Gestatten, wir sind die Gesichter der Veranstalter an der Front

Für die Retailer sind sie oft erste Ansprechpartner: die Agentenbetreuer der verschiedenen TOs.

In guten Zeiten ernten sie Lob von der Front, in schlechten kriegen sie als Erste ihr Fett weg. Doch wie haben sich die Themen in den letzten Jahren verändert? Wie steht es überhaupt noch punkto Loyalität gegenüber einem Veranstalter in Zeiten von Margen- und Preisdruck? Für TI nehmen Christian Spring (Manager Agent Sales Hotelplan Suisse), Sabine Schuler (Head Agent Sales DER Touristik Suisse), Evelyne Godino-Fürst (Senior Manager Retailer Sales TUI Suisse), Kevin Schmidli (Team Manager Operations FTI) und Rita Murtezi (Direktorin Vertrieb Schweiz Thomas Cook Schweiz) Stellung.

WAS SIND DIE HÄUFIGSTEN FRAGEN, BEDENKEN UND ANREGUNGEN?

Rita Murtezi: «Da viele Reisebüros unsere Hotelmarken noch nicht so gut kennen, erreichen uns hier zahlreiche Anfragen. Die Kommissionen sind selbstverständlich immer ein Thema, wofür ich auch Verständnis habe.»

Kevin Schmidli: «Themen wie Flugausfälle, Flugzeitenänderungen usw. – und wie damit umgegangen wird. Ein weiterer Punkt sind die technischen Tücken, die die Systeme haben und jeder TO ein bisschen anders handhabt. »

Evelyne Godino-Fürst: «In den meisten Fällen geht es um die Zukunft der eigenen Reisebüros und selbstverständlich um die Zukunft der TUI. Oft wird über Digitalisierung philosophiert: Braucht es noch Reisebüros in Zeiten von Onlinekanälen?»

Sabine Schuler: «Fragen tauchen auf, wie man wo was bucht; durch die internen Systemwechsel und die neue Darstellung in den Buchungstools muss man sich daran gewöhnen. Bedenken, wie es mit Kuoni resp. DER Touristik Suisse weitergeht, konnten wir nun klären und durch die Stabilität des Mutterhauses mit den drei Säulen Helvetic Tours, Kuoni und Premium Specialists überzeugen.»

Christian Spring: «Generell werden uns Fragen zu Verfügbarkeiten oder zu attraktiven Preisen, speziell im Bereich Badeferien, gestellt.»

VOR WELCHE HERAUSFORDERUNGEN WERDEN SIE VON DEN AGENTEN GESTELLT?

Rita Murtezi: «Flugplanänderungen und Flugausfälle der Airlines machen auch uns leider immer wieder zu schaffen. Die kooperative und lösungsorientierte Zusammenarbeit mit den Reisebüroprofis ist daher besonders gefragt – da gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren und emotionalen Anrufen von Reisebüros verständnisvoll entgegenzutreten.»

Kevin Schmidli: «Die grösste Herausforderung für uns ist es, die Rolle zwischen FTI und den Agenten auszufüllen. Wenn die Interessen von TO und Retailermarkt doch einmal auseinandergehen, braucht man viel Fingerspitzengefühl, um einen Mittelweg zu finden.»

Sabine Schuler: «Dass alle Neuigkeiten, egal ob Produkteneuheiten oder systemtechnische Tipps, wirklich bei allen Mitarbeitern in den Reisebüros ankommen, ist eine Herausforderung. Also natürlich auch alle Freelancer und Teilzeitmitarbeiter.»

Christian Spring: «Die Agenten erwarten, dass man ihre Anliegen schnell und kompetent bearbeitet.»

Evelyne Godino-Fürst: «Meine tägliche Herausforderung ist, die Agenten zu motivieren und ihnen das TUI-Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.»

HABEN SICH DIE AGENTEN-THEMEN VERÄNDERT? Evelyne Godino-Fürst: «Die Digitalisierung ist immer mehr ein Thema. Mir fällt auf, wie intensiv es diskutiert wird. Krisen und geopolitische Unruhen vergessen die Kunden schneller, die Digitalisierung ist jedoch ein konstantes gesellschaftliches Thema, das uns stark beschäftigt.»

Sabine Schuler: «Konkret hat sich bei uns in den letzten zwei Jahren sehr vieles verändert – und das ist auch gut so. Mit dem Kauf durch die Rewe haben wir heute viel mehr Möglichkeiten, was den Preis und die Produkte anbelangt. Wir stehen auch in regem Kontakt mit unseren deutschen Kollegen vom Agenturservice.»

Rita Murtezi: «Der Margendruck ist allgegenwärtig und der Aufwand bei Flight Changes ist sowohl für die Reisebüros wie auch für uns enorm. Die Reisebüros rufen uns an, weil sie hierbei Unterstützung brauchen, und wir sind dazu da, diese zu leisten.»

Kevin Schmidli: «Das Langstreckenportfolio hat sich bei uns grundlegend geändert, was neue Themen generiert hat. Die Dinge, die den Reisebüros aber wichtig sind, haben sich nicht grundlegend geändert.»

Christian Spring: «Nein, die Themen haben sich nicht verändert.»

WIE STEHT ES MIT DER LOYALITÄT?

Rita Murtezi: «Loyalität zwischen Reisebüros und Veranstaltern ist in meinem Verständnis ein romantischer, nostalgischer Gedanke. Wir befinden uns heute in einer Gesellschaft, in der die Kundenbedürfnisse und der Kundennutzen an erster Stelle stehen. Ein professionell geführtes Reisebüro vergleicht bei substituierbaren Produkten den Preis und die Leistung genau und optimiert gleichzeitig während des Verkaufsprozesses seine Marge.»

Sabine Schuler: «Dies hat sich verändert. Wir hatten zwar viele Reisebüro- Partner, die sich uns auch während der schwierigen Zeit sehr loyal gezeigt haben. Trotzdem ist zu erwähnen, dass der Preis die Loyalität in Frage stellt und die Reisebüros den Kundenwünschen nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis nachgeben müssen.»

Kevin Schmidli: «Dies hat sich definitiv verändert. Im Bereich Kurz- und Mittelstrecke ist der Markt sehr preisgesteuert. Durch die Vergleichbarkeit, auch für die Kunden, hat der Druck auf unsere Partner zugenommen und der Markt ist darauf angewiesen, dass die Abbildung in den CRS korrekt und eine gute Transparenz vorhanden ist. Bei den Fernstrecken ist es uns gelungen, den Mitbewerbern einige Kunden wegzuschnappen.»

Christian Spring: «Die Anzahl der uns gegenüber loyalen Agenten ist in den letzten Jahren stabil geblieben. Dies vor allem auch, weil wir den sich schneller wechselnden Marktbedürfnissen Rechnung tragen.»

Evelyne Godino-Fürst: «Die meisten unserer Agenten setzen seit Jahren auf TUI und schätzen uns als zuverlässigen Partner. Selbstverständlich gibt es auch solche, die etwas sprunghafter unterwegs sind.»

SIND DIE AGENTEN FORDERNDER GEWORDEN?

Evelyne Godino-Fürst: «Ja, sie wollen den besten Preis und die beste Leistung sowie die entsprechende Wertschätzung. Das kriegen sie bei uns. Das Schöne: Im Gegenzug erhalte auch ich viel Wertschätzung von unseren Partnern.»

Sabine Schuler: «Durch die Transparenz, wie auch das grosse Know-how der Mitarbeiter am Schalter und die teilweise Austauschbarkeit der Produkte, kann es sein, dass die Agenten fordernder sind. Selbstverständlich spielt hier auch der Verdienst pro Dossier mit; die Preise werden immer günstiger und die Kunden fordernder, was sich dann auch auf den TO widerspiegelt.

Kevin Schmidli: «Die Agenten haben schon immer gewusst, was sie von einem guten TO-Partner möchten. Da kämpfen wir aber an gleicher Front. Was dem Markt im Daily Business hilft, hilft auch uns und den Kollegen.»

Rita Murtezi: «Kundenorientierung bedeutet, dass sich Reisebüros selbstverständlich für die Anliegen unserer gemeinsamen Gäste engagieren. Das kann auch mal emotional werden. Da bei uns im Service Center mehrheitlich ehemalige Reisebüroprofis arbeiten, haben wir für die Anliegen auch grosses Verständnis.»

Christian Spring: «Die Endkonsumenten sind zum Teil fordernder geworden, was sich wiederum verständlicherweise auf die Agenten überträgt. Für uns bedeutet dies, dass wir diesen sich ständig ändernden Anforderungen gerecht werden müssen.»

DAS ZIEL IST ES, NEUE AGENTEN ZU GEWINNEN UND DIE BESTEHENDEN ZU HEGEN UND PFLEGEN. WIE MACHEN SIE DAS?

Sabine Schuler: «Für neuere und kleinere Agenten ist es sehr vorteilhaft, keinen Mindestumsatz leisten zu müssen – nebst den attraktiven Produkten und der Markenvielfalt. Die bestehenden Kunden werden durch unser grosses Agenturteam bestens informiert und geschult. Studienreisen, Round-Table-Lunch, Frühstücksseminare, Touristiker-Treff, Besserwisser, Verkaufsschulungen, Webinare etc. gehören auch zur Kundenbindung.»

Rita Murtezi: «Der persönliche Kontakt ist mir und dem gesamten Verkaufsteam sehr wichtig. Wir legen sehr viel Wert auf die Qualität unserer Gespräche hinsichtlich Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Um sie persönlich kennenzulernen, organisieren wir liebevoll geplante Kochabende, Dinnernights oder neuerdings auch Summer Chills.»

Evelyne Godino-Fürst: «Ich bin offen und authentisch. Zudem ist mir wichtig, dass ich unseren Partnern den besten Service biete, für alle ein offenes Ohr habe und nie die Motivation für meinen Job verliere.»

Christian Spring: «Unser Fokus liegt auf den bestehenden Agenten, die wir mit unseren Dienstleistungen, den steten Innovationen, verkaufsstützenden Massnahmen wie auch unserem grossen Produkteportfolio aktiv unterstützen, sodass sie ihren Umsatz steigern können.»

Kevin Schmidli: «Wir gewinnen neue Agenten durch einen reibungslosen Ablauf und guten Service – und genauso versuchen wir bestehende Agenturen zu halten. Wir sind bei uns im Vertrieb ein kleines Team und arbeiten sehr eng zusammen. Da sind die Wege kurz und wir können den Reisebüros eine gute Unterstützung anbieten, falls etwas nicht so rund laufen sollte.»

WAS MACHEN SIE BESSER ALS DIE MITBEWERBER?

Christian Spring: «Alles. Aber das können die Agenten sicherlich selber bestätigen …»

Kevin Schmidli: «Das Bier in München soll ganz gut sein.» (schmunzelt)

Evelyne Godino-Fürst: «Ich kenne keine Konkurrenz; wir sitzen alle im selben Boot. Mein oberstes Ziel ist es, unsere Kunden ernst zu nehmen und unsere Partnerschaften intensiv zu pflegen.»

Sabine Schuler: «Wir setzen klar auf den stationären Vertrieb und investieren in die Agenturbetreuung. Wir sind stolz, eine so grosse Palette an Spezialistenmarken unter dem Dach DER Touristik Suisse präsentieren zu können. Die Erfahrung und das Wissen bei den Kollegen ist fast unschlagbar.»

Rita Murtezi: «Bei Thomas Cook stehen Qualität, Service und Zuverlässigkeit im Fokus. Unter anderem sind 40 Qualitätsmanager an unseren Zielgebieten im Einsatz. Unsere Transfers sind pauschal und dynamisch gebucht stets im Preis inbegriffen. Zudem ist Condor auch bei den Schweizern eine beliebte Fluglösung.»

… UND WO SIND IHRE BAUSTELLEN?

Christian Spring: «Nirgends.»

Kevin Schmidli: «Wir können in Sachen Technik und Buchbarkeit, z. B. bei Sammelrechnungen, sicherlich noch Fortschritte machen. Das grosse Portfolio, welches wir anbieten, ist mit der aktuellen Technik nicht immer einfach darzustellen. Da sind wir aber auf dem richtigen Weg.»

Sabine Schuler: «Unsere Baustellen sind unsere Systeme. Durch die Integration in unser neues Mutterhaus sind Veränderungen auf uns zugekommen. Noch konnten nicht alle Verbesserungen umgesetzt werden. Kuoni-Pauschalreisen werden z. B. bald wieder über CETS-Powersearch buchbar sein. Über alle weiteren Fortschritte werden wir laufend informieren.»

Evelyne Godino-Fürst: «Baustellen gibt es bei mir nur auf Schweizer Strassen. (schmunzelt) Ich bin pro Jahr 40000 bis 50000 Kilometer unterwegs und treffe öfters Baustellen an …»

Rita Murtezi: «Wir sind technisch, z. B. auf CETS, noch nicht ganz sorgenfrei. Gleichzeitig warten wir auf die Implementierung von Cook-and-Book und wechseln auf ein neues Midoffice-System. Die Kombinierbarkeit der Einzelleistungen in derselben Buchung ist ein grosser Wunsch, den wir uns damit zu erfüllen versprechen.»

Elisha Schuetz