Perlen der Balkanstaaten

Kroatien, Slowenien oder Montenegro erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit. Kein Wunder, denn die Balkanländer versprühen einen authentischen Charme.
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Insbesondere Kroatien gehörte im vergangenen Sommer zu den grossen Gewinnern im Mittelmeerraum und konnte eine Rekordzahl an Touristen verzeichnen. Tatsächlich werden sämtliche Balkanstaaten immer beliebter – sie locken mit beeindruckenden Naturschönheiten, pittoresken Dörfern und grossartigem Essen zu günstigen Preisen. Zudem bieten die Balkanländer eine wohltuende Alternative zu den teilweise überfüllten Stränden im umliegenden Mittelmeergebiet. Anbei eine Auswahl an wunderbaren Perlen der Balkanstaaten.

Die kroatische Insel Vis – wo die Zeit rückwärts tickt

Die Fähre legt ab und es bietet sich ein beeindruckender Panoramablick auf die Küstenstadt Split, während im nördlichen Hinterland die schemenhaften Umrisse des Mosor-Gebirges zu sehen sind. Die an der Hafenbucht liegende Flaniermeile Riva und die dahinter liegende Altstadt mit dem Diokletianspalast werden zunehmend kleiner, als die Fähre langsam an Fahrt gewinnt. Los geht die rund zweistündige Reise auf die Insel Vis!

Die Fähre ist die einzige Verbindung auf die kleine vorgelagerte Insel und fährt nur zweimal täglich. Mit dem Flugzeug ankommend, erreicht man die Anschlussverbindung nicht nahtlos und ist gezwungen, in Split zu übernachten. Wobei dies durchaus ein Glücksfallist: Die zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende Altstadt ist ein Bijou, und die Besichtigung des Diokletianspalasts gilt als Muss jeder Kroatienreise. Der Ruf der umliegenden Inseln ist verlockend, und dennoch erliegen ihm erstaunlicherweise verhältnismässig wenige Touristen – zumindest nach Vis. Umso besser, wenn man das ursprüngliche und traditionelle Kroatien abseits des Touristentrubels entdecken möchte. So tuckert die schmucklose Fähre vor sich hin, und die wenigen Touristen an Bord befinden sich meist auf dem Aussendeck, trinken einen Kaffee und lassen die vielen kleinen Inseln an sich vorbeiziehen. Denn das wahre Schmuckstück wartet erst am Ende der Fahrt, rund 60 Kilometer vom Festland entfernt: die Insel Vis.

Karte, Balkan

Komiza, Dorf der Gemütlichkeit

Die Insel ist lediglich 17 Kilometer lang und 8 Kilometer breit und besteht aus vielen kleinen Hügeln; der höchste Berg Hum misst gerade einmal 587 Meter. Die Fähre legt in Vis an, einem Dorf mit demselben Namen wie die Insel selbst. Die Zeit tickt hier anders, dies stellt man augenblicklich fest. Einige Bistros, ein paar Läden, eine von Palmen gesäumte Hafenpromenade – viel mehr gibt es hier nicht. Die meisten Reisenden zieht es jedoch nach Komiza, einem pitorresken Fischerdörfchen auf der anderen Seite der Insel, die mit dem Bus in kaum 30 Minuten erreichbar ist. Wenn die Zeit in Vis generell langsamer läuft, dann wird die Uhr in Komiza gar zurückgestellt. Um die Hafenpromenade befinden sich Restaurants, Bistros und einige wenige Bars, das gesamte Dörfchen besteht aus ortstypischen Steinhäusern – imposante Gebäude oder Hotelkomplexe sucht man vergeblich. Man wähnt sich im vergangenen Jahrhundert, schaltet unweigerlich – mindestens – einen Gang zurück und geniesst den Ausblick auf die sanften grünen Hügel rundherum und das türkisfarbene Meer. Die Gelassenheit und Gemächlichkeit der Einwohner ist ansteckend, Alt und Jung lehnen an den Balustraden und angeln den ganzen Tag. Man kennt sich – auf der gesamten Insel leben nicht mehr als 3500 Menschen.

Viele Einheimische vermieten, zum Beispiel über Airbnb, Zimmer in ihren Wohnungen; eine empfehlenswerte Art und Weise, die lokalen Bewohner kennenzulernen. Sie verraten einem denn auch bestimmt ihr Lieblingslokal – denn man isst in Komiza richtig gut und günstig. Wie wäre es mit einer kleinen Vorspeise? Beispielsweise einem Prsut, ein luftgetrockneter Schinken, einem Paski sir (lokaler Schafskäse) oder Osoljena, ein eingesalzener Fisch zusammen mit einem köstlichen goldgelben Tropfen Malvazija? Schliesslich dient die flache Ebene im Innern der Insel als Weinanbaugebiet.

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Eine Fülle an Stränden auf kleinstem Gebiet

Keinesfalls verpassen sollten Vis-Reisende die Strände der Insel. In der Tat bietet einem kaum eine Gegend so viele vielfältige wunderschöne Buchten auf kleinstem Raum wie hier. Etliche Kieselstrände in- und ausserhalb des Dorfes (Gusarica ist hierbei der grösste), solche für FKK-Liebhaber (Novo posta) und andere für Hundehalter (Vartalac), Strände im Dorfzentrum (Bjazicovo) und solche inmitten der Natur (Velu zolo). Und trotz der Abgeschiedenheit der Insel verfügt sie sogar über einen Partystrand: An Kamenica feiern im Sommer vorwiegend junge Leute verschiedene Festivals abseits des Mainstreams, wie beispielsweise das «Gulash Disko Festival» im vergangenen Sommer. Nebst Electro wird hier jedoch auch lokaler Balkansound gespielt; live natürlich, mit den hierfür typischen Blasinstrumenten, Geigen oder Akkordeons. Die Partywilligen können an diesem Strand nächtelang ausgiebig feiern, ohne dass es jemanden stört – denn obwohl Komiza nur rund 20 Gehminuten entfernt liegt, hört man im Dörfchen nichts vom Trubel. Dort geht das Leben nach wie vor unbeeinflusst seinen Gang – und die Uhren rückwärts.

Montenegro – abseits vom Massentourismus

Montenegro gehört zu den aufstrebenden Reiseländern an der Adriaküste – und zählt nach wie vor zu den Geheimtipps. Das Land ist ideal für all jene, die eine ruhige Alternative zum grassierenden Massentourismus im Mittelmeergebiet suchen. Das Land setzt seit längerem auf Nachhaltigkeit und es gilt das Motto «Die Natur ist unser Schatz – und diesen Schatz müssen wir bewahren ».

Tatsächlich sind die Naturschönheiten in dem Balkanstaat paradiesisch und beeindruckend. Montenegro heisst übersetzt «schwarze Berge», und je nach Lichteinfall erscheinen die imposanten Gebilde auch wirklich beinahe schwarz. Als besonderes Naturjuwel bekannt ist der Durmitor Nationalpark. Im Sommer lockt er mit seinen zahlreichen Wanderwegen und Bergsteiger-Routen durch die faszinierende Gebirgslandschaft. Die besondere Mischung aus mediterranem und alpinem Klima lässt im Durmitor-Nationalpark eine faszinierende Flora und Fauna gedeihen. Einer der letzten ursprünglichen Kiefernwälder Europas wächst hier neben Föhren, Buchen, Birken und Wacholder. Durch die naturbelassenen Wälder und die felsigen Hochplateaus streifen Adler, Braunbären, Wildschweine, Wölfe, Gämsen, Wildkatzen, Auerhähne, Birkhühner und Felshühner.

Die längste und tiefste Schlucht Europas

Eines der besonderen Highlights des Nationalparks ist die Tara-Schlucht. Der gleichnamige Fluss ist mit 140km Foto: ES  der längste Montenegros. Der glasklare Fluss ist aufgrund seiner bis zu 60m hohen Wasserfälle, zahlreichen Stromschnellen und Kaskaden für Rafting äusserst beliebt. Die atemberaubende Tara-Schlucht am unteren Ende der Tara ist 78km lang und über 1300m tief. Damit ist sie nicht nur die längste und tiefste Schlucht Europas, sondern gehört auch zu den grössten der Welt. Der Durmitor-Nationalpark wurde 1980 in den erlauchten Kreis der UNESCO-Weltnaturerben aufgenommen – und ist nicht das einzige Gebiet in Montenegro, das sich mit diesem Attribut rühmen kann. Seit 2016 gibt es eine neue Weltkulturerbenstätte, die das Ansehen Montenegros international weiter ausbaut: Neu ernannt wurden die «Stécci Medieval Tombstones Graveyards» – aus Kalkstein geschnitzte Denkmäler im Norden Montenegros. Und an der Küste gehört die wunderschöne Bucht von Kotor mit der historischen ehemaligen Handelsstadt und den malerischen Häuschen seit 1979 zum UNESCO Weltkulturerbe.

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Schönste Begegnung zwischen Meer und Land

Die Bucht von Kotor ist wahrlich etwas vom Schönsten, was die europäische Mittelmeerküste zu bieten hat. Der englische Dichter Lord Byron befand schon Anfang des 19. Jahrhunderts: «Als unser Planet entstand, muss sich die schönste Begegnung zwischen Meer und Land an der montenegrinischen Küste zugetragen haben.» Die Kombination aus schroffen Steilhängen, den kleinen Siedlungen zu ihren Füssen und der smaragdgrünen Adria machte die Bucht, die wie ein Fjord kilometerlang in das montenegrinische Hinterland hineinragt, zu den beliebtesten Touristenattraktionen des Landes.

Piran – ein Ort für Romantiker

Mittelalterliche Gassen, venezianische Architektur und eine wunderschöne Promenade – das verträumte Piran ist geschaffen für Romantiker. Das Küstendörfchen liegt auf einer ins Mittelmeer ragenden Landzunge Sloweniens, kaum 20 Gehminuten des Badeortes Portoroz entfernt. Die verwinkelten Gassen von Prian sind dermassen eng, dass keine Fahrzeuge hindurch gelangen; so ist das ganze Dorfzentrum zwangsläufig autofrei, was den ursprünglichen Charme des pittoresken Ortes zusätzlich unterstreicht. So kann man sich angenehm zu Fuss fortbewegen – was bei der überschaubaren Grösse Pirans kein Problem darstellt; innerhalb von 30 Minuten durchquert man problemlos das gesamte Dorf.

Wandeln durch ein Bilderbuch

Piran verfügt über eine der besterhaltenen Altstädte Europas. Der italienischvenezianische Einfluss ist in der Architektur überall erkennbar. Tatsächlich ist die Ortschaft unglaublich fotogen und vermittelt dem Besucher den Eindruck, durch ein Bilderbuch zu wandeln. Das Herz des Dorfes ist der Tartini- Platz; der Namensgeber begrüsst die Reisenden als Statue im Zentrum des Platzes. Der berühmte Komponist und Geigen-Virtuose Giuseppe Tartini wurde am 8. April 1692 in einem Haus direkt am Platz geboren. Das gesellschaftliche Leben spielt sich auch rund um den Tartini-Platz und entlang der Flaniermeilen am Meer ab, welche gesäumt sind von vielen Restaurants und Bars. Imposant thront die St.-Georg-Kathedrale auf der Klippe, von wo aus man bei klarem Wetter die venezianischen Lagunen in der Ferne des Westens erblicken kann. Schaut man ein wenig in Richtung Norden, erkennt man über dem Meeresspiegel der Triester Bucht die mit Schnee bedeckten Alpen. Piran ist zweifelsfrei ein bezaubernder Ort an der Westküste der istrischen Halbinsel.


DIE SCHMUCKE HAFENSTADT SPLIT

Erblickt man die zweitgrösste Stadt Kroatiens vom Flughafen kommend, bietet sie dem Reisenden kein wirklich schönes Bild – grosse Betonbauten, Industrie und Häuser, die dringend einen neuen Anstrich benötigen, eignen sich nicht wirklich für ein ansprechendes Fotosujet. Umso mehr macht sich Erstaunen breit, wenn man in die Altstadt von Split gelangt: Etliche verwinkelte Gässchen, wunderschöne Kirchen, Cafés und behagliche Restaurants in Hülle und Fülle. Die Altstadt ist ein Bijou – nicht umsonst wurde sie von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Ursprünglich eine griechische Kolonie, die zu Beginn des vierten Jahrhunderts gegründet wurde, wurde die Stadt vor allem durch den römischen Kaiser Diokletian bekannt. Er gilt als eigentlicher Begründer von Split und baute im Jahr 293 nach Christus den berühmten Diokletianpalast – auch heute noch das Wahrzeichen der Stadt. Im Sommer spielen auf dem grossen Platz vor dem imposanten Bauwerk Musiker, während Einheimische wie Touristen gleichermassen auf den Treppen rundherum sitzen und das süsse Nichtstun zelebrieren.

Die Riva, die Strandpromenade von Split, ist stets ein Schaulaufen und Flanieren der Menschenmengen. Sie sind entweder auf dem Weg an den Stadtstrand, zum Hafen mit den vielen Fährverbindungen auf die umliegenden Inseln oder in die Altstadt, um sich in einer der unzähligen gemütlichen Bars wie dem Ghetto, Puls oder Fluid einen Drink zu gönnen. Und das Nachtleben in Split geniesst nicht umsonst einen hervorragenden Ruf! Langweilig wird es einem hier bestimmt nicht.