Hotelplan Suisse rechnet 2021 noch mit dem halben Umsatz

Dank der Migros im Rücken will der grösste Schweizer Reiseanbieter die Durststrecke überstehen.

Hotelplan Suisse blickt auf die trübsten Monate seiner 85-jährigen Geschichte zurück: Nach einem erfreulichen Jahresbeginn bis Mitte März schliesst die Migros-Reisetochter das Corona-belastete Geschäftsjahr 2019/2020 mit tiefroten Zahlen ab. «Wir haben den grössten Verlust, den Hotelplan Suisse je machte», sagt Hotelplan-Suisse-CEO Tim Bachmann ohne eine Zahl zu nennen.

Der Umsatz sei gegenüber den Vorjahr um 65% zurückgegangen und Passagierzahlen sind eingebrochen. «Von Overtourism to No Tourism», wie es Hotelplan-Group-CEO Thomas Stirnimann bei der Präsentation des abgelaufenen Geschäftsjahrs von Hotelplan Suisse.

«Hotelplan wird überleben, aber kleiner werden», so der Konzernchef, der aussergewöhnlicherweise die Präsentation des Jahresergebnisses der Tochter eröffnete. Eine Erholung sieht er in frühestens zwei Jahren. «Wir rechnen 2022 damit, noch 20% weniger Umsatz zu haben als 2019.» Allerdings erwartet er langfristig eine deutlichere Erholung, welche die alten Themen aus der Zeit vor Corona wieder aufs Tapet bringen wird: «Wir werden bald wieder von Overtourism und über Nachhaltigkeit reden», so Konzernchef Stirnimann.

Die Schweiz-Tochter, Hotelplan Suisse, erwartet für die kommenden zwölf Monate noch mit rund 50% des Umsatzes gegenüber dem Geschäftsjahr vor der Corona-Pandemie. Dies unter der Voraussetzung, dass das Reisen spätestens ab Frühling 2021 wieder deutlich grenzenloser möglich sein wird als jetzt. Das wären dann noch knapp mehr als eine Viertelmilliarde. Schon im Jahr, vor Corona, waren Umsatz und Passagierzahlen beim grössten Schweizer Reiseanbieter gesunken. Dennoch resultierte damals bei einem Umsatz von CHF 573 Mio. und 486’000 Passagieren noch ein Gewinn, der allerdings nicht beziffert wurde.

100’000 Kunden wurden storniert

Aufgrund von Einreiserestriktionen, Flugausfällen oder Flugplanänderungen sowie der Risikoländerliste des BAG habe Hotelplan Suisse seit Mitte März 2020 Reisen von rund 100’000 Kunden storniert. Dank Migros als Aktionärin im Rücken habe das Unternehmen jedoch zu keinem Zeitpunkt ein Liquiditätsproblem gehabt und seine Pauschalreise-Kunden stets schadlos gehalten.

«Wir haben sämtliche annullierten Pauschalreisen zeitnah rückerstattet. Die Rückerstattungen seitens der Leistungsträger – insbesondere der Airlines – ging bedauerlicherweise nur sehr schleppend voran. Deswegen verzögert sich leider auch die Auszahlung von Einzelleistungen an unsere Kunden», erklärt Tim Bachmann, CEO Hotelplan Suisse. «Als verlässlicher Partner können sich unsere Kunden jederzeit auf uns verlassen. Unsere Aktionärin Migros hat uns für die nächsten Jahre ihre Unterstützung zugesprochen und wir sind überzeugt, dass wir gestärkt aus der Corona-Krise heraustreten werden», so Tim Bachmann.

Nachfrage wird steigen

Nach den Grenzöffnungen in Europa Mitte Juni 2020 bestand kurzzeitig Hoffnung, dass der Schaden einigermassen in Grenzen gehalten werden kann und Sommer- als auch Herbstferien im Ausland doch noch wie gewohnt möglich sein werden. «Die Buchungskurve stieg an, Ende Juli hatten wir fast das Vorjahr erreicht», sagte Sebastian Kickmaier, Director TO Travelhouse. «Dennoch haben wir kein Geld damit verdient», sagte CEO Tim Bachmann. Nicht einmal die Grenzkosten habe man decken können.

Wegen der Risikoländerliste des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) verblasste diese Hoffnung bereits kurze Zeit später wieder. Und die Zahlen der Übersee-Buchungen, die sonst 90% des Travelhouse-Portfolios ausmachen, «sind einfach nur tragisch», so Kickmaier. Man spüre ein leichtes Anziehen der Buchungen für Fernreisen, «ein Boom ist das aber nicht», ergänzt Bachmann. Das liege einerseits an den hohen Fallzahlen in der Schweiz, welche im Ausland für Restriktionen gegenüber Schweizern führen. Anderseits habe wohl auch die wirtschaftliche Unsicherheit im Lande eine Auswirkung.

Hotelplan Suisse zeigt sich bei der Präsentation des Jahresergebnisses überzeugt, dass die Nachfrage nach Ferien im Ausland wieder deutlich zunehmen wird, sobald ein Impfstoff gegen das Coronavirus gefunden ist und die Einreiserestriktionen der verschiedenen Destinationen aufgehoben werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es jedoch kaum möglich, eine Prognose für das aktuelle Geschäftsjahr (1. November 2020 bis 31. Oktober 2021) abzugeben, da der Verlauf der Corona-Pandemie nicht vorhersehbar ist.

CEO Tim Bachmann empfiehlt kurzfristige Buchungen

Derzeit verzeichnet Hotelplan Suisse Buchungen unter anderem für Ferien auf den Kanarischen Inseln, den Malediven oder in Costa Rica. «Herr und Frau Schweizer sollen bereits jetzt von ihren nächsten Ferien im Ausland träumen. Unsere Mitarbeitenden in den Filialen stehen für entsprechende Beratungsgespräche jederzeit zur Verfügung. Wir empfehlen jedoch, die Buchung der nächsten Ferien möglichst kurzfristig zu tätigen», empfiehlt Tim Bachmann.

«Bei der Hälfte der derzeitigen Reisen liegen Buchung Abreise innerhalb von sieben Tagen», erklärte Nicole Pfammatter, Director Distribution&Marketing. Normalerweise liegt die Zeitspanne bei 90 bis 120 Tagen. Mit kurfristiger Buchung werde Risiko deutlich kleiner, von einer Quarantäneliste oder einem Lockdown überrascht zu werden.

Wegen der flauen Buchungslage hat Hotelplan Suisse 15 seiner noch 86 Filialen vorübergehend geschlossen. Ob weiter Filialen definitiv geschlossen werden oder weiter Personal abgebaut wird, sei noch nicht klar, sagt CEO Bachmann: «Wir geben uns Zeit bis zu den Sportferien, die Lage zu analysieren.»

In den Reisebüros herrscht offenbar weitgehend Grabesruhe. «Wir haben fast keinen physischen Kontakt mehr mit unseren Kunden», so Pfammatter. Es mache auch wenig Sinn, jetzt Offerten für Reisen zu machen, die möglicherweise nie stattfinden können. Dennoch sieht sie einen Silberstreif am Horizont: «Im Frühling wird das Frühlingserwachen sein», ist Pfammatter «felsenfest» überzeugt.

(Christian Maurer)