Umstellung auf sauberere Kraftstoffe zu beschleunigen.
Julia Simpson, Präsidentin und CEO des WTTC, sagte: «Nachhaltige Kraftstoffe sind die größte Chance für die Reise- und Tourismusbranche, aber im Moment bleibt das Angebot gefährlich hinter der Nachfrage zurück. Wenn wir nicht gemeinsam handeln, riskieren wir steigende Kosten, eine eingeschränkte Verfügbarkeit und einen Stillstand des klimatischen Fortschritts.»
Weiter verlangt die Präsidentin des WTTC: «Jedes Hotel, jeder Reiseveranstalter, jedes Reisebüro, jede Kreuzfahrtgesellschaft und jede Fluglinie muss eine Rolle spielen. Dieser Rahmen gibt ihnen die Vorlage dafür. Nachhaltige Kraftstoffe sind nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern auch ein wirtschaftlicher Imperativ, und die Regierungen müssen Anreize für die Produktion von SAF schaffen und nicht nur Ziele für den Sektor festlegen.»
Jedes Unternehmen kann einen Beitrag leisten
Heute macht SAF nur 0,3% des weltweiten Treibstoffverbrauchs aus. Um die Netto-Null-Ziele bis 2050 zu erreichen, muss die Produktion um mehr als das 400-fache steigen – von heute 1,25 Mrd. Liter auf über 450 Mrd. Liter. Dazu sind weltweit bis zu 6500 neue Anlagen für erneuerbare Kraftstoffe erforderlich. Nachhaltiger Schiffskraftstoff (Sustainable Marine Fuel, SMF) steht vor ähnlichen Versorgungs- und Infrastrukturbeschränkungen.
Im Gegensatz zu anderen Dekarbonisierungsoptionen ist SAF eine ‘Drop-in’-Lösung. Er kann mit bestehenden Motoren und Flugzeugen verwendet werden. Hohe Produktionskosten, begrenzte Infrastruktur und der Wettbewerb bei den Rohstoffen haben jedoch dazu geführt, dass die Mengen gering und die Preise hoch sind – bis zu zehnmal höher als bei konventionellem Kraftstoff.
Der neue WTTC-ICF-Rahmen bietet klare, abgestufte Massnahmen für die Akteure der Reise- und Tourismusbranche, die sich als Mitwirkende, Förderer, Anwender oder Investoren engagieren können. Von der Teilnahme an Kampagnen und der Lieferung von Abfallprodukten bis hin zur Finanzierung von Produktionsanlagen oder dem Erwerb von Zertifikaten für nachhaltige Kraftstoffe macht der Bericht deutlich: Jedes Unternehmen kann einen Beitrag leisten.
Daniel Galpin, Geschäftsführer des ICF, erklärte: «Die Dekarbonisierung des Verkehrs ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigen Tourismussektor. Während die Verkehrsindustrie, insbesondere die Luftfahrt mit ihrem Schwerpunkt auf nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF), die Bedeutung nachhaltiger Kraftstoffe erkannt hat und mutig auf eine neue Ära hinarbeitet, liegt noch ein weiter Weg vor uns. Es ist wichtig, dass das gesamte Tourismus-Ökosystem Massnahmen ergreift und Unterstützung leistet, um die gesetzten Ziele zu erreichen und die erforderlichen operativen und strategischen Veränderungen umzusetzen.»
«ICF ist stolz darauf, eng mit dem WTTC zusammengearbeitet zu haben, um herauszufinden, welche Rollen die Tourismusakteure übernehmen und welche Massnahmen sie ergreifen können, um die Dekarbonisierung des Sektors zu fördern und so zu einer nachhaltigeren Zukunft beizutragen», hält Daniel Galpin fest.
Fallstudien aus der Praxis zeigen, wie bereits Massnahmen ergriffen werden. Die Erawan-Gruppe verwandelt in Asien Hotelabfälle in SAF, während Jet2 in eine SAF-Anlage im Vereinigten Königreich investiert hat, die recycelbare Haushaltsabfälle verwendet.
Der Bericht warnt, dass die von den Regierungen eingeführten SAF-Mandate, die bis 2030 eine Beimischung von 5% bis 10% vorschreiben, die Reisekosten erhöhen und die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher einschränken könnten, wenn die Branche nicht gemeinsam handelt.
Da für die Reise- und Tourismusbranche bis 2035 ein Umsatz von USD 16,5 Billionen und über 460 Millionen Arbeitsplätze prognostiziert werden, ist der Ausbau nachhaltiger Kraftstoffe nicht nur eine ökologische Herausforderung. Es ist ein wirtschaftlicher Imperativ.
(Business Traveltip)