Wir gehen davon aus, den Rekord aus 2019 zu erreichen oder gar zu übertreffen

Yalçın Lokmanhekim, GM der Türkiye Promotion and Development Agency (TGA) zur Nachfrage 2020 und 2021, zu den Aussichten für 2022, zur wirtschaftlichen Lage und zu den touristischen Neuheiten in der Türkei.
©TGA

Herr Lokmanhekim, wie hat sich das Tourismusaufkommen aus der Schweiz im Jahr 2021 im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt?

Im Jahr 2021 übertraf die Zahl der Schweizer Touristen in der Türkei die Besucherzahlen aus dem Jahre 2020 deutlich. Aufgrund dieser positiven Entwicklungen gehen wir davon aus, das Rekordaufkommen von 2019 in diesem Jahr zu erreichen oder gar zu übertreffen. Wir hoffen, dass sich der Aufwärtstrend fortsetzt, und freuen uns, dass die Reiseveranstalter mehr direkte Charterflüge ab Genf, Zürich, Basel und Bern zu verschiedenen Reisezielen anbieten. Dies unterstreicht das stetig wachsende Interesse des Schweizer Marktes.
Im letzten Jahr sahen wir trotz Covid-19-Pandemie eine positive Auswirkung auf die Besucherzahlen. Diese Entwicklung verdanken wir insbesondere dem in 2020 erfolgreich lancierten «Safe Tourism Certification Program». Die Zertifizierung umfasst Massnahmen, die das Wohlbefinden und die Gesundheit von Gästen und Mitarbeitenden sicherstellen. Bis heute wurden an die 12 000 touristische Einrichtungen nach den entsprechenden Standards ausgestattet.

Welche Erwartungen haben Sie bezüglich dem Markt Schweiz im Jahr 2022?

Die Schweiz war stets ein Markt mit grossem Interesse an der Türkei, wofür die kulturellen Sehenswürdigkeiten, die einzigartige Natur und die mit der Blauen Flagge ausgezeichneten Strände Schlüsselfaktoren bilden. Darüber hinaus legen wir Wert auf die Einführung attraktiver Konzepte und neuer Destinationen. Die Türkei verfügt über zahlreiche kulturelle und historische Reichtümer. Aktuelle Trends und Konzepte werden laufend begutachtet und in die digitalen und klassischen Werbestrategien integriert. Wir sind bestrebt, dies in unseren Quellmärkten optimal zu reflektieren.
Für das Jahr 2022 erwarten wir eine positive Resonanz des Schweizer Marktes. Die Türkei wird eine Reihe neuer Destinationen anbieten und Ferienarten einführen, die über den Strandurlaub hinausgehen. Spezielle Themen- und Kulturreisen sollen Schweizer Besucher anlocken. Neben den Stränden an der Küste werden kulturelle und historische Aspekte hervorgehoben: Natur- und Nationalparks, Freilichtmuseen und neue archäologische Entdeckungen stehen im Mittelpunkt. Die Kombination von Strand mit kulturellen Themen soll ein neues Produkt schaffen, das im Schweizer Markt Anklang findet.

Welche Marketing- und Werbeaktivitäten sind für den Schweizer Markt im 2022 geplant?

Wir investieren in die Förderung der Marke Türkiye Tourismus, besonders auch in der Schweiz. Hauptziel ist es, die qualitativ hochstehenden Unterkunftsmöglichkeiten hervorzuheben. Mit Online-Marketingaktivitäten über GoTürkiye und Kampagnen im Print sollen die Türkei und unsere lokalen Partner von erhöhter Sichtbarkeit profitieren.
Geplante Medienreisen mit Schwerpunkt auf kulturelle Themen heben Izmir und Umgebung, Antalya, Kappadokien, Istanbul und Erzurum als wichtigste Reiseziele hervor. Nebst diesen Big Playern sollen Orte wie Canakkale, Erzurum und Karahantepe sowie Sanliurfa vorgestellt werden.
Schliesslich werden mehrere Studienreisen geplant mit dem Ziel, verschiedene Destinationen vorzustellen, die in den letzten Jahren aktiv ihr touristisches Angebot erweiterten.

Wie wirkt sich die starke Inflation in der Türkei auf die Preise der touristischen Leistungsträger aus?

Die Türkei war eines der wenigen Länder, die 2020 mit einem Wachstum von 1,8 Prozent abschliessen konnten, und rechnet für das Jahr 2021 mit einem Wachstum von rund 10 Prozent. Wir gehen davon aus, dass auch im Jahr 2022 der Export- und der Tourismussektor zum Wachstum beitragen werden.
Da die Preise für internationale Pauschalreisen in ausländischer Währung festgelegt werden, wirkt sich der Anstieg der Wechselkurse nicht wesentlich auf die Reisepreise aus.
Die Türkei hat das Jahr 2021 mit mehr als 30 Mio. Touristen und 24,5 Mia. Dollar an Einnahmen abgeschlossen. Für das Jahr 2022 wird mit Einnahmen von 35 Mia. Dollar gerechnet. Ein wichtiger Faktor für diese Dynamik ist der prozentuale Anstieg der Tourismuseinnahmen. Während das Pro-Kopf- Einkommen von 647 Dollar im Jahr 2018 auf 834 Dollar gestiegen ist, soll dieses bis 2022 auf total 890 Dollar weiter zunehmen. Mit der Fortsetzung des V-förmigen Aufschwungs im Tourismus rechnen wir im Jahr 2023 mit 50 Mia. Dollar an Tourismuseinnahmen.

Was sind die wesentlichen Neuheiten in den touristischen Gebieten?

Der Hauptgrund für die Entwicklung im Tourismussektor ist die Umsetzung qualifizierter, langfristiger Projekte. Mit richtiger Förderung, Investitionen und Unterstützung wird das Potenzial der Türkei mit einer globalen Ausrichtung bewertet und entwickelt. In den letzten Jahren war Istanbul wichtiger Pfeiler dieser Investitionen mit der Schaffung der Beyoglu-Kulturroute. Zahlreiche Gebäude wurden restauriert und neue Strukturen eingeführt.
Die Beyoglu-Kulturroute wurde am 29. Oktober 2021 mit einem Festival gefeiert, bei dem auch das Atatürk-Kulturzentrum eingeweiht wurde, welches das jüngste touristische Highlight Istanbuls ist. Die Eröffnung des Galataports macht Istanbul zudem zu einem wichtigen Kreuzfahrtziel. Die Perle des Bosporus, der «Maiden Tower», das zweite Bauwerk, welches nebst dem Galata-Turm in ein Museum umgewandelt wurde, wird in diesem Jahr für Besucher geöffnet.
Investitionen in den Küstentourismus beinhalten die Eröffnung des historischen Unterwasserparks von Canakkale für den Tauchtourismus. Investitionen in die Infrastruktur wurden in Bodrum und Antalya, unter anderem in die Restaurierung der Burg von Bodrum, getätigt.
Zahlreiche Ausgrabungen werden fortgesetzt und das Sanliurfa-Projekt zur Erforschung des Neolithikums wurde 2018 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen und schreitet voran. Es ist bekannt, dass das Sanliurfa-Forschungsprojekt zur Jungsteinzeit das umfassendste jemals in der Türkei durchgeführte archäologische Projekt ist.
Das Sümela-Kloster in Trabzon, eine wichtige touristische Stätte am Schwarzen Meer wurde restauriert und für Besucher geöffnet.
In Kappadokien, mit seinen einzigartigen geologischen Merkmalen, wurden Studien zum Schutz des Gebiets und zur Steigerung des Einkommensanteils durchgeführt. Die Kirchen der Heiligen Nikola, Theogeles, Stefanos und Johannes Prodromos und das Keslik-Kloster, die 2022 restauriert wurden, sollen ab 2023 für den Tourismus erschlossen werden.

Hans-Peter Brasser