«Nicht mehr so einfach jemanden zu finden, der ins Reisebüro passt»

Heidi Berni, Lehrlingsverantwortliche Helbling Reisen, über das Ausbilden von Lernenden.
Heidi Berni, Helbling Reisen, Teufen

Heidi Berni, Lehrlingsverantwortliche Helbling Reisen, gibt Auskunft über die Ausbildung einer Lehr-Person im Reisebüro.


Gratuliere dir und deiner Lernenden zur bestandenen QV 2024!

Dieses Jahr haben wir keine Lernende. Wir bilden alle 3 Jahre aus und haben im 2020 begonnen. So war der Abschluss im 2023.

Bleibt sie bei Helbling oder geht sie woanders hin?

Sie hat uns noch etwas unterstützt bis Ende 2023 und wollte sich neu orientieren.  Ausserdem war es nicht möglich bei Helbling zu bleiben, da wir keine offene Stelle hatten.

Ihr seid einer der wenigen Arbeitgeber in der Branche, der konstant ausbildet. Wie kommt das?

Als einer der wenigen grösseren unabhängigen Büros, finden wir, dass es unsere Aufgabe ist ebenfalls auszubilden. Helbling Reisen hat schon immer ausgebildet. Dann kam mal eine Zeit ohne Lernende/Lernender und seit 2020 sind wir wieder dabei. Ausgerechnet während Corona….

Wie lange machst du das schon und was ist deine Motivation?

Ich betreue junge Erwachsene schon seit 2000. Mich motiviert, dass ich mein Wissen und meine Begeisterung für diese Arbeit vermitteln kann.

Personalmangel. Das Unwort der Branche. Und trotzdem bilden immer weniger Unternehmen aus. Warum denkst du, ist das so?

Es ist ein Zeitaufwand. Und Zeit ist in unserer Branche je länger je mehr Mangelware. Alles muss schnell gehen und die Ausbildung geht leider nicht zack-zack. Man muss sich Zeit nehmen, erklären, beobachten, instruieren, korrigieren, motivieren etc. Und es ist nicht mehr so einfach jemanden zu finden, der ins Reisebüro passt.

Wie sollen sich Schüler am besten bei euch bewerben, damit sie in die engere Runde kommt? Was müssen Lernende mitbringen?

Mir ist es wichtig, dass die Bewerbungen schon das Interesse an Reisen widerspiegeln. Ist jemand an Sprachen, Umgang mit Menschen, interessiert an anderen Kulturen und mag auch noch Geografie? Ja, dann sind sie bei mir richtig.

Offenheit, Kommunikationsfähigkeit, freundlich und geht auch selbst gerne in die Ferien sind schon mal ein guter Start.

Was ist ein No-Go?

Wenn jemand «nur» eine KV Ausbildung will, also eigentlich nicht weiss was es sonst noch gibt und daher denkt mit dem Computer zu arbeiten, reicht im Reisebüro.

Bist du alleine verantwortlich für die Lernenden oder bilden andere Mitarbeiter auch aus?

Ich bin zwar verantwortlich aber bei der Betreuung helfen alle mit. Ich gebe die Leitplanken vor, da der Ausbildungsplan von mir erstellt wird. Aber vieles ist Training on the Job. Da bin ich froh, dass alle unterstützen.

Bei uns ist es noch etwas speziell da die Lehre gesplittet ist. 1 ½ Jahre ist man in Teufen und 11/2 dann in Gossau. Teufen ist ein 3-Frauen Büro und etwas gemütlicher und familiärer. So ist der Start ins Berufsleben etwas stressfreier.

In Gossau gibt es dafür eine Geschäftsreisen Abteilung, wo der Flug Teil intensiv gelernt wird. Danach erfolgt der Wechsel ins Frontoffice von Gossau, für Verkauf- und Kundengespräche. Ebenfalls ist in Gossau die Buchhaltung, Marketing und die Gruppenreisen Abteilung. So erhält die Ausbildung alles was man später braucht.

Und machen sie das freiwillig oder kommt es vor, dass sie halt müssen?

In Gossau gibt es dann auch wieder je nach Abteilung eine Ansprechperson respektive zwei. Ich bin sehr froh, dass sie es freiwillig machen. Wenn nicht, dann müssten wir wohl einen anderen Weg wählen. Daher auch die Wahl nur alle 3 Jahre jemanden auszubilden.

Was hat sich in den letzten Jahren in der Lehre verändert?

Inhaltlich ist alles etwa gleich. Basis ist auch immer noch das KV. Klar haben wir mehr Hilfsmittel als früher und mit den Systemen ist immer etwas Neues dabei. Damit wird alles schneller und effizienter. Im Grundsatz geht es aber immer noch darum Reisen zu verkaufen.

Es wird viel über die Gen Z geschrieben und «gemeckert». Was stellst du fest bei den Jugendlichen in Sachen Arbeitsethik, Engagement, Motivation?

Das ist natürlich ganz unterschiedlich. Kann man eine ganze Generation in einen Topf werfen? Hier kommt es doch auf das Individuum an. In jeder Generation gibt es weniger motivierte Jugendliche, manche sind sehr engagiert und wollen viel erreichen und andere wieder nicht.

Das gibt es meiner Meinung nach in jeder Generation. Dann ist es wichtig, beim Schnuppern herauszufinden ob es passt oder nicht. Unsere Lernende ist sehr motiviert, möchte lernen und etwas erreichen und das freut mich sehr.

Was muss die Branche noch besser machen in Sachen Ausbildung?

Es wäre schön, auch mal die Erfahrungen von anderen Büros zu erfahren. Vielleicht könnte man mal ein Treffen organisieren, wo ein solcher Austausch möglich wäre. Ich glaube nämlich, dass es immer unterschiedliche Möglichkeiten gibt, jemanden auszubilden.

Wie äussert sich der Wechsel auf KV2022 in der Betriebsausbildung?

Das ist eine gute Frage. Es ist schon sehr komplex und manchmal auch schwer nachzuvollziehen. Gewisse Sachen sind etwas abstrakt und schwierig in den Arbeitsalltag zu integrieren oder umzusetzen. Manchmal bin ich nicht sicher ob wir es richtig machen.

Die Praxisaufträge sind sehr umfangreich und arbeitsintensiv für die Lernenden wie auch für die Ausbildner. Da nun der Betreib und auch im Ük ein Notenteil erarbeitet wird, muss man die Arbeit wirklich sehr im Auge behalten und den Fortschritt ausführlich dokumentieren.

Wie viele Lernende fangen im August bei euch an?

Leider niemand. Erst wieder im 2026.

Interview: TI