Der Online-Vertrieb in Deutschland legt weiter zu

Der Online-Vertriebs im Reisesektor in Deutschland ist weiter gewachsen – dennoch legen 37% der Kunden auch Wert auf die persönliche Beratung.
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In Deutschland befindet sich der Online-Vertrieb weiter auf einem stabilen Wachstumspfad. Nach einem Anteil von 46% 2010, lag er 2023 bei 59%, ein Plus von einem Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahr, erläutert Ulf Sonntag von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR).

Plus für digitale Buchungen, stabiler stationärer Vertrieb

Dabei vertrauten viele Kunden aber nicht nur allein den Plattformen und Webseiten, sondern wollten sich auch in persönlichen Gesprächen über ihren nächsten Urlaub informieren. Zwar sei der Anteil seit 2010 um neun Prozentpunkte gefallen, habe sich im vergangenen Jahr mit 37 Prozent gegenüber 2022 kaum verändert.

Kaum Verschiebungen gebe es bei Buchungen per E-Mail oder Telefon, der Anteil liege weiter bei 14 Prozent. Dabei seien aber auch Überschneidungen zu erkennen, denn es gebe Verbraucher die sich auf einem Weg informierten und dann auf einem anderen Weg buchten.

63% (2019: 61%) würden, nur analog dagegen 33% (2019: 29%). «Hier sind keine grossen Sprünge mehr zu erwarten, denn 92% der Menschen sind online», so Sonntag. Besonders beliebt sind die digitalen Buchungskanäle bei Kurzreisen (82%), lange Urlaubsreisen reservierten sich 59% gerne online.

«Insgesamt werden rund 63% aller Reisen mit mehr als einer Übernachtung ausschliesslich digital gebucht.» Veränderungen gebe es aber beim Blick auf die Reisetypen. Eine starke Dynamik sie den Pauschalreisen zu erkennen, der Online-Anteil sei von 33% (2019) auf 42% (2022) angestiegen. Als Auslöser für diesen Sprung nennt der Marktforscher die Pandemie. Stabil bergauf gehe es auch bei der Buchung von Einzelleistungen.

Positive Aussichten für 2024

Die Krisen hätten sich auf die touristische Nachfrage ausgewirkt, aber Zahlen seien oft nicht so dramatisch. Die Stimmungen aus den (sozialen) Medien fänden sich in den reellen Zahlen in vielen Fällen nicht wieder. Die Menschen hätten aus Corona gelernt und handelten nach dem Motto «Wenn nicht jetzt, wann dann».

Es gebe bei den unterschiedlichen Reisetypen nur wenige Rückgänge, festzustellen seien diese aber bei der Reisehäufigkeit. Die Zahl der Reisenden habe 2023 bei 56,4 Millionen gelegen, die Zahlen der Reisen bei 65 Millionen nach 67,1 Millionen ein Jahr zuvor. Dabei läge bei den Destinationen Spanien mit einem Anteil von 14 Prozent unverändert an der Spitze, acht Prozent seien für die Türkei und Italien zu verzeichnen. Für dieses Jahr blickt Sonntag optimistisch nach vorne.

«Die Daten bezüglich der Reiseabsichten sind exzellent. Die Menschen sind heute wieder so weit wie vor Corona.» 73% der Verbraucher seien sich bezüglich ihrer Reiseabsichten sicher, 41% hätten ihr Reiseziel bereits ausgesucht, 32% noch nicht. Unsicher, ob und wohin sie in den Urlaub fahren, seien 16%, ein kaum veränderter Prozentsatz gegenüber der Vor-Corona-Zeit.

Zehn Prozent planten definitiv keine Reise. Ein weiteres Plus erwartet Sonntag für den Anteil der Online-Buchungen, dabei gebe es eine immer stärkere Entkopplung der Kanäle. Eine Rückentwicklung sei dann aber 2025 möglich.

Hohe Bedeutung für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz

Ein positives Fazit für 2023 zieht auch Michael Buller, der Chef der Verbands Internet Reisevertrieb (VIR). «Wir hatten ein enorm gutes touristisches Jahr, das so nicht abzusehen war. Die aktuelle Buchungslage ist sehr gut, im Januar gab es hohe Steigerungen.»

Allerdings wiesen die Pax Zahlen 2023 im Vergleich zu 2019 noch Rückstände auf, während es bei den Umsatzzahlen sehr starke Zuwächse gegeben habe. Nun müsse die Touristik sich aber intensiv damit beschäftigen, diese Entwicklung zu forcieren.

Ein wesentlicher Ansatzpunkt bildet für Buller die Künstliche Intelligenz (KI). Alle würden sie kennen, doch es gebe eine deutliche Diskrepanz zur Nutzung. Mit der KI könnten komplette Reisen zusammengestellt werden, die Limitierung der einzelnen Reiseteile werde aufgehoben.

«Die Kombination der individuellen Entscheidungen ist ein Quantensprung. Wir kommen aus dem Zeitalter des Suchens jetzt in das Zeitalter der Ergebnisse.» Deutliche Worte fand Buller im Bezug auf die Position der AfD und den wachsenden Einfluss der Rechten.

«Die Touristik ist eine Paradebeispiel für die Interkulturalität und sie ist eine Riesenerrungenschaft für uns alle. Wir wollen eine zukunftsorientierte Welt, eine Abgrenzung gegenüber anderen Nationen, Menschen und Kulturen ist dummes Denken. Wir können unseren Lebenstraum nur mit ausländischer Zuwanderung und Unterstützung erreichen. Doch wir schauen gegenüber den Rechten seit Jahren weg, es ist Zeit aufzustehen, denn wir sind die Mehrheit.»

Wolfram Marx