Europa-Tourismus: Impfprogramme helfen, aber langsam

Dieses Jahr fehlen noch fast zwei Drittel der Touristen – vor allem aus Übersee.
Touristen auf Santorini. ©Pixabay/Michelle Raponi

Obwohl die europäische Reisenachfrage aufgrund der hohen Impfraten in Europa auf eine deutliche Erholung zusteuert, sind die Volumina noch weit von den Zeiten vor der Pandemie entfernt. Diese werden voraussichtlich erst 2024 wieder erreicht werden, so der jüngste Bericht «European Tourism Trends & Prospects» der European Travel Commission (ETC).

«Aus dem Bericht geht eindeutig hervor, welche entscheidende Rolle die Impfprogramme bei der Erholung der Reisetätigkeit bereits gespielt haben», hält Luís Araújo, der Präsident der ETC, fest. Allerdings würden die Impfbemühungen nicht ausreichen. Angesichts der nahenden Wintermonate müsse Europa sich unbedingt darum bemühen, die Freizügigkeit weiter wiederherzustellen, indem es ganzheitlichere und kohärentere Konzepte für Reisen innerhalb und ausserhalb der EU umsetze.

Europa hat derzeit die höchste Durchimpfungsrate aller Regionen der Welt, so dass mit einem erheblichen Nachholbedarf zu rechnen sei. Die europäischen Reiseziele hätten dank Impfprogramme und der Einführung des digitalen Covid-19-Zertifikats der EU bereits eine über den Erwartungen liegende Sommersaison erlebt. Der innerregionale Reiseverkehr erlebte einen Aufschwung und werde im Jahr 2021 voraussichtlich 85% der internationalen Ankünfte in Europa ausmachen, gegenüber 77% im Jahr 2019.

Von früher Öffnung profitiert

Die Erholung der Reisetätigkeit war von Reiseziel zu Reiseziel unterschiedlich. Länder, die ihre Grenzen früher für geimpfte Reisende wieder öffneten, waren am beliebtesten. Als erstes Land, das seine Grenzen für Covid-freie Touristen wieder geöffnet hat, verzeichnete Griechenland den stärksten Aufschwung bei den Übernachtungen (-19% gegenüber 2019), obwohl die ausländischen Ankünfte schwach waren.

Der stärkste Anstieg der Ankünfte im Vergleich zu 2019 wurde in Kroatien (-37 %) beobachtet, das im September 1,9 Millionen Touristen begrüsste. Im Gegensatz dazu verzeichnete die Tschechische Republik (-94%) den stärksten Rückgang, da die strengen Covid-19-Massnahmen das ganze Jahr über verlängert wurden.

Alle berichterstattenden europäischen Reiseziele verzeichneten in diesem Sommer eine höhere Hotelauslastung als im Jahr 2020, basierend auf den Daten für Juli-September. Mehrere Destinationen meldeten Belegungsraten von fast 70%, darunter Slowenien, das Vereinigte Königreich, Monaco und die Türkei.

Ein langer Weg

Das europäische Fluggastwachstum hat sich in den Monaten Juni (-69%), Juli (-57%) und August (-49%) im Vergleich zu 2019 ebenfalls beschleunigt, auch wenn die weltweiten verkauften Passagierkilometer (RPK) im August nur noch die Hälfte des Niveaus vor Covid-19 erreichten. Die relative Verbesserung in den Sommermonaten war hauptsächlich auf die Nachfrage nach Inlandsflügen zurückzuführen.

Obwohl der europäische Reiseverkehr im Jahr 2021 positive Fortschritte gemacht hat, liegt noch ein langer Weg vor uns, da die internationalen Touristenankünfte in Europa zur Jahresmitte immer noch um 77% zurückgegangen sind. Eine langsamere Einführung von Impfstoffen in Osteuropa und in einigen grossen Fernreisemärkten könnte die Erholung verzögern und ein anhaltendes Abwärtsrisiko darstellen.

Amerikaner und Chinesen fehlen

Langstreckenreisende blieben weitestgehend aus. Die Ankünfte aus den USA in Europa lagen bei einem Drittel der gemeldeten Reiseziele 90% unter dem Niveau von 2019. Auch die Abwesenheit chinesischer Urlauber war in ganz Europa deutlich zu spüren: Alle gemeldeten Reiseziele verzeichneten Rückgänge von über 90% gegenüber 2019.

Insgesamt prognostiziert die ETC, dass die internationalen Touristenankünfte in Europa bis Ende 2021 um 60% unter dem Niveau von 2019 liegen werden, wobei viele Faktoren die Erholung des Tourismus in Europa weiterhin beeinträchtigen. Dazu gehören die sich ständig ändernden Covid-19-Beschränkungen und -Politiken, erneute Ausbrüche und die Verwirrung um das farbcodierte EU-Reisesystem, das in den europäischen Reisezielen unterschiedlich angewendet wird. Auch die Einführung unterschiedlicher Systeme für die Zulassung von Impfstoffen, die nicht von der EMA anerkannt sind, könnte sich weiterhin auf Reiseziele auswirken, die stark von Langstreckenreisen abhängig sind. (TI)