Opinion: SRV paktiert mit dem Teufel

Der Schweizer Reise-Verband (SRV) schliesst sich der Kampagne «Wahlen pro Tourismus 2023» an, die vom Schweizer Tourismus-Verband (STV) lanciert wurde.
Dominique Sudan, Chefredaktor TRAVEL INSIDE (français)

Was haben der SRV, Gastrosuisse, Parahotellerie Schweiz, der Verband öffentlicher Verkehr, die Schweizer Hotellerie, der Alpenclub, Seilbahnen Schweiz, der Verband Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen, die Konferenz der Regionaldirektoren von Verkehrsvereinen und Swiss Snowsports gemeinsam? Nichts, ausser dem Bezug zum Tourismus im weitesten Sinne des Wortes.

Der SRV zögerte jedoch nicht, eine Information des Schweizer Tourismusverbands (STV), des Dachverbands des Incoming-Tourismus in der Schweiz, aufzunehmen, die man als Abstimmungshilfe für die Bundestagswahlen am 22. Oktober bezeichnen könnte.

Die aktivierbare Wahlhilfe führte in vielen SRV-Mitgliedsagenturen sofort zu einem Aufschrei: Die Kandidaten für den National- und Ständerat kämen nicht aus den politischen Parteien, die zu den stärksten Befürwortern der Reisebranche gehören.

Die Rolle dieser ‘Wahlhilfe’ ist zwar zu relativieren, doch muss man die Problematik auch in einen nicht ganz so alten Kontext stellen und daran erinnern, dass der SRV keine Weisungen erteilen, sondern nur Empfehlungen zu politischen Themen abgeben kann.

An vielen GV des SRV wurden Stimmen laut, die dem Verband vorwarfen, dass er in Bundesbern keine wirkliche politische Unterstützung geniesse. Die Mitglieder des Parlaments und des Bundesrats nahmen den Tourismus jahrzehntelang in ihrer überwiegenden Mehrheit nur im nationalen Sinne, d.h. als Incoming, wahr.

Die Reisebranche hatte in Bern nicht einmal einen Stuhl am Tisch, während alle Akteure des Schweizer Tourismus von Lobbyisten und Parlamentariern, die in verschiedenen Verwaltungsräten von Ferienorten, Bergbahnen, Privatbahnen usw. sassen, tatkräftig unterstützt wurden. Der SRV begnügte sich damit, ein nicht immer alljährliches Mittagessen mit einigen unbeschäftigten Parlamentariern zu teilen.

Diese Vermischung von Incoming und Outgoing wog sehr schwer, als eine unglückliche Pandemie die gesamte Tourismusindustrie lahmlegte. Da die Reisebranche keine systemische Bedeutung hatte, existierte sie nicht!

Es brauchte den beispiellosen Einsatz einer Task Force auf nationaler Ebene, angeführt von Max E. Katz, Walter Kunz, André Lüthi, Sonja Laborde und Luc B. Vuilleumier sowie den Präsidenten und Vorständen der verschiedenen kantonalen Reisebüroverbände der Romandie, um die Stimme des Outgoing in der Schweizer Politik hörbar zu machen.

Es war dieser Einsatz – und nur dieser -, der es der Reisebranche ermöglichte, als ‘Härtefall’ anerkannt zu werden und schlussendlich CHF 276 Millionen à fonds perdu zu erhalten.

Politiker von rechts und links haben die Reisebranche während dieser beispiellosen Krise unterstützt. Politiker von rechts und links taten es nicht. Aber wie dem auch sei, die Reisefachleute, die sich auf kantonaler Ebene für die Dossiers eingesetzt haben, wissen genau, woher die vor mehr als zwei Jahren gewährte politische Unterstützung kam.

Indem sich der SRV mit dem STV und seinen Incoming-Partnern für die eidgenössischen Wahlen zusammenschliesst, trägt er weiter zur Verwirrung um den Begriff “Tourismus” bei, die ihm jahrelang schwer zu schaffen gemacht hat.

Wenn man die Spitzenkandidaten der kantonalen Listen mit der Wahlhilfetool Smartvote analysiert, findet man eine Reihe von Personen, die in irgendeiner Weise mit dem Tourismus zu tun haben, aber auf lokaler Ebene.

Damit geht der SRV einen Pakt mit dem Teufel ein.

Dominique Sudan