«Diesen Sommer starten 86 Lernende»

Im Juni dieses Jahres haben insgesamt 34 Kandidaten*innen die mündlichen und schriftlichen Branchenprüfungen absolviert. Wie schaut es aktuell aus?
Daniela Maspoli ©zVg-màd/SRV

Daniela Maspoli, Verantwortliche Ausbildung beim SRV gibt Auskunft über die Situation in der Rekrutierung von angehenden Fachkräften für die Reisebranche.


Daniela Maspoli, wie viele Lernende beginnen im August die Ausbildung KV Reisen an?

Diesen Sommer starten 86 Lernende ihre Ausbildung Kaufmann/Kauffrau EFZ Reisen.

Personalmangel: Das Unwort der Branche. Und trotzdem bilden immer weniger Unternehmen aus. Woran liegt das?

Die Anzahl Lehrstellen spiegelt stets den Markt wider – und da es weniger Reisebüros gibt, bilden leider auch weniger Unternehmen Lernende aus. Zudem hören wir oft, dass der zusätzliche Aufwand für kleine Betriebe schlicht zu gross sei.

Aus unserer Perspektive ist diese Argumentation zwar verständlich, allerdings auch ein Nachteil für unsere Branche: Je mehr Unternehmen sich in der Ausbildung engagieren, desto mehr wird dem Fachkräftemangel entgegengewirkt und der Grundstein für die Zukunft unserer Branche gelegt.

Was müssen Lernende für das KV Reisen mitbringen?

Eine abgeschlossene Volksschule mit guten Leistungen, Belastbarkeit, Flexibilität und Weltoffenheit sind essenziell. Zudem sollten sie eine gewisse Sozialkompetenz mitbringen, sich für einen Beruf mit Kundenkontakt interessieren und IT-affin sein. Die Ausbildung stellt relativ hohe Anforderungen, ist dafür aber äusserst abwechslungsreich.

Was ist ein No-Go?

Generell sind alle Lernende, welche offen für Kundenkontakt sind, Interesse an der Reisebranche und Freude an Geografie haben, willkommen.

Was hat sich in den letzten Jahren in der Lehre verändert? Was ist mit dem neuen KV anders als bisher?

Die grösste Veränderung betrifft die neue KV-Reform Kaufleute 2023, welche vergangenes Jahr in Kraft trat. In der neuen kaufmännischen Grundbildung wird das Fachwissen in Handlungskompetenzen unterrichtet. Die bis anhin fächerorientierte schulische Ausbildung wurde angepasst und befähigt die Lernenden zum Umgang mit Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft sowie zum lebenslangen Lernen.

Thema ÜK: Wie praxisbezogen ist dieser wirklich?

Die ÜKs werden so praxisnah wie möglich organisiert; deren Ziel besteht schliesslich darin, die Lernenden optimal auf die Betriebspraxis vorzubereiten. Dabei werden umfassende Branchenkenntnisse erarbeitet und auch weitere Themen behandelt.

Es wird viel über die Gen Z geschrieben und «gemeckert». Was stellt ihr fest bei den Jugendlichen in Sachen Arbeitsethik, Engagement, Motivation?

Seit jeher monieren die älteren Generationen, dass die jüngeren arbeitsfauler sind – diese Aussage trifft jedoch auch bei der Gen Z nicht zu. Mussten frühere Generationen hingegen froh sein, überhaupt einen Job zu erhalten, können sich die Jungen heute ihre Arbeitsstellen aufgrund des Fachkräftemangels fast schon aussuchen.

Dementsprechend stellen sie ihre Ansprüche – dies kommt nicht immer gut an. Sie wünscht sich ein Arbeitsumfeld, in dem sie Teil einer Gemeinschaft ist und will flexibel, hybrid und selbst bestimmt arbeiten.

Diese jungen Personen haben ein grosses Bedürfnis an Anerkennung und Wertschätzung und fordern eine berufliche Perspektive. Sind diese Voraussetzungen im Betrieb grösstenteils erfüllt, engagiert sich die Gen Z mit Freude und ist durchaus motiviert.

Gibt es viele Abgänge/Probleme im KV Reisen?

Ich denke nicht mehr als bei anderen Branchen auch; Probleme gibt es selten und auch die Abgänge sind überschaubar. Die Ursachen für eine vorzeitige Vertragsauflösung sind derweil vielfältig und komplex. Grund für eine Vertragsauflösung könnte mitunter auch der Fakt sein, dass sich bereits 14-jährige für ihre berufliche Zukunft entscheiden müssen. Dies ist in der Tat sehr jung.

Was muss die Branche noch besser machen in Sachen Ausbildung?

Natürlich wünschen wir uns primär, dass mehr Unternehmen Lernende ausbilden würden. Zudem wäre es spannend, die Gründe zu wissen, weshalb ein Reisebüro, das vor einigen Jahren noch selbst aktiv ausgebildet hat, dies plötzlich nicht mehr tut. Diese Erkenntnis würde es uns ermöglichen, allfällige Unterstützungsmassnahmen seitens des Verbands zu ergreifen.

Wie äussert sich der Wechsel auf KV2022 in der Betriebsausbildung?

Ich nehme an, Du meinst den Wechsel auf KV2023? Diese Umsetzung beinhaltete die Überarbeitung unserer überbetrieblichen Kurse an die Reform, die Bereitstellung diverser Hilfsmittel für die Lehrbetriebe und die Finalisierung der Konzeption von Schulungen für Berufs- und Praxisbildner. Des Weiteren wurden im time2learn Anpassungen an die neuen Vorgaben vorgenommen, um die Voraussetzungen exakt zu erfüllen.

Für die Praxisbildner der Betriebe ergibt dies anfänglich zwar mehr Initialaufwand, allerdings sind die Lernenden auch 10 Tage mehr im Betrieb, da weniger ÜK-Tage anfallen.

Einer der Beweggründe der Reform war, dass die Lernenden mehr zum Selbststudium animiert und hierbei mehr von den Betrieben unterstützt werden – dies betrifft insbesondere die Erarbeitung der vertieften Destinationskenntnissen.

Interview: Nathalie Sassine