TI-Umfrage: Viele Retailer sind trotz Pandemie risikobereit

Trotz Haftung betreiben knapp die Hälfte der Reiseprofis während der Pandemie ‘Micro Touroperating’.
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War das ‘Micro Touroperating’ vor der Pandemie in der Schweizer Outgoing-Reisebranche ein weitverbreitetes Geschäftsmodell, wurde es mit dem Pandemieausbruch im Februar 2020 jäh in Frage gestellt.

Gemäss dem Pauschalreisegesetz (PRG, Art. 2), wird man zum Veranstalter, wenn man Pauschalreisen von mindestens 24 Stunden Dauer, bestehend aus zwei Leistungen (Transport und weitere Leistungen), nicht nur gelegentlich organisiert. Und zwar auch dann, wenn die einzelnen Leistungen separat berechnet werden.

Entsprechend haftet man für die gehörige Vertragserfüllung, unabhängig davon, ob einzelne Leistungsträger die vertraglichen Leistungen erbringen (PRG, Art. 14).

Mit den damals notwendigen Rückholungen von Kunden, die Erstattungsforderungen seitens der Kunden und die ausbleibenden Rückerstattungen seitens Leistungsträger, insbesondere Airlines und Hotelanbieter, trat diese Haftungsklausel vehement in den Vordergrund und brachte viele Reisebüros in rechtlich und wirtschaftlich schwierige Situationen.

Das Resultat der Online-Umfrage von TRAVEL INSIDE zeigt nun, dass die Mehrheit der Agenten lernten, mit der Pandemie und den damit verbundenen Risiken umzugehen. Mit 49% bestätigten knapp die Hälfte der Antwortenden, dass sie trotz und während der Pandemie als ‘Micro Touroperator’ agieren. Immerhin ein Viertel (25%) werden dieses Geschäftsmodell so bald als möglich wieder anwenden und nur ein gutes Viertel (26%) sind und werden auch in Zukunft reine Vermittler bleiben.

Über die Gründe dieser Risikobereitschaft kann nur spekuliert werden: Ein Grund ist sicher, dass die Leistungsträger (Airlines, Hotelanbieter, Reedereien etc.) ihre Annullationsbedingungen stark flexibilisierten.

Ein weiterer Grund kann sein, dass wegen der disruptiven Auswirkungen der Pandemie, Veranstalter gar nicht flexibel genug auf die ständig wechselnden Rahmenbedingungen und daraus entstehenden spezifischen Kundenbedürfnisse reagieren konnten.

Hans-Peter Brasser