Heike Birlenbach: «Ich habe grosses Verständnis für die Reisebranche»

Nach 100 Tagen im Amt erklärt Swiss CCO Heike Birlenbach wo sie Akzente setzen will.
Heike Birlenbach, Swiss Chief Commercial Officer ©Swiss

Weshalb sie sich für die Übernahme der Position als Chief Commercial Officer von Swiss entschied, erklärt Heike Birlenbach damit, dass die Swiss innerhalb und ausserhalb der Lufthansa Group eine strahlende Marke ist.

Weiter führt sie aus, dass sie die Aufgaben wegen deren Grösse und den Möglichkeiten reizte und dass sie glaube, aufgrund ihrer Erfahrung für die Airline positive Akzente setzen könne.

Für die Funktion als Chief Commercial Officer bringt Heike Birlenbach einen reichen Erfahrungsschatz aus ihren früheren Tätigkeiten bei der Lufthansa Group mit. Zuletzt war sie Senior Vice President Customer Experience Lufthansa Group Airlines, davor Senior Vice President Sales Lufthansa Group Network Airlines.

Von 2014 bis 2016 war sie Vice President Sales & Services Europe. Zehn Jahre lang war sie entsprechend in wichtigen Verkaufsfunktionen der Lufthansa Group tätig.

Zentrales Thema Servicing

Ihr Ziel ist ein gesundes Wachstum im Rahmen dessen, was das Ecosystem bestehend aus Flughäfen, Zulieferer und weiteren Stakeholders wie Security, Groundhandler etc. verkraftet.

Ein zentrales Thema ist dabei der Fokus auf die Kunden im gesamten Kundenerlebnis, d.h. von der Inspiration über die Buchung und die Dienstleistungen am Boden zum Borderlebnis und zum Erlebnis nach der Reise.

Unumwunden gesteht sie ein, dass das Servicethema vor Covid ein Nachrangiges war. Nun werde alles konsequent durchleuchtet, denn die Marke Swiss soll gestärkt werden und dem Kunden soll deutlich gemacht werden, dass viel in den Service investiert wird.

Zudem sollen die Werte der Marke Swiss gestärkt werden durch ‘Swissness’, Investitionen in Partnerschaften und kulturelle Events. «Das Schweizer Erbe ist Kern der Swiss», sagt Heike Birlenbach und verneint vehement, dass die Lufthansa für die Swiss entscheidet.

Zentrale Themen wie Flottenbeschaffung, IT und Digitalisierung sowie die Langstreckenplanung werden auf Konzernebene angegangen und entschieden. Die Swiss habe dabei aber ein grosses Mitspracherecht und aufgrund der positiven Ergebnisse zusätzliches Gewicht im Konzern.

In diesem Zusammenhang hätte sie einen Vorteil, da sie in ihren früheren Positionen bereits bei Initiativen der Gruppe eingebunden war.

Digitale Transformation, Cloud und KI

Im Bereich Servicing geht es um den Aufbau einer digitalen Infrastruktur. Bereits wurde das Service Center Basel in die Cloud integriert und die anderen Service Center sollen noch 2024 folgen.

Dabei geht es darum, dass alle Datensätze aus dem B2C-Bereich und aus dem B2B-Bereich, d.h. auch diejenigen aus den GDS, in der Cloud gesammelt werden. Dafür investiert die LH Group Euro 70 Mio. und die Kunden sollten dies bereits merken.

Für einfache Fälle gibt es den Chatbot, für komplexere Fälle den Live Chat und die Servicenummern. Dabei wird in KI aber auch in das Training der Mitarbeitenden weltweit investiert.

Ein wichtiger Aspekt ist die Kommunikation bei Unregelmässigkeiten wie Flugausfällen, Gepäckverlust usw. Dieses Thema steht im Servicing im Vordergrund.

Neue Flugzeuge und Neuausstattung

Ab Mai 2025 wird der erste der fünf A350 ausgeliefert. Ab Ende 2025 geht monatlich ein A330 in die Überholung und Neuausstattung der Kabine im Rahmen des Projekts Swiss Senses was bis Mitte 2026 abgeschlossen sein wird. Danach folgen die B777.

Die A340 wird man so lange als notwendig in der Flotte halten, um diese Ausfälle zu kompensieren und Reserven zu haben.

Kabinenservice

Ein weiterer Aspekt der zur Zeit überarbeitet wird, ist der Mahlzeiten- und Getränkeservice auf der Langstrecke. Dieser sei ungenügend und man Investiere in Qualität und Auswahl, so Heike Birlenbach.

Auf der Kurz- und Mittelstrecke, wo der Kundenfokus klar auf dem Preis liegt, wolle man aber lieber etwas hochwertiges zum Kauf anbieten. In Zukunft sollen mehr Speisen vorbestellt werden können. Gleichzeitig soll auch Internet an Bord mit verschiedenen Paketen eingeführt werden.

Um die Netzwerkstabilität, gerade wegen der Triebwerkprobleme beim A220, zu gewährleisten, werden Air Baltic und Helvetic Airways weiter als Wetlease-Partner Flüge für die Swiss durchführen. Man investiere dabei in Swissness und bemühe sich, die von dem einen oder anderen Partner durchgeführten Flüge auch entsprechend zu bezeichnen. Ziel ist es, in 2026 nur noch mit einem Wetlease-Partner zu operieren.

Das Verhältnis zur Reisebranche

Auf die Frage, wie ihr Verhältnis zur bzw. ihr Verständnis für die Reisebranche ist, nach dem es damit bei ihrem Vorgänger nicht immer zum Besten stand, antwortete Heike Birlenbach: «Ich habe grosses Verständnis für die Anliegen der Reisebranche aufgrund meiner Erfahrung aus meinen früheren Tätigkeiten innerhalb der Gruppe.»

Man stehe in engem Austausch mit dem Schweizer Reise-Verband (SRV), führe regelmässig intensive Gespräche und auch Workshops zu Zukunftsthemen wie NDC etc. durch.

Hans-Peter Brasser