Andi Restle: «Der Umsatzanteil von Reisebüros beträgt knapp 20 Prozent»

Andi Restle, Geschäftsleiter der Coop ITS Travel AG, im Interview über das vergangene Jahr und die Erwartungen für 2023.
Andi Restle, ITS Coop Travel / zVg

Seit 16 Jahren führt Andi Restle den Reiseveranstalter ITS Coop Travel. Das Joint Venture Unternehmen wurde im Sommer 2006 als Aktiengesellschaft gegründet und ist je zur Hälfte im Besitz der Coop Genossenschaft in Basel und DER Touristik Central Europe GmbH (REWE Group) in Deutschland. Die touristischen Leistungen für ITS Coop Travel werden von DER Touristik erbracht und Coop unterstützt in der Verteilung und Vermarktung der Reiseangebote in der Schweiz.

TRAVEL INSIDE hat mit Andi Restle über das vergangene Jahr, die aktuellen Buchungszahlen und die Erwartungen für 2023 gesprochen.


Andi Restle, womit möchte ITS Coop besonders punkten? Wo liegen Ihre Stärken? 

ITS Coop Travel fokussiert sich auf Pauschalreisen für klassische Badeferien am Meer und Unterkünfte mit Eigenanreise in der Schweiz und den umliegenden Ländern. Wir konzentrieren uns auf den Direktvertrieb, d.h. wir verfügen über eine gut strukturierte und benutzerfreundliche Internetseite und bieten über eine gratis Telefonnummer eine kompetente Kundenberatung an.  

Was unterscheidet ITS Coop Travel von anderen Anbietern? 

Unsere beiden Mutterhäusern DER Touristik in Deutschland und Coop bieten uns eine Menge Vorteile. Bei DER Touristik profitieren wir von einem umfassenden Produktportfolio und tiefen Kosten für sämtliche touristischen Leistungen und Services. Coop bietet uns wertvolle Möglichkeiten und Unterstützung in Vertrieb und Marketing. Aber vor allem profitieren wir von der Bekanntheit und dem Vertrauen in die Marke Coop. Durch die beiden Mutterhäuser profitieren wir von tiefen Kosten und durch den hohen Direktvertriebsanteil haben wir einen Kalkulationsvorteil, was in unseren Verkaufspreisen zum Ausdruck kommt. Wir können ein hervorragendes Preis/Leistungsverhältnis anbieten. Schliesslich gibt es nur bei uns wertvolle Coop Superpunkte. Man müsste eine Menge einkaufen, um auf einen Schlag so viele Punkte zu ergattern. 

Wie viel verkauft ITS Coop Travel (prozentual) über Reisebüros und wie viel ist online? 

Der Umsatzanteil von Reisebüros beträgt knapp 20%. Vom Direktbuchungsanteil werden über die Hälfte der Buchungen auf unserer Internetseite vorgenommen, d.h. unser Online-Anteil liegt gesamthaft bei über 40%. Es handelt sich aber über eine Wechselwirkung, entweder entsteht der erste Kontakt und die Beratung am Telefon und es wird anschliessend online gebucht oder die Kunden gelangen auf unsere Internetseite, rufen uns an und buchen telefonisch.  

Wie war das Reisejahr 2022 rückblickend bezüglich Umsatz, Destinatio­nen und Saisonalität im Vergleich zu 2019? 

Wir sind mit dem Jahr 2022 sehr zufrieden. Die Planung sah 75% des Umsatzes von 2019 vor. Es kam aber erheblich besser und wir sind per Ende Jahr noch knapp 15% unter dem Umsatz von 2019. Die Wintersaison war noch nicht so gut, dafür die Sommersaison umso besser, besonders der Ferienmonat Juli. Bei den Destinationen waren auch bei uns die griechischen Inseln, die Südtürkei, Zypern und die Balearen die Spitzenreiter. Im Fernbereich waren die Malediven die klare Nummer 1, gefolgt von der Dominikanischen Republik und den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo wir kräftig zulegen konnten. 

Welches Thema hat Sie respektive Ihre Firma in 2022 am meisten beschäftigt? 

Anfangs Jahr waren die Aussichten durch die Corona Pandemie, bzw. die Omikron-Variante noch getrübt, sodass die Planung schwierig und die Kostenkontrolle entsprechend wichtig war. Ab Ende Januar ging es dann los. Nachdem das BAG die leidigen Vorschriften für die Einreise in die Schweiz aufhob, kam die Nachfrage schlagartig zurück. Zuerst wurde kurzfristig für Abreisen innerhalb der nächsten paar Wochen gebucht und schon bald stieg der Buchungseingang für die Sommerferien. Die grosse Nachfrage hielt bis zu den Sommerferien an. Es war ziemlich herausfordernd, die Anrufe und Mailanfragen zu bewältigen. Unser Team setzte sich aber hervorragend ein und wir konnten trotz grossem Ansturm einen guten Kundenservice bieten. Gleichzeitig mussten wir alle Hebel in Bewegung setzen, um Personal zu finden. Es gelang uns glücklicherweise, die zwischenzeitlich nicht besetzten Stellen qualitativ gut zu besetzen. 

Welche Einflüsse (Klima, Krieg, Konflikte, Krisen – Energie, Inflation etc.) werden sich im Kundenver­halten aus Ihrer Sicht im 2023 wie niederschlagen? 

Wir erachten die Inflation und die höheren Energiekosten als grösste Einflussfaktoren, wobei die Inflation in der Schweiz im Vergleich zum Ausland relativ gering ist. Jedoch können wir durch unser grosses Angebot für jedes Budget eine Lösung bieten. Vielleicht wird die Nachfrage nach Unterkünften mit Eigenanreise wieder wachsen. Die anderen Faktoren können wir nicht beeinflussen. Bereits während Corona hat sich gezeigt, dass wir als relativ kleines Unternehmen sehr flexibel sind und uns den Rahmenbedingungen schnell anpassen können. 

Wie sind die Erwartungen für 2023 punkto TO und Retail im Vergleich zum 2022? 

Für 2023 planen wir den Umsatz von 2019 zu erreichen. Dabei hilft uns das neue Reservierungssystem, wo wir durch Schnittstellen auf grossen Flugcontent zugreifen können und dank DER Touristik über ein breites und tiefes Unterkunftsangebot verfügen. 

Glauben Sie, dass es weiter aufwärts geht? 

Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, um unsere Ziele zu erreichen und setzen alles daran, das Kundenerlebnis stetig zu verbessern. Wir konzentrieren uns im Marketing auf Direktkunden und können einen sehr guten Kundenservice bieten. Die Attribute Vertrauen, Sicherheit, persönlicher Kontakt und Erreichbarkeit sind entscheidend. Diese erfüllen wir wie unser Kundenversprechen zu 100%. 

Werden Ihre Reisepreise im kommenden Jahr ansteigen? 

Die Hotelverträge wurden durch unser Mutterhaus frühzeitig abgeschlossen. Die moderaten Preiserhöhungen können wir beim grossen Teil des Angebots durch den tieferen Eurokurs kompensieren. Die Flugpreise sind dynamisch und werden zum grossen Teil von Angebot und Nachfrage beeinflusst. Es kann je nach Reisetermin in die eine oder andere Richtung gehen. Wir bieten attraktive Marktpreise, wobei unsere Kunden von den erwähnten Kosten- und Kalkulationsvorteilen profitieren. 

Was hat sich oder wird sich in Zukunft an ihrem Portfolio ändern? 

Sobald neue Destinationen von einer Fluggesellschaft bedient werden, können wir diese in unser Angebot aufnehmen, für 2023 zum Beispiel Oman und Sansibar. Wir sind aber laufend daran, unser Unterkunftsangebot in den bestehenden Destinationen zu erweitern.  

Wie begegnet Ihr Unternehmen dem Fachkräfte­mangel, was muss die Branche diesbezüglich besser machen? 

Auch wir müssen die bekannten Gründe Salär und fehlende Entwicklungsmöglichkeiten zur Kenntnis nehmen. Beim Salär besteht in der Branche Handlungsbedarf, denn die Anforderungen sind mit der technischen Entwicklung gestiegen. Wir erhöhen die Saläre unseres Verkaufspersonals für 2023 überdurchschnittlich. Im Weiteren bieten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Schulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Mit einem Employer Branding Konzept zeigen wir auf, welche Vorteile wir als Arbeitgeber bieten – und das sind nicht wenige. Bei neuem Personal bieten wir immer wieder Quereinsteigern die Möglichkeit, in die Tourismusbranche einzusteigen. Die Zeitinvestition ist vielleicht etwas höher, aber die Entwicklung solcher Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger war immer erfreulich. 

Interview: Yannick Suter