Reisebüros sorgen sich um FTI Touristik

Der am 16. Februar 2024 publizierte Konzernabschluss 2021-2022 der FTI Touristik beunruhigt Reisebüros.
©Touristik Aktuell/mg

Bekanntlich laufen die Geschäftsjahre der grossen deutschen Touristikunternehmen, und entsprechend auch dasjenige der FTI Touristik GmbH, von November bis Oktober. Folglich befindet sich FTI Touristik GmbH bereits im Geschäftsjahr 2023/24.

Am 16. Februar 2024 wurde der Geschäftsbericht von FTI Touristik GmbH des Geschäftsjahres 2021/22 im vom deutschen Bundesministerium der Justiz herausgegeben «Bundesanzeiger» veröffentlicht.

Beunruhigende Feststellungen

Der Bilanzverlust des FTI Konzern betrug im Geschäftsjahr 2021/22 EUR 308’964’012.83 und das Konzernergebnis zeigt ein Minus von EUR 91,5 Mio.

Beunruhigend ist die Feststellung des Wirtschaftsprüfers Deloitte GmbH in Bezug auf die Fortführung der Unternehmenstätigkeit. In dessen Bericht heisst es wörtlich: «Wie im Konzernanhang und im Konzernlagebericht dargelegt, deuten diese Ereignisse und Gegebenheiten auf das Bestehen einer wesentlichen Unsicherheit hin, die bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit des Konzerns zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen kann und die ein bestandsgefährdendes Risiko im Sinne des § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB darstellt.»

Konzernlagebericht weniger drastisch

Diese Feststellung bezieht sich auf den ‘Konzernlagebericht’ und in diesem auf den Punkt ‘Unternehmensfortführung’. Darin halten die Geschäftsführer Ralf Schiller und Lars Creutzmann fest, dass es wegen der Corona-Pandemie einem zu erheblichem ungeplantem Liquiditätsbedarf kam, der nur durch eine Kombination von Gesellschaftermitteln, regierungsgestützter Darlehen und Stabilisierungsmassnahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds sowie Einsparungen und Kostensenkungsmassnahmen überbrückt werden konnte.

Zusätzlicher Liquiditätsbedarf wurde durch die ab dem 1. November 2021 für die Insolvenzabsicherung erforderlichen Hinterlegungen beim Reisesicherungsfonds ausgelöst, die nach Bereitstellung von Liquidität durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds geleistet wurden.

In einer 6-Jahresplanung geht FTI davon aus, dass sich die Umsatzentwicklung schrittweise wieder dem Basisjahr 2018/2019 annähern wird. Die bisherige Umsatzentwicklung und die Buchungszahlen für die Sommersaison 2023 stehen nicht im Widerspruch zu dieser Planung.

Das durch den Gesellschafter, das Family Office der Familie Sawiris, einbezahlte Kapital sowie die Mittel aus den Stabilisierungsmassnahmen zusammen mit der Bankenfinanzierung sowie Banken- und Lieferantenkredite sollen ausreichend sein, um die Finanzierung der FTI-Group bis Ende der Sommersaison 2024 sicherzustellen. Die Geschäftsführung hat darüber hinaus einen Massnahmenkatalog entwickelt, um gegebenenfalls nach diesem Zeitraum drohenden Liquiditätsunterdeckungen zu begegnen.

Allerdings könnten sich Risiken wegen eintretender Finanzierungslücken, die den Bestand des Unternehmens und der Group ergeben, wenn sich die angenommenen Rahmenbedingungen, die der Liquiditätsplanung zur Überwindung der Auswirkungen aus der Corona-Krise zugrunde gelegt wurden, wesentlich ändern. Änderungen der Rahmenbedingungen können sich beispielsweise durch stark von den Planannahmen abweichende Parameter, wie Buchungseingänge und Zahlungsmittelzuflüsse, ergeben.

Die Schliessung dann entstehender Finanzierungslücken könnte je nach dem Umfang der Planabweichungen weitere externe Liquiditätszuführungen in Form von Eigen- und Fremdkapital erforderlich machen, was aus heutiger Sicht nicht erforderlich erscheint.

Insofern bestehen auch für FTI sowie für die FTI-Group insgesamt grundsätzlich weiterhin, wenn auch in der Tendenz abnehmende, Unsicherheiten in Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit.

Reisebüros beunruhigt

Marija Linnhoff, Vorsitzende des Verbands unabhängiger und selbständiger Reisebüros (VUSR) verlangt nun von FTI Touristik, dass diese Klarheit über deren zukünftige Fähigkeit der Unternehmensfortführung schafft.

«Im Interesse der Branche und der Reisenden muss die FTI Klarheit schaffen, insbesondere über die tatsächlichen Buchungsentwicklungen im aktuellen Jahr, da diese mit entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Konzerns sind. Ausweislich des Abschlusses 2022 ist die FTI hoch belastet. Für die Reisebüros und die Kunden ist es gerade vor der wichtigen Verkaufssaison wichtig zu wissen, ob FTI ein gut finanzierter und damit verlässlicher Partner ist und die Erlös- und Schuldensituation mit zu erwartenden Buchungen in Einklang zu bringen sind.»

Barbara Wohlfarth

Barbara Wohlfarth, Inhaberin der Reisecocktail GmbH in Affoltern am Albis bläst ins gleiche Horn. In einer E-Mail an Ludovic Rigel, Managing Director FTI Schweiz und Vertriebschef Thomas Giband schreibt sie: «Wenn ein Wirtschaftsprüfer in einem Geschäftsbericht schreibt, die Unternehmensfortführung – sei trotz der o.g. bestehenden grundsätzlichen Risiken – voraussichtlich gesichert, heisst das auf gut Deutsch, das Unternehmen ist fast insolvent. Oder wenn man zahlen lesen kann, FTI hängt am Topf des deutschen Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Ich hätte dazu gerne eine Antwort.»

Die folgenden Geschäftsjahre

Natürlich ist davon auszugehen, dass die Geschäftsjahre 2022/23 und das laufende Geschäftsjahr 2023/24 zur Stabilisierung der FTI-Finanzen unter dem neuen Geschäftsführer Karl Markgraf beitragen.

Schliesslich sind diese nicht mehr von der Corona-Pandemie betroffen. Andererseits herrschen aber gewisse Unsicherheiten aufgrund der Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten und aufgrund der starken Teuerung in den meisten Quellmärkten von FTI. (BRA)