Gibt es Grenzen für das MSC-Imperium?

Geschätzte Zahlen und neue Entwicklungen erlauben interessante Einblicke in die ständig wachsende Marktmacht des verschwiegenen Genfer Familienunternehmens.
Gianluigi Aponte (83), Gründer und Group Chairman der MSC-Gruppe. ©BE

Die «Bilanz» hat in ihrer neusten Ausgabe die 300 reichsten Schweizer aufgelistet und positioniert die Familie Aponte mit einem (geschätzten) Vermögen von 18 bis 19 Milliarden Franken an fünfter Stelle.

Gianluigi Aponte und seine Gattin Rafaela halten je zur Hälfte die Aktien an der Genfer Mediterranean Shipping Company Holding.

Die ganze Familie ist unverändert operativ eingebunden: Sohn Diego Aponte ist Group President, Tochter Alexa Ponte Vago ist Group Chief Financial Officer und ihr Mann, Pierfrancesco Vago, ist Executive Chairman der Cruise-Sparte. Nur die Container-Sparte wird mit Soren Torft durch einen «externen» Manager geführt.

Marktleader im Logistik-Segment

Das Imperium des verschwiegenen Familienunternehmens, das keine Zahlen veröffentlichen muss, ist in der Tat beeindruckend: Die von Gianluigi Aponte vor über 50 Jahren gegründete Fracht- und Container-Reederei MSC, das Kernstück der Gruppe, ist heute mit über 760 Schiffen die grösste Reederei in diesem Segment.

Diese Sparte wurde bereits 2000 mit der Gründung von TIL (Terminal Investment Limited) gestärkt, die inzwischen über 70 Containerterminals in rund 30 Ländern betreibt. Derzeit sorgt eine geplante Übernahme von 49% an der Hafenlogistik in Hamburg durch MSC für Diskussionen und Befürchtungen in der Hansestadt.

Mit dem eigenen Logistik- und Speditionsunternehmen Medlog weitete MSC zudem in rund 70 Ländern ihre erdgebundene Logistik-Kompetenz aus, und durch die Übernahme von Bolloré Africa Logistics gehören inzwischen auch Häfen, Terminals und Eisenbahnlinien in Afrika und Indien zum MSC-Logistik-Imperium.

Aufstrebende Macht im Cruise-Bereich

Mit MSC Cruises entwickelt sich das Unternehmen auch im Kreuzfahrtbereich stürmisch. Der Einstieg erfolgte 1987 mit der Übernahme der Flotta Laura, nach der Jahrtausendwende nahm die zuvor schon umbenannte MSC Cruises mit fortlaufenden Serien von Neubauten so richtig Fahrt auf.

Heute gehört MSC Cruises mit aktuell 22 Schiffen hinter den börsennotierten amerikanischen Grosskonzernen Carnival Corporation, Royal Caribbean Group und Norwegian Holdings zu den führenden Kreuzfahrtunternehmen der Welt. Die neuste Bauserie der World-Klasse wird mit drei weiteren Neubauten fortgeführt.

Mit Explora Journeys hat MSC zudem im letzten eine neue Luxus-Reederei begründet, die in einigen Jahren sechs Neubauten betreiben soll. Aber auch die Fährreedereien Grandi Navi Veloci (GNV) und SNAV sind Teil der MSC-Gruppe.

Milliarden-Umsätze – Milliarden-Gewinne

MSC wird noch mit einer Reihe weiterer Beteiligungen in Verbindung gebracht. So ist die Gruppe etwa auch an Mediclinic International beteiligt, zu der u.a. auch die Hirslanden-Gruppe gehört. Kürzlich erfolgte zudem der Einstieg beim italienischen Superschnellzug Italo und der italienischen Aliscargo Airlines.

Das Geflecht der MSC-Gruppe ist heute kaum mehr überblickbar, Spekulationen über die erwirtschafteten Zahlen sind entsprechend gewagt. In gewissen Medien kursierten kürzlich einige Zahlen, die möglicherweise einen Hinweis geben.

Demnach soll der Umsatz der MSC-Gruppe im Boomjahr 2022 der Container-Sparte geschätzte 86 Mrd. Euro betragen haben und einen Gewinn vor Steuern und Gewinn (Ebit) von ca. 35 Mrd. Euro abgeworfen haben. Durch solche Zahlen relativiert sich die von «Bilanz» angeführte Verschuldung von MSC über 26 Mrd. Euro massiv.

Obwohl das globale Container-Geschäft, der eigentliche Treiber der Expansion von MSC, sich derzeit zurückhaltend entwickelt, dürfte der MSC-Gruppe der Schnauf für weitere Entwicklungen vorläufig nicht ausgehen. Dass MSC dabei auch viel Geld in Themen der Nachhaltigkeit investiert, darf dabei durchaus angemerkt werden.

Beat Eichenberger