Soziales Engagement und Innovation in der Flugzeugküche

Gate Gourmet bot einen Blick hinter die Kulissen der Bordverpflegung – TRAVEL INSIDE war dabei.
Markus Binkert, scheidenender CFO von Swiss (links), Markus Gfeller (Managing Dirctor Switzerland von Gategruop, mitte) und Martin Bieber, Geschäftsführer der Stifung Wisli, begrüssten als Gastgeber die rund 60-70 Teilnehmenden des VIP Events. ©TRAVEL INSIDE

Gate Gourmet, einer der grössten Airline Caterer der Welt mit Hauptsitz in Zürich und 135 Niederlassungen in 33 Ländern, bereitet am Flughafen Zürich das Essen für den Hauptkunden Swiss, aber auch für andere internationale Fluggesellschaften aus Asien, Nordamerika und Europa zu. 

Beim Rundgang durch die Produktionsstätte im Rahmen des VIP-Anlasses mit 60-70 Teilnehmenden aus Partnerinstitutionen, Airline- und Behördenvertretern, sowie Flughafenpersonal von Mitte April durfte TRAVEL INSIDE einen exklusiven Einblick in die faszinierende Welt der Bordgastronomie werfen.

Gate Gourmet zeigte mit seinen Partnern Swiss und der Stiftung Wisli, wie sie es schaffen, den Spagat zwischen Massenproduktion in Fine-Dining Qualität und dem gigantischen Logistikapparat in nachhaltiger und innovativer Produktionsweise zu meistern. 

Soziale Integration seit 15 Jahren

Doch eben nicht nur diese Logistik fasziniert, sondern auch die Tatsache, dass dabei auch  der ‘Human Touch’ bei Gate Gourmet Switzerland einen festen Platz hat. Seit über 15 Jahren arbeiten nämlich beim Cateringunternehmen im Rahmen einer Sozialpartnerschaft zur Reintegration in den Arbeitsmarkt Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen von der Stiftung Wisli in verschiedenen Positionen. 

So sind von den immerhin 850 Mitarbeiter*innen aus rund 60 Nationen bei Gate Gourmet Switzerland am Flughafen Zürich temporär jeweils zwischen 40 bis 60 Integrationsarbeitsplätze von der Stiftung Wisli – «einige davon konnten danach sogar als Festangestellte übernommen werden», wie der Geschäftsführer der Stiftung, Martin Bieber, in seinem Welcome Speech erfreut resümierte.

Auch für Markus Binkert, noch-CFO der Swiss, ist diese Partnerschaft eine Herzensangelegenheit, da er diese «seit Beginn im Jahre 2008 als damaliger Produktchef der Airline» hautnah miterlebte.

«Wer hätte daheim schon gerne jeden Tag 200 Tonnen Material vor der Haustüre?!»

An diesem Event standen aber für einmal nicht die aufwändig und optisch ansprechenden Mahlzeiten im Vordergrund, welche täglich zu x-tausenden in die Welt hinaus geflogen werden, sondern vielmehr der so oft zitierte Nachhaltigkeitsaspekt.

Umweltverträglichkeit ist ein sehr wichtiger Faktor, so steht die Reduktion von Abfall, insbesondere Foodwaste sowie die Förderung von Recycling permanent im Mittelpunkt, das wird sehr schnell deutlich.

Diese Visualisierung von Markus Gfeller wurde beim anschliessenden Betriebsrundgang in der Praxis erläutert. ©TRAVEL INSIDE

Schon bei der Begrüssung visualisierte Gate Gourmet Managing Director Martin Gfeller eindrücklich, was dem normalen Fluggast oft nicht bewusst ist – eben die ‘Kehrseite der Medaille’.

Am Beispiel des 10. April 2024, dem Tag des Events, zeigte er die Mengenbilanz auf, die an einem durchschnittlichen Tag bei Gate Gourmet verschoben wird.

Dabei verlassen total 290 Tonnen Material (Hardware und Lebensmittel) Zürich in alle Welt hinaus. Rund 90 Tonnen davon werden verbraucht, konsumiert oder gehen verloren. 200 Tonnen kommen in Form von Hardware, Abfall und oder Foodwaste jeden Tag wieder zurück. Und diese 200 Tonnen müssen zuerst einmal gehandelt, recycelt, entsorgt oder im besten Fall wieder aufbereitet werden.

«Wer hätte bei sich daheim denn schon gerne 200 Tonnen Material jeden Tag vor der Haustüre», beschloss er sein Beispiel.

Auf dem anschliessenden Rundgang durch den Betrieb standen genau diese Faktoren im Mittelpunkt und es wurde veranschaulicht, wie Gate Gourmet dies eben handelt. Wie zum Beispiel das Inbound Recycling funktioniert, wie ungebrauchte Konserven, ungekühlt haltbare Produkte von recyclebarem Abfall und sauberem, noch verpacktem Equipment getrennt, sortiert und weiterverarbeitet werden.

Hot Towels werden mit einer Gipfelimaschine gerollt

Die Zahlen belegen dies: So werden täglich rund 2,5 Tonnen Besteck wieder aufbereitet. Swiss verwendet nur wieder verwendbares Metallbesteck in allen Klassen, welches in einem speziellen Vorgang mit Keramik- und Maisgranulat gereinigt und poliert wird. Andere Airlines sind noch nicht soweit und arbeiten noch mit Plastik, zum Teil sogar Einweg.

Nicht nur Food, sondern auch zwischen vier und fünf Tonnen Kissen, Decken und Duvets werden täglich aufbereitet. Samuel Schneeberger, Urgestein bei Gate Gourmet, erläuterte zur Umsetzung der Nachhaltigkeit in allen Bereichen, dass man zuweilen auch auf unkonventionelle Methoden zurückgreife: «Zum rollen von ‘Hot Towels’ verwenden wir eine ausrangierte Gipfelimaschine aus dem Keller, der wir auf diese Weise neues Leben einhauchen konnten».

Es werden insgesamt rund 38% des gesamten Abfalles recycelt. Ziel ist es laut Melanie Heiniger, seit drei Jahren Nachhaltigkeitsverantwortliche von Swiss, diese Quote zu steigern.

«Seuchengesetze und Regularien erschweren die Nachhaltigkeit – es könnte mit vereinfachter Gesetzgebung vieles mehr recycelt statt vernichtet werden. Zusammen mit anderen Airlines sind auch entsprechende Vorstösse auf politischer Ebene in Vorbereitung», so Heiniger, die seit kurzer Zeit auch als Cabin Crew Member an der Front ist. «Wenn es die Zeit erlaubt, um eben nicht nur vom Büro aus zu wirken, sondern direkt am Puls zu sein und beide Seiten zu sehen, um mir praxisnahe ein Bild zu verschaffen und neue Inspiration zu holen», wie sie TRAVEL INSIDE verrät.

Täglich werden so 880 kg Karton, 61 kg Aludosen, fast 200 kg Papier, 700 kg Glas, 100 kg Tetra Packs, 205 kg PET und 12 kg Kaffeekapseln/Pats recycelt. Dazu kommen jeden Tag 480 kg organische Küchenabfälle und 1,4 Tonnen Getränkereste in die Biogas Produktion und werden zu Strom und Wärme.

Nicht nur in der Luft, sondern auch am Boden fallen Abfälle an. Speziell in den Lounges am Flughafen, welche ebenfalls von Gate Gourmet bespielt werden. Da geht man mittlerweile ganz innovative Wege, um dem Foodwaste-Problem Herr zu werden.

Das Schweizer Startup ‘Kitro’, seit 2017 am Markt, hat nämlich ein KI-basiertes System entwickelt, um Menge, Zeit, Art und Form von Foodwaste exakt bestimmen zu können, welches ebenfalls am Event präsentiert wurde.

Dabei werden in den Küchen die Tonnen für organische Abfälle auf eine Waage gestellt, und alles, was hineingeworfen wird, wird automatisch gewogen und fotografiert und sofort ans System weitergeleitet.

So erhält Gate Gourmet ein absolut zuverlässiges Abbild, wann, wo wie viele Lebensmittel entsorgt werden mussten, seien dies nun Spargeln, Ananas, Bananen oder Confiserie-Produkte. Mit diesen Informationen und Werten können dann Abläufe und Mengen optimiert werden, was sehr direkt zur Reduktion von Foodwaste umgesetzt werden kann.

Daniel Dietrich, der Executive Chief del Lounges bei der Gate Group, schwört gegenüber TRAVEL INSIDE auf das System: «Wir können erst konkret Abfall reduzieren, wenn wir wissen, wann und wo genau am meisten davon anfällt. Aktuell haben wir umgerechnet auf jeden einzelnen Lounge-Gast rund 34-45 Gramm Foodwaste. Da wir nun genau wissen, zu welcher zeit welche Lebensmittel am häufigsten in der Tonne landen, können wir optimieren, und konnten in den 4 Monaten, in denen das System jetzt läuft, bereits 14-16% Foodwaste nachweislich reduzieren. Ziel wären rund 30%.»

Auch andere Schweizer Start-Ups mit Verbesserungen im Nachhaltigkeitsbereich, durften sich präsentieren. So konnte etwa Jessica Farda ihr Unternehmen ‘Noriware’ vorstellen, welches gerade die Herstellung einer Kunststofffolie auf Algenbasis und ein entsprechendes Granulat dazu entwickelt.

Dieser VIP-Event von Gate Gourmet zeigte auf, dass am Zürcher Flughafen Nachhaltigkeit und Innovation sowie soziales Engagement durchaus keine Floskeln sind, sondern dass diese täglich und sehr aktiv betrieben und optimiert werden.

Christoph Fontanive, Flughafen Zürich