«Vergangene Erfolge sind kein Garant für zukünftige Erfolge»

Diese Lehre zog der ehemalige Thomas Cook-Boss Dr. Peter Fankhauser aus dem Debakel im Herbst 2019.
Peter Fankhauser (hier am Swiss Travel Day 2015). © Armin Grässl

In einem Interview mit der «Handelszeitung» nimmt Peter Fankhauser Stellung zu den Gründen und Ereignissen um den Konkurs von Thomas Cook, dem ältesten Reiseveranstalter der Welt, zu seinen jetzigen Aktivitäten und zu seinen Zukunftsplänen.

Um ein Haar hätte es geklappt

Es tue im heute noch weh, dass er es mit seinem Kernteam nicht schaffte, Thomas Cook zu retten. Schliesslich hätte es um ein Haar geklappt. Das ‘Haar’, an welchem die Rettung scheiterte war allerdings eine von zwei Banken verlangte Garantie von 200 Mio. Britischen Pfund. Zwar gelang es, die Anteilseigner, inkl. den chinesischen Haupteigner Fosun zu überzeugen, auf 1,7 Mia. Schulden zu verzichten und 900 Mio. frisches Kapital einzuschiessen. Die 200 Mio. Pfund hätten aber von aussen kommen müssen und dafür kam nur der britische Staat in Frage.

Allerdings ist es nicht die Politik der britischen Regierung, in solchen Situationen zu unterstützen und als die Absage kam, war Fankhauser klar, dass es zu Ende ist. Die Folgen waren 150’000 gestrandete Tourist*innen und der Jobverlust von 20’000 Angestellten.

«Ich hatte einen Plan und glaubte daran»

Fankhauser war sich bewusst, welch gewaltiger Schuldenberg der Konzern vor sich her schiebt. Er hatte jedoch einen Plan, wie dieser hätte reduziert werden können. Der Hitzesommer 2018 hätte jedoch alles lahm gelegt, weshalb er eine Gewinnwarnung herausgeben musste. Dann geriet der Riese ins Schwanken.

Der Schuldenberg wurde von Fankhauser’s Vorgängern angehäuft und diesen bremste ihn bei der dringend notwendig gewesenen Transformation von Offline zu Online. Trotzdem hält die «Handelszeitung» fest, dass von ihm wenig Selbstkritik zu hören sei. Auch wenn es am Schluss eine sehr harte Erfahrung war, möchte er diese nicht missen, sagt Fankhauser. Wären die Marktbedingungen nicht so widrig gewesen, hätte der Turnaround geschafft werden können.

Die Lehren die er daraus zog, nach dem der Misserfolg massive Selbstzweifel auslöste, waren, dass es keine Garantie gibt ein sechstes Mal Erfolg zu haben, nach dem man fünf Mal Erfolg hatte und dass er den Fokus weniger darauf legen muss, was er falsch machte sondern darauf, was er daraus lernte.

Selbst wenn die Rettung gelungen wäre, hätte der Konzern die Corona-Pandemie kaum überlebt, sondern nochmals 900 Mio. Pfund zusätzliche Geld verbrannt.

Sind Sie ein Abzocker?

Nach der Pleite nannten die britischen Medien und sogar Premierminister Boris Johnson Fankhauser eine ‘Fat Cat’ (Abozocker), denn er hätte in den fünf Jahren über elf Millionen Pfund kassiert. Fankhauser betont, dass diese Zahlen nicht stimmen. Der Grossteil der variablen Vergütung bestand aus Thomas Cook – Aktien, womit er während der Zeit in England seine Steuern beglich. Nach der Pleite waren die restlichen Aktien dann nichts mehr wert.

Zur Höhe seiner Bezüge bei Thomas Cook will sich Fankhauser nicht äussern. Er hätte jedoch seinen Teil an eine Wiedergutmachungssumme an alle arbeitslos gewordenen Mitarbeiter*innen und geschädigten Hoteliers geleistet.

Die Wiederauferstehung

Fankhauser’s grösste Sorge war das Hadern mit dem Misserfolg. Seine Erkenntnis daraus war: «Es ist keine Schande, umzufallen. Aber es ist eine Schande, nicht wieder aufzustehen».

Er hätte sich geschämt und die Arbeit, den Misserfolg zu verarbeiten könne einem niemand abnehmen sondern man müsse sich selber aus dem Dreck ziehen. Seine Familie hätte ihm dabei sehr geholfen. Somit kam er zu der Einsicht, das vergangene Erfolge kein Garant für zukünftige Erfolge sind.

Auf die Frage, dass man dies doch von Anfang an wisse, antwortet Fankhauser: «Natürlich weiss man das. Aber wenn man auf einer Erfolgswelle reitet, ist das Selbstvertrauen so gross, dass man zu wissen glaubt es zu können. Man sucht ohne zu reflektieren die nächste Herausforderung und vergisst dabei, dass es zum Erfolg immer auch eine Portion Glück braucht.» Diese Glück hatte er bei Thomas Cook nicht.

Als Vorsichtsmassnahme hätten er und seine Familie etwa 14 Tage Personenschutz, aber es gab kaum negative Reaktionen oder gar Anfeindungen.

Beratungs- und VR-Mandate

Nebst seiner Honorarprofessur an der HSG St. Gallen ist Fankhauser heute mit verschiedenen Beratungs- und VR-Mandaten beschäftig. Dazu gehört Beschäftigung als Managing-Partner bei der Beratungsfirma Manres, wo er demnächst in den Verwaltungsrat wechseln wird.

Weitere Mandate hält er bei der bulgarischen Drohnenfirma Dronamics, beim Londoner Start-up Signol, welches Vorschläge für den effizienteren Einsatz von Flugtreibstoff erarbeitet, und beim digitalen deutschen Baustein-Reiseveranstalter Itravel.

Ob die ‘Flughöhe’ bei diesen Mandaten eine ganz andere ist als früher, interessiert Fankhauser nicht so sehr. Er brauche die gewaltige operative Flughöhe nicht mehr sondern sei offen für Rollen in Verwaltungsräten. Dies sei hinreichend interessant und sinnstiftend.

Die Zukunft von Touristikkonzernen

Klassische Touristikkonzerne müssten sich gemäss Fankhauser eines modere mehrere USPs erarbeiten, mit welchen sie sich von der Konkurrenz wie Booking.com oder Expedia abheben können. Dies kann auf technologischer Ebene, mit einem ganz einfachen Instrument bei der Kundenzufriedenheit oder mit datengestützten Destinationskenntnissen sein. Weil die Konsumenten wegen der Pandemie für die nächste Zeit bestimmt die Sicherheit eines Veranstalters suchen werden, gab die Pandemie den klassischen Touristikkonzernen noch etwas Zeit. Aber jetzt ist es höchste Zeit das Thema der Differenzierung anzugehen. (BRA)


Dr. Peter Fankhauser

Alter: 61
Familie: verheiratet, drei Kinder
Wohnort: Bad Homburg, Deutschland
Ausbildung: Studium Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen, Universität St. Gallen
Funktion: Managing Partner bei Manres, Dozent HSG, Startup-Investor

Von allen Vorwürfen in Zusammenhang mit dem Konkurs der Thomas Cook Group wurde Peter Fankhauser nach zweijähriger Untersuchung vom britischen Insolvency Service freigesprochen.