Wie fair sind Geschäftsreisen bei Schweizer Firmen wirklich?

Eine Studie an der Luzerner Hochschule zeigt ein anderes Bild als Branchenumfragen.
Nachhaltigkeit, Globus, Naturschutz, Tierschutz, Klima

Es hängt von der Umfrage ab, aber die Zahlen sind doch erstaunlich hoch: Bis zu 89% der Geschäftsreisenden wollen Massnahmen ergreifen, um die Umweltauswirkungen ihrer Reisen zu reduzieren. Die Organisation Fair unterwegs, die sich für nachhaltigen Tourismus einsetzt, liess bei der Hochschule Luzern eine Studie zur Frage erstellen: Wie steht es um Menschenrechte und Klimaschutz bei Geschäftsreisen von Schweizer Unternehmen?

Die Fragestellung «Wie fair sind Geschäftsreisen?» wurde in acht Forschungsfragen unterteilt zu Themen wie Travel Policy und Reglemente, Nachhaltigkeitsstandards und -Labels oder Umsetzungsmechanismen und Anreizsysteme. Das Kernstück der Studie ist eine Online-Umfrage bei Geschäftsreisenden, Nachhaltigkeitsverantwortlichen und Geschäftsreise-Verantwortlichen.

Nun liegen Business Traveltip die wichtigsten Umfrageergebnisse vor. Eher überraschend angesichts der mehrheitlich anderslautenden Resultaten in Studien von Geschäftsreiseanbietern und ihren Dienstleistern: Die Mehrheit der Teilnehmenden bevorzugt eigentlich Onlinemeetings. Dies steht in einem gewissen Widerspruch zu Umfrageergebnissen aus der Branche, wonach Geschäftsleute nur darauf warteten, wieder mehr zu reisen, während die Finanzverantwortlichen der Firmen eher auf die Bremse stehen und weniger Reisen genehmigen möchten.

Klimaschutz ist nicht gleich Nachhaltigkeit

Die Geschäftsreisen sind nur mässig dokumentiert. Die Hälfte der Befragten erfassen laut der Luzerner Hochschulstudie Daten wie die Aufenthaltsdauer, Anzahl der Reisen und CO2-Emissionen ihrer Geschäftsreisen. Der Fokus liegt somit auf Klimaauswirkungen. Mithin besteht für den Studienauftraggeber Fair unterwegs die Gefahr, «dass Klimaschutz mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt wird».

Reiserichtlinien werden bei der Planung einer Geschäftsreise als wichtig und verbindlich betrachtet. Derzeit beziehen sie sich vor allem aufs Klima, während andere Bereiche wie Menschenrechte und Tierschutz momentan kaum Beachtung finden. Umgekehrt erachtet die Mehrheit der Befragten Nachhaltigkeitsszertifikate als eher unwichtig.

Nachhaltigkeit muss von der Führung vorgelebt werden. Dies geschieht auch bei der Mehrheit der Unternehmen, allerdings engagiert sich nur ein Drittel der Führungskräfte stark oder sehr stark.

Auch in dieser Studie bestätigt sich der Trend: «Es wird weniger gereist, dafür länger». Bei Anreizsystemen und Umsetzungsmechanismen gehen die Meinungen der Befragten auseinander. Am meisten Anklang findet die Implementierung von verbindlichen Vorgaben.

Nicht alle Anreize sind richtig

Für die Mehrheit ist es ein Anreiz, Geschäftsreisen mit einem verlängerten Wochenende, mit Arbeit und Ferien (Workation) oder auch Geschäft und Freizeit (Bleisure Travel) verbinden zu können. Erstaunlicherweise erachten 80% der Befragten Loyalitätsprogramme, also Vielfliegerprogramme, als eher unwichtig.

Aufgrund der Studienergebnisse findet Fair unterwegs. im Zentrum fairer Geschäftsreisen sollten Reiserichtlinien, die alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen sozial, ökonomisch und ökologisch  enthalten. Standards für Menschenrechte und Klimaschutz könnten bedeuten, dass nur noch Partnerunternehmen berücksichtigt werden, welche nachweislich, zum Beispiel durch Zertifikate, die Menschenrechte einhalten.

Entscheidend sei auch, dass die Führungsebene sich auch an die Vorgaben hält und engagiert vorangeht. Auch die Einführung von Anreizsystemen fördere faire Geschäftsreisen. Anreize könnten die interne Bepreisung des CO2-Ausstosses sein, Anrechnen der Fahrzeit als Arbeitszeit oder Motivationen zum Verlängern der Aufenthaltsdauer. Umgekehrt sollten Loyalitätsprogramme abgeschafft werden.

Die Studie war eine Bachelorarbeit an der Hochschule Luzern im Studiengang Tourismus. Dabei wurde eine halbstandardisierte Online-Umfrage durchgeführt, die über diverse Kanäle gestreut worden ist. Der Rücklauf betrug 116 Antworten. Davon stammen 93 aus der Schweiz und Lichtenstein. Die Antworten sind nicht repräsentativ, aussagekräftig sind sie nach Aussage der Hochschule dennoch.

Am Dienstag, 3. Oktober organisiert Fair unterwegs ein Webinar zu fairen Geschäftsreisen in Schweizer Unternehmen. Dabei stellt die Autorin Melanie Widmer ihre Studie vor und Jon Andrea Florin, Geschäftsleiter von Fair unterwegs, zeigt auf, wie sich bei Geschäftsreisen Menschenrechte und Klimaschutz berücksichtigen lassen. Zur Anmeldung info@fairunterwegs.com

(Business Traveltip)

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