ITB-Chefin Rothe: «Messen sind Gold wert»

Deborah Rothe über die Trends und Neuigkeiten an der ITB Berlin vom 5. bis 7. März.
Deborah Rothe, ITB Berlin
©ITB

Deborah Rothe hat Anfang 2023 die Leitung der ITB Berlin von David Ruetz übernommen. Zuvor hatte sich aber bereits rund 10 Jahre für die Messe Berlin gearbeitet und auch die Digitalisierung der ITB vorangetrieben. Dieser Tage zieht sie mit ihrem Team ins Marshall House auf dem Messegelände, von wo aus sie die letzten Vorbereitungen für die Messe vom 5. bis 7. März 2024 dirigiert und täglich schon Messeluft schnuppert. TRAVEL INSIDE hat sie zu Trends und Neuerungen befragt.  

Frau Rothe, nächste Woche startet die ITB in Berlin. Es ist die erste ganz allein in Ihrer Verantwortung – was machen Sie anders als Ihr Vorgänger David Ruetz? 

Eigentlich ist es meine zweite ITB, ich war ja schon letztes Mal in die Vorbereitung involviert, auch wenn ich die Leitung erst kurz vor der Messe übernommen habe. Sie wird noch digitaler und noch internationaler sein, das ist ganz klar mein Fokus. Und die ITB wandelt sich immer mehr von einer 3-Tage-Veranstaltung zur Ganzjahresveranstaltung mit ITB 360°, die Wissensaustausch über das ganze Jahr ermöglicht.  

Was erwarten Sie von der ITB 2024, der ersten ganz ohne Corona-Schatten? 

Nun, einen Corona-Schatten spürten wir eigentlich schon letztes Jahr kaum mehr. Dies wird in diesem Jahr noch stärker so sein. Darum erwarte ich richtig gute Stimmung in vollen Hallen mit spannenden Meetings. 

Wie ist die Zahl der Ausstellenden? 2019 waren es rund 10’000 Aussteller aus 181 Ländern und 113’500 Fachbesuchern, 2023 rund 90’000. 

Wir stehen dieses Jahr jetzt bei 90 Prozent Auslastung bei den Ausstellenden. Wir haben rund 5500 Ausstellende aus 169 Ländern. Immer noch kommen täglich Last Minute-Buchungen herein, denen wir noch Stände zusammenzimmern. Über die Besucherzahlen können wir noch nicht sprechen. Auch hier wird sehr kurzfristig entschieden, wer kommt und wer nicht.  

Und aus der Schweiz – wer kommt als Aussteller? 

Wir haben viel Schweiz im neuen DACH-Hub 27. Nebst Schweiz Tourismus etwa die Rhätische Bahn, den Kanton Tessin und diverse Hotelgruppen.  

Wie ist die Preisentwicklung für Austeller und Besucher? 

Für die Fachbesucher ist der Preis gleich geblieben bei 75 Euro. Für die Ausstellenden mussten wir die Preise leicht anpassen, blieben bei der Erhöhung aber unter der Inflation.  

Wie viel virtuelles Programm gibt es noch, und wie viel ist echte Messe? 

Die ITB bleibt eine echte Messe. Unser Ziel ist es, ein Erlebnis zu schaffen und viele direkte persönliche Kontakte zu ermöglichen. Am ITB Kongress ist fast alles im Programm auch digital erhältlich, mit Livestreams von Sessions oder auch zum Nachschauen. Anders wäre das Programm für die Besucherinnen und Besucher auch kaum zu bewältigen.  

Hat sich die Abschaffung der Publikumstage bewährt?  

Ja, auf jeden Fall. Es hat diese Fokussierung gebraucht. Und sie war in den Feedbacks der Ausstellenden auch sehr gewünscht. Für die Ausstellenden ist das eine echte Win-win-Situation. Die Publikumstage waren fast wie eine Messe für sich. Und für das Publikum bisweilen unbefriedigend, weil die Fachleute an den Ständen bereits weg waren und die Hostessen nicht wirklich Fragen beantworten konnten. 

Das Thema ist ‘Pioneer the Transition in Travel & Tourism. Together’. Was heisst das? 

Lassen Sie mich hinten beginnen: Together verweist darauf, dass eine neue Komponente im Tourismus ist, dass man die Dinge zusammen anpacken muss. Die Transition hingegen nimmt auf, dass vieles jetzt im Fluss ist, wir viele neue Lösungen suchen und uns anpassen müssen, digitaler werden und auch nachhaltiger. Das wolle wir auf die Podien bringen und zeigen, was es gibt und was klappt – aber ganz klar auch auf dem Podium Platz hat, was bisher nicht geklappt hat. 

Oman ist Gastland – und was ist da zu erwarten? 

Ganz viel Programm auf 800 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Wir haben über die Monate der Zusammenarbeit ein Land kennengelernt, das seinen Auftritt an der ITB sehr ernst nimmt und sich im besten Licht präsentieren will.  

Welche Trends sehen Sie bei den Ausstellern? 

Die Kreuzfahrten sind stark vertreten. Auch die klassischen Sommerferiendestinationen sind wieder da, wie Griechenland und die Türkei, die mit grossen Ständen präsent sind. Auch Österreich ist mit neuen Partnern und grösser wieder dabei. Auch Australien hat mehr Platz. Zurück ist zudem China. USA und Kanada sind etwa gleich gross vertreten wie 2023. 

Wie haben sich die Erwartungen der Besucher durch und nach Corona dauerhaft verändert – braucht es Messen noch? 

Ja, es braucht Messen! Die ITB ist nach wie vor das Familientreffen der Branche. Dazu ist sie eine Plattform für Zusatzinteressen aller Art, man trifft Tech-Anbieter, neuere Vermittler wie Bettenbanken, ganz klassische Veranstalter und Reisebüros und natürlich neue Kunden. Das ist Gold wert. Die Vertrauensbildung funktioniert wie eine Zwei-Faktor-Authentifizierung: Online wird das Geschäft vorbereitet und dann physisch per Handschlag besiegelt.  

Interview: Christian Maurer