Viel zu entdecken und zu geniessen

Ein entspannter und spannender Besuch im tschechischen Südmähren mit seiner hippen Hauptstadt Brünn. 
Veganes Eis vom Kleintransporter auf dem Krautmarkt in Brno ©GA

Zugegeben, der Hauptbahnhof von Brno, wie Brünn in Tschechisch heisst, ist noch altmodisch, Rolltreppen fehlen. Doch die Zugfahrt von Wien hierher dauert nur eineinhalb Stunden, weniger lang als etwa die Bahnreise von Bern nach Schaffhausen.

Und wer schon mehrmals in Wien war, fragt sich hier beim Aussteigen unweigerlich, warum man nicht schon längst einmal einen Abstecher hierher gemacht hat.

Denn die Stadt ist schon auf den ersten Blick attraktiv. Eine mächtige Kathedrale dominiert die Skyline. Auf dem Spielberg, dem Stadtberg, trohnt eine mittelalterliche Burg, die von prächtigen Parkanlagen umgeben ist. Und direkt vor dem Hauptbahnhof liegt die Innenstadt mit immens grosser Fussgängerzone, die zum Bummeln einlädt. 

Prachtvolle alte Paläste gibt es zu bewundern, die teilweise zu luxuriösen Hotels umgebaut wurden. Auf dem Krautmarkt, einem grossen, vom barocken Parnass-Brunnen dominierten Platz, ist täglich Markt, wird von der Ladefläche einer italienischen Ape auch veganes Eis verkauft: Ja, Brünn ist gastronomisch sehr vielseitig und modern.

Zu verdanken ist dies der Bevölkerungsstruktur: Von den rund 400’000 Einwohnerinnen und Einwohnern studieren 80’000 an einer der vielen Universitäten hier. Genau dies macht Brünn so einladend: An jeder Ecke, auf jedem Platz in der verkehrsfreien Altstadt sitzen und stehen junge Leute in Cafés, Bistros und Bars, ist bis spät in die Nacht Betrieb, wird zu Musik Bier vom Fass genossen.

Berühmte Villa Tugendhat von Ludwig Mies van der Rohe

Auf dem Freiheitsplatz, dem Hauptplatz, stellen die Studierendenvereinigungen jeweils den Maibaum auf. Ein Besuchermagnet ist zudem das architektonische Erbe der Bauhausepoche mit über einem Dutzend funktionalistischer Bauten. Eintrittstickets in berühmte Villa Tugendhat von Ludwig Mies van der Rohe, die Teil des Unesco-Weltkulturerbes ist, sind allerdings meist lange im Voraus ausverkauft. 

Ein andere, spektakuläre Sehenswürdigkeit Brünns liegt im tief unter der Erde: vier historische Wasserreservoirs aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Die zwei ältesten sind riesige Kathedralen aus Backstein, die neueren zwei aus Beton. Zurzeit werden sie mit Tunnels verbunden und durch Lifte einfach zugänglich gemacht. Besichtigungen sind nur nach Anmeldung möglich. Ab Anfang 2024 sollen sie dann individuell mit Audio-Guide zu besichtigen sein: extrem «instagrammable»!

Auch auf dem Land gibt es in Südmähren erstaunlich viel im Untergrund zu sehen. Die Region an der Grenze zu Niederösterreich ist das grösste Weinbaugebiet des Landes mit einer Unmenge unterirdischer Weinkeller. In Valtice etwa wurde ein Labyrinth aus 13 Kellern von insgesamt 900 Metern Länge in ein Restaurant mit verschiedenen «Sälen» umgewandelt, in der traditionelle Folklore geboten wird. 

Unter dem mittelalterlichen Städtchen Znojmo bzw. Znaim direkt an der Grenze liegt ein 27 Kilometer langes Netz von Gängen und Kellern aus dem 14. Jahrhundert, das während der Kriege auch als Zuflucht genutzt wurde und in geführten Touren besichtigt werden kann.

Mit dem Znaimerl durch das historische Zentrum der Stadt

Die beste Attraktion der Stadt ist jedoch die Fahrt durch das historische Zentrum mit dem «Znaimerl»: Der gewiefte Touristiker Lukas David hat sich ein auf die schmalen Gassen zugeschnittenes, offenes Elektromobil bauen lassen und fährt damit Besuchergruppen durch die Stadt: ein sehr gemütlicher und dank dem charismatischen Moderator und Fahrer auch sehr inspirierender Genuss.

Ein Spaziergang durch die nahen Weinberge Sobes an der Thaya, einer der ältesten des Landes, ist in der warmen Jahreszeit ein Muss – oder auch eine längere Wanderung oder Bike-Tour im Talboden, dem Zentrum des länderübergreifenden Thaya-Nationalparks. 

Dazu kommen zwei kulturelle Juwelen. Das Slawische Epos des Jugendstilkünstlers Alfons Mucha im Schloss von Moravsky Krumlov ist allein schon seiner Dimensionen wegen einzigartig: Die 20 Leinwände mit bis zu 8 mal 6 Meter gross. Und im Schloss Lednice können die einstigen Wohnräume des Fürstenhauses Liechtenstein besichtigt werden. Das Gebäude im neugotischen Stil ist zusammen mit einem riesigen Landschaftsgarten heute Teil der als Unesco-Welterbe ausgezeichneten Kuturlandschaft Lednice-Valtice. 

Ausspannen und ausschlafen kann man in dieser Region überall in modernen, teils sehr stylischen Hotels – auch in dieser Hinsicht bietet Südmähren ebenso viel wie bekanntere Ferienreiseziele.

Gabrielle Attinger, Brno


Infos:

Anreise: Der österreichische und tschechische Railjet fahren alternierend jede Stunde von Wien nach Brno. Fahrzeit 1,5 Stunden. Von Prag aus dauert die Bahnfahrt nach Brünn 3 Stunden.

Brünn: www.gotobrno.cz/de/

Südmähren: www.sued-maehren.at

Tschechien: www.visitczechia.com