«Es soll einfacher werden, mit uns zu arbeiten»

Swiss-CCO Markus Binkert äussert sich zu aktuellen Fragen rund um Direct Connect und zur Reisebranche.
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Markus Binkert, nach der Ankündigung der Distribution Cost Charge vor zwei Jahren sagten Sie, dass neue Vertriebswege mit neuen Innovationen und Distributionslösungen entstehen werden. Was ist in der Zwischenzeit konkret entstanden?

In der Lufthansa Group entwickeln wir unter dem Projektnamen Airline.com unsere Eigenvertriebsplattform weiter, die neue Möglichkeiten und ein durchgängiges Online-Kundenerlebnis für alle Webseiten der Airlines im Konzern schaffen wird. Aber auch im Fremdvertrieb haben wir nun mit NDC-basierten Direktanbindungen – den sogenannten Direct Connects – die Option, unsere Angebote transparenter und bedarfsorientiert darzustellen.

Wie genau entsteht dabei mehr Transparenz?

Auf Vergleichs- und Buchungsplattformen sieht man bei Hotelangeboten zum Beispiel heute schon Fotos, Bewertungen und kundenrelevante Produktdetails, während Flugverbindungen zumeist nur mit der Angabe von Flugdauer und dem Preis dargestellt werden. Hier hat die Industrie Nachholbedarf, um nicht als reines Massengut wahrgenommen zu werden. Die Lufthansa Group hat bei der Entwicklung technologischer Lösungen bewusst eine Vorreiterrolle in Europa inne. In einem ersten Schritt möchten wir die Angebote über unsere eigenen Kanäle besser darstellen. Parallel wollen wir sie auch allen anderen Kanälen zur Verfügung stellen können, daher ist Direct Connect so wichtig.

Hat es Sie gefreut, dass die IAG-Gruppe mit British Airways und Iberia nun ähnliche Schritte unternimmt?

Es war sicherlich eine Bestätigung unseres Vorgehens. Das Thema betrifft ja alle Fluggesellschaften und wir waren von Anfang an überzeugt, dass dies der richtige Weg für die gesamte Industrie ist. Dass nun weitere Airlines in Europa und Amerika unserem Beispiel folgen, überrascht uns daher nicht.

Wie ist das konkrete Interesse an Direct Connect im Markt?

Es ist ein wichtiges Thema, das immer relevanter wird. Wir sind mit diversen Firmenkunden und Reisebüros in der Schweiz und weltweit im Austausch, ebenso beispielsweise auf dem chinesischen Markt. Die Resonanz ist in der Summe sehr positiv. Wir haben beispielsweise Ende Juni das Veranstaltergeschäft der TUI Deutschland direkt an unsere Buchungssysteme angebunden und damit einen weiteren Meilenstein erreicht. TUI Suisse wird TUI Deutschland folgen und in nicht allzu ferner Zukunft ihr TO-Business an Direct Connect anschliessen.

Geht es Ihnen genug schnell voran?

Die Idee von Direct Connect ist, dass wir jeder Firma über direkte Anbindung ihrer Buchungsplattformen auf Basis zeitgemässer Technologien massgeschneidert die Produkte anbieten können, die sie wünscht, beispielsweise bezüglich Extragepäck, flexible Tarife oder Lounge-Zugang. Die Direct- Connect-Lösungen müssen mit jedem Kunden einzeln und individuell evaluiert werden. Ein Punkt, der besonders zu beachten ist: Firmen haben unterschiedliche technologische Voraussetzungen, oft über Jahre gewachsen. Dies treibt die Komplexität, ermöglicht aber gleichzeitig auch oft die Chance, auf neue, effizientere Technologien zu migrieren. Und schlussendlich ist es auch ein Ressourcen-Thema.

Dies ist ja auch eine Befürchtung des Marktes: Sie treiben die Lösung voran, aber irgendwann können Sie in einer vernünftigen Zeit gar nicht mehr alles umsetzen, wenn jeder eine massgeschneiderte Lösung will.

Wir führen mit vielen Partnern seit Jahren offene und konstruktive Diskussionen. Und jene, die dieselben Zukunftsvisionen mit uns teilen und mitinvestiert haben, sollen nun auch als Erste davon profitieren können. Wir sind aber jederzeit offen für neue Partnerschaften.

Ganz konkret: Ich bin ein mittelgrosser Player, komme zu Ihnen und möchte eine Direktanbindung. Wie lange muss ich warten?

Hier spielen das bestehende Set-up und die Kundenwünsche eine Rolle. Unterstützt Ihre Buchungsplattform z.B. bereits offene Schnittstellen (sogenannte APIs) oder gar den NDC-Standard und bestehen bereits andere Direktanbindungen, kann es relativ schnell gehen. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, kann es durchaus einige Monate dauern, bis es zu einer Direktanbindung kommt.

Wie würden Sie die Stimmung zwischen Swiss und ihren Vertriebspartnern in der Reisebranche denn generell beschreiben?

Es gibt kein allgemeingültiges Stimmungsbarometer für die Branche. Für uns als Lufthansa-Gruppe ist die Reisebranche sehr wichtig, und wir investieren viel in Schulungen und gegenseitigen Austausch. Es soll einfacher werden, mit uns zu arbeiten, und wir arbeiten kontinuierlich daran, die Abläufe innerhalb der Gruppe anzugleichen.

Wie soll das geschehen?

Wir suchen Plattformen und möglichst viele Ebenen für einen Austausch – beispielsweise auch mit dem SRV – um Hand zu bieten und zu unterstützen, wo wir können. Dass sich das Marktumfeld wandelt, können wir nicht aufhalten. Wären wir passiv, würde uns dies ebenfalls vorgehalten; und es würde dem gesamten Marktplatz Schweiz schaden.

Aus der Branche hört man, dass die Harmonisierung der technischen Abläufe innerhalb der Lufthansa-Gruppe noch nicht überall funktioniere. Wie weit sind Sie da?

Wir haben gegenseitig Zugriff auf gemeinsame Buchungen und Tickets, sowohl am Check-in-Schalter als auch am Ticket-Schalter. Die Harmonisierung der technischen Abläufe ist aber tatsächlich ein hochkomplexes Thema. Es wird uns wohl noch einige Jahre begleiten. Wir sind bemüht, jegliche IT-Herausforderungen zum Wohl unserer Kunden zügig zu lösen. Grosse IT-Projekte wären übrigens im Alleingang ohne die Lufthansa-Gruppe kaum in der Form lösbar.

Das heisst, Sie räumen den kleinen Airlines keine Chancen ein?

Man darf sich keine Illusionen machen: Ohne Lufthansa hätten wir als Swiss kaum eine Chance, profitabel zu sein – auch wenn wir noch so gut arbeiten. Investitionen in die C-Series, Boeing 777, die anstehenden neuen Infrastrukturen am Flughafen, die IT-Systeme im Hintergrund – das wäre alleine unmöglich. Die Konsolidierung bei den Airlines ist überfällig. Die Kleinen haben allenfalls als Nischen-Carrier noch eine Chance.

Stefan Jäggi / Elisha Schuetz

Lesen Sie den zweiten Teil des Interviews morgen Freitag auf www.travelinside.ch, unter anderem mit den Themen NDC, personalisierte Angebote, kostenpflichtige Verpflegung und Yield-Zerfall. Haben Sie unseren Newsletter schon abonniert? www.travelinside.ch/newsletter