Härtefall-Branchen verlangen 1,2 Milliarden Franken

SRV-Präsident Max E. Katz rechnet der Politik vor, wie viel Geld es wirklich braucht.
SRV-Präsident Max E. Katz an der Video-Medienkonferenz. ©Screenshot TI

Am letzten Tag der Vernehmlassung zur Härtefallhilfe-Verordnung haben sich alle  betroffenen Branchen mit einem dringenden Appell an die Politik gemeldet: Substanziell mehr Geld, verlangen die Reise- und Eventbranchen zusammen mit den Schaustellern an einer Medienkonferenz am Freitag.

Max E. Katz, Präsident des Schweizer Reise-Verbands (SRV) forderte den Bund und die Kantone auf, je mindestens CHF 600 Mio. für die Härtefallhilfen bereitzustellen. Und wenn die Kantone diesen Betrag nicht stemmen könnten, müsste der Bund einspringen, so Katz. Die Kantone müssten auch verpflichtet werden, Härtefallhilfen zu leisten. «Alle Unternehmen müsse gleich behandelt werden», so Katz, es könne nicht sein, dass nicht alle Kantone mitmachten.

Spätestens am 1. Dezember müssten das Covid-19-Gesetz und die dazu gehörende Verordnung «operationell sein. Das Geld muss fliessen, und zwar flächendeckend in allen Kantonen», so Katz und erinnerte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga an ihre Worte «wir werden euch nicht im Stich lassen, wir stellen die Mittel bereit» und Wirtschaftsminister Guy Parmelin an sein Versprechen «Hilfe kommt».

Zuvor erinnerte er daran, wie die Hoffnung der Reisebranche auf einen besseren Sommer oder mit monatlich neuen Tiefstwerten zu nIchte gemacht wurde. Schuld daran seien. Schuld daran seien die Aufrufe der Behörden für Ferien in der Schweiz und «die unsägliche Quarantäneliste» mit psychologischer Wirkung gewesen. Inzwischen sei klar, dass auch das Weihnachtsgeschäft ausbleiben werde, nicht zu letzt auch wegen der hohen Covid-19-Positivitätsrate der Schweiz, die das Land auf die Risikoliste vieler Destinationen bringe.

Den Schaden für die Reisebranche bezifferte Katz auf kumuliert CHF 1 Mia., «mehr als die CHF 900 Mio. Jahresgewinn der ganzen Branche einem normalen Jahr». Insgesamt seien in diesem Corona-Jahr die Nettogewinne von 16 Jahren vernichtet worden. Und die Aussichten sein weiterhin düster: Für 2021 rechnet er mit einem Minus von 70% gegenüber vor Corona. «Wir haben ein faktisches Berufsverbot, die Nachfrage nach Auslandreisen tendiert gegen Null», so Katz. Das Konkursrisiko liege inzwischen bei 40 bis 50%

«Es ist schnell zu spät»

In der Reisebranche steht das Wasser nicht am Hals, sondern an der Nase, gab André Lüthi zu verstehen. «Seit März haben wir 92% Umsatzrückgang, wenn keine Hilfe kommt überleben die Grossen mit starken Müttern im Hintergrund», sagte der Globetrotter-Chef und SRV-Politikverantwortlicher und erwähnte namentlich Hotelplan, DER Touristik und TUI. Die Härtefallhilfen seien ungenügend. ««Was jetzt vorliegt ist viel zu kompliziert, zu langfristig und zu wenig Geld», so Lüthi.

Der Bund müsse jetzt vorangehen. Wenn sich Bund und Kantone weiter über die den Beitragsschlüssel und Beträge diskutieren, sei es schnell zu spät und die betroffenen Unternehmen tot. «Die 1300 Reisebüros in der Schweiz waren vor gesund und leben jetzt von den Reserven», sagte Lüthi. «Wir sind seit 10 Jahren in einer Strukturbereinigung.»

Einen dringenden Appell richtete auch Andreas Aebi an den Bund und die Kantone. Sie sollen dringend zusammensitzen, damit die inhabergeführten Unternehmen unterstützt würden, so der Reiseunternehmer, SVP-Nationalrat und Vizepräsident des Nationalrats. Vor allem die Kantone hätte viel zu lange Zeit. Die Situation habe sich aber inzwischen noch weiter zugespitzt. «Wir sind die Härtefälle der Härtefälle», erklärte Aebi.

Bedarf erkannt

Bis jetzt stehen für Härtefallhilfen insgesamt CHF 400 Mio. zur Verfügung, je die Hälfte vom Bund und von den Kantonen. Einerseits haben sowohl Finanzminister Ueli Maurer und der Präsident der kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren, der Basler Regierungsrat Christoph Brutschin, den Bedarf für mehr Geld erkannt; im Raum steht eine Erhöhung der Summe auf rund CHF 1 Mia. Andererseits versuchen die Kantone, die Hauptlast dem Bund zuzuschieben und wollen den Verteilschlüssel zu ihren Gunsten verändern.