«Ausbildung von Lernenden ist eine bereichernde Investition in die Zukunft»

Dominique Mall, Ausbildungsverantwortliche, HR Dertour Suisse AG, über das Ausbilden von Lernenden.
Dominique Mall ©zVg

Dominique Mall, Ausbildungsverantwortliche, HR Dertour Suisse AG, gibt Auskunft über die Ausbildung von Lernenden im Reisebüro.


Dominique Mall, gratuliere dir und deinen Lernenden zur bestandenen QV 2024! Haben alle bestanden?

Besten Dank! Und Ja, wir freuen uns sehr, dass alle bestanden haben.

Wie viele von ihnen bleiben auch in Zukunft bei Dertour?

Von insgesamt 17 Lernenden bleiben 11 Lernende weiterhin bei uns.

Warum bleiben nicht alle?

Die Gründen sind jedes Jahr sehr ähnlich: Zivildienst, Rekrutenschule, Ausland-/Sprach- oder Aupair-Aufenthalte, Nachholung Vollzeit-BM oder andere externe Anstellungen.

Ihr seid der Arbeitgeber in der Branche mit den meisten Ausbildungsplätzen. Wie kommt das?

Unser Nachwuchs ist unsere Zukunft: Als grösster Ausbildungsbetrieb sehen wir die Ausbildung als Investition – für unsere aber auch für die Zukunft der Branche.

Wir legen grossen Wert auf die soziale Verantwortung, sehen es als Herzensangelegenheit junge Menschen für unsere Branche zu begeistern. Es ist uns als Unternehmen auch sehr wichtig jung zu bleiben.

Personalmangel. Das Unwort der Branche. Und trotzdem bilden immer weniger Unternehmen aus. Warum denkst du, ist das so?

Weil es leider ein «Teufelskreis» ist. Um Lernende auszubilden, benötigt man qualifiziertes Personal und Ressourcen. Mit Personal-, Zeit- und Ressourcenmangel ist eine kompetente Ausbildung von Lernenden schlichtweg nicht möglich.

Die Ausbildung und Betreuung von Lernenden ist aufwändig und zeitintensiv – aber auch sehr wichtig und wie schon oben erwähnt eine Investition, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Ich bin daher äusserst dankbar, dass wir so viele tolle Ausbildnerinnen und Ausbildner haben, welche jeden Tag die Extrameile gehen und unsere Lernenden mit sehr viel Herzblut, Wissen und Engagement ausbilden und begleiten. Daher wünsche ich mir, dass die sehr prägende Rolle unserer Ausbildnerinnen und Ausbildner noch mehr Anerkennung, Unterstützung und Wertschätzung verdient.

Natürlich sind wir gerne der grösste Ausbildungsbetrieb in der Schweizer Reisebranche und nehmen unsere soziale Verantwortung auch sehr ernst – und dennoch, ist die Sicherstellung einer professionellen Betreuung eine Herausforderung, die es zu stemmen gilt.

Das heisst, dass Qualität vor Quantität steht und wir unsere Lehrstellen immer sehr genau prüfen.  Auch sehen wir uns hin und wieder gezwungen, Ausbildungsplätze zu begrenzen, wenn die nötigen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Wie sollen sich Schüler am besten bei euch bewerben, damit er in die engere Runde kommt? Was müssen Lernende mitbringen?

Wir nehmen Bewerbungen online via unser Bewerbungstool entgegen. Formvorschriften gibt es da keine. Grundsätzlich gilt, je auffälliger und kreativer, desto besser. Gerade z.B. ein persönliches Video statt ein klassisches Motivationsschreiben kommt sehr gut an.

Neben soliden schulischen Leistungen muss in der Bewerbung zwingend erkennbar sein, warum genau die Ausbildung bei uns und in der Reisebranche absolviert werden möchte. Wir möchten schon in der Bewerbung die Begeisterung rund um das Thema Reisen spüren.

Was ist No-Go?

Standard-Bewerbungen mit nichtssagenden Floskeln, offensichtliche Schreibfehler oder unvollständige Unterlagen. Eine ungenügende Vorbereitung bzw. keine vorgängige Auseinandersetzung mit der Lehre oder dem Unternehmen wirken sich auch nicht positiv aus.

Sind die Ausbildner in den Abteilungen geschult bzw. haben sie den Berufsbildner Basiskurs besucht? Und machen sie das freiwillig oder kommt es vor, dass sie halt müssen?

Ja, alle unsere Ausbildnerinnen und Ausbildner besitzen den offiziellen Berufsbilderausweis und haben zudem das Ausbildner-Seminar vom SRV besucht. Das ist bei uns eine Selbstverständlichkeit und wir sind froh, dass unser Ausbildnerinnen und Ausbildner offen für jegliche Art von Weiterbildung sind.

Wenn wir die Auflagen nicht erfüllen oder es vorübergehend in einer Abteilung an einer passenden Betreuungssituation fehlt, dann bilden wir dort nicht aus oder setzen ein Jahr aus, bis wir dies wieder gewährleisten können.

Es ist uns ein grosses Anliegen, dass unsere Ausbildnerinnen und Ausbildner auch intern unterstützt werden. Wir bieten regelmässige Schulungen an oder treffen uns für einen Austausch. Seit 2023 haben wir sogar einen offiziellen, jährlichen Weiterbildungs-Tag exklusiv für alle unsere Ausbildnerinnen und Ausbildner Schweiz eingeführt.

An diesem Tag finden neben einer CEO-Ansprache, diverse Workshops zu unterschiedlichen und wählbaren Themen mit externen Referentinnen und Referenten, gemeinsame Gespräche, ein Mittagessen und ein Apéro statt. Es ist uns auch wichtig, dass sich unsere Ausbildnerinnen und Ausbildner gegenseitig kennen, sich austauschen und unterstützen können.

Lernende ausbilden ist keine Einzelaufgabe, sondern eine Team- und Unternehmensverantwortung. Wie sagt man so schön in der Erziehung – sorry, ich bin Mami von zwei Kleinkindern: Um ein Kind zu erziehen braucht es ein ganzes Dorf. Bei den Lernenden sehe ich dies genauso und wünsche mir, dass hier allgemein noch mehr zusammengearbeitet wird.

Zudem haben wir unser Ausbildungs-HR als zentrale Anlaufstelle, bei Fragen oder Schwierigkeiten – für Lernende aber auch Ausbildnerinnen und Ausbildner.

Es wird viel über die Gen Z geschrieben und «gemeckert». Was stellst du fest bei den Jugendlichen in Sachen Arbeitsethik, Engagement, Motivation?

Ich finde das Generationen-Thema äussert spannend, beschäftige mich gerne damit und dennoch «schubladisiere» ich nicht gerne. Jede Generation bringt andere und neue Chancen und Herausforderungen mit sich. Das ist und war schon immer so.

Bei der Gen Z  kann man vielleicht sagen, dass es sehr wichtig, dass wir ihnen auf Augenhöhe begegnen, ihnen viel Aufmerksamkeit schenken und ihnen die Sinnhaftigkeit und die Konsequenz der verschiedenen Arbeiten genaue erläutert. Hiermit haben wir stets gute Erfahrungen gemacht und können uns nicht über mangelnde Motivation oder mangelndes Engagement beschweren.

Was muss die Branche noch besser machen in Sachen Ausbildung?

Grundsätzlich machen wir schon vieles sehr gut, das zeigt sich daran, dass wir weiterhin eine attraktive Branche sind und unsere Lehrstellen gefragt sind. Wir müssen auch weiterhin mit der Zeit gehen, damit wir für die heutige Generation interessant und auf dem Radar sind. Sehr wichtig ist auch eine klare Perspektive, nach der Ausbildung darf nicht «Endstation» sein.

Es braucht aber auch noch mehr Verständnis, Unterstützung und Anerkennung für die sehr verantwortungsvolle und herausfordernde Ausbildungs-Aufgabe. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass unsere Mitarbeitenden, welche sonst schon eine sehr grosse Verantwortung tragen und teilweise eine hohe Arbeitsbelastung stemmen noch zusätzlich Lernende ausbilden.

Gleichzeitig sind Lernende keine «günstige Arbeitskräfte», sondern haben eine professionelle Ausbildung, Betreuung und enge Begleitung verdient. Hier gilt es eine gute Balance zu finden.

Wie äussert sich der Wechsel auf KV2022 in der Betriebsausbildung?

Wir schliessen bald das 1. Lehrjahr mit der neuen Bildungsverordnung ab. Grundsätzlich sind wir zufrieden damit, auch wenn es für konkrete Äusserungen noch zu früh ist und wir alle noch weitere Erfahrungen sammeln.

Fakt ist, dass es sicher eine Umgewöhnung ist – wie bei jeder Reform – und es schon einen grossen Initialaufwand benötigt, um sich wieder in die neue Struktur einzudenken und die ganze Ausbildungsplanung anzupassen. An dieser Stelle möchte ich allen unseren Ausbildnerinnen und Ausbildner herzlich danken, dass sie die Reform so gut aufnehmen und tragen. Das zeigt auch, dass unsere Branche flexibel ist und sich gewohnt ist, schnell an Veränderungen anzupassen.

Wie viele Lernende fangen im August bei euch an?

Im August beginnen bei uns 31 neue Lernende in unterschiedlichen Bereichen, inklusive Branche D&A, ICT und Mediamatik. Auch für 2025 planen wir wieder rund 30 neue Ausbildungsplätze.

Interview: TI