Air-Berlin-Deal: Absprachen zwischen Lufthansa und der deutschen Bundesregierung

Interne Mails sollen belegen, dass die Lufthansa-Spitze lange vor der Öffentlichkeit von der Pleite des Konkurrenten erfahren habe.
Lufthansa Airbus A319-114
© Lufthansa

Von Experten wurde schon lange vermutet, dass der Deal zwischen Air Berlin und Lufthansa nicht ganz koscher gewesen sei. Nun sollen interne Mails belegen, dass es zu Absprachen zwischen der Deutschen Bundesregierung und der Lufthansa-Spitze kam. Die brisanten Dokumente sollen der «Süddeutschen Zeitung», sowie den Reportern von «WDR» und «NDR» vorliegen.

Lufthansa soll vor der Öffentlichkeit von der Air-Berlin-Pleite gewusst haben
Gemäss deren Recherchen soll die Bundesregierung bereits am 11. August 2017 von der drohenden Insolvenz erfahren haben. Das Timing war ungünstig, schliesslich standen gerade die Wahlen an. Weil die Politiker verhindern wollten, dass Tausende Air-Berlin-Kunden stranden, entschlossen sie sich kurzerhand für einen Kredit. Dies aber offenbar im Wissen darum, dass der 150-Millionen-Kredit auf äusserst wackeligen Beinen steht, was auch durch eine Prüfung der Beratungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers belegt worden sei. Daraufhin hätten Regierungsmitglieder Kontakt zur Lufthansa aufgenommen, und auch direkt mit dem Vorstandsvorsitzenden von Air Berlin, Thomas Winkelmann, und Lufthansa-Chef Carsten Spohr telefoniert, schreiben die genannten deutschen Medien.

«Einer der grössten Wirtschaftsskandale in der Ära Merkel»
Dies birgt Zündstoff, denn es hiesse, dass Lufthansa schon vor der Öffentlichkeit erfuhr, dass ihr grösster Konkurrent pleite war. Selbst ein Kaufvertragsentwurf soll schon vorgelegen haben. Diese Recherchen kommentierte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Katharina Dröge, bereits als «einer der grössten Wirtschaftsskandale in der Amtszeit von Angela Merkel». Doch es kommt noch happiger für die involvierten Parteien: Denn in der Berichterstattung wird der Vorwurf erhoben, dass keine ausreichende Prüfung erfolgt wäre, ob der Air-Berlin-Niki-LGW-Lufthansa-Deal überhaupt kartellrechtlich bewilligungsfähig ist und darüberhinaus die kommunizierten Kaufpreise realistisch sind. Gute PR in eigener Sache vor den anstehenden Wahlen seien wichtiger gewesen als eine gewissenhafte Prüfung des Deals.

Regierung habe Lufthansa Zeit geschenkt
Doch Lufthansa habe derart gute Vorbereitsungsarbeit geleistet, dass der Gläubigerausschuss den Deal zur Übernahme des Löwenanteil der Air Berlin inklusive LGW und Niki für einen dreistelligen Millionenbetrag quasi nur noch abgenickt habe. An diesem Deal hielten Air Berlin, Lufthansa und die deutsche Regierung selbst dann noch fest, als die EU-Kommission mehrfach vor gravierenden kartellrechtlichen Problemen warnte. Schliesslich erhielt Lufthansa im darauffolgenden Bieterverfahren den Zuschlag für Air Berlin – und trotzdem ging der Plan der Bundesregierung nicht auf. Denn am 13. Dezember zog Lufthansa bekanntlich ihr Kaufangebot über EUR 75 Mio. für Niki zurück, verleibte sich jedoch die Luftfahrtgesellschaft Walter – für gerade einmal EUR 18 Mio. Gleichzeitig soll  sich Lufthansa jedoch direkt bei den Flugzeugeigentümern den Zugriff auf Fluggerät von Air Berlin und Niki gesichert haben. Die deutschen Medien legen den Schluss nahe, dass die Regierung dem Kranich-Konzern Zeit für den Abschluss der Verhandlungen mit den Flugzeugeigentümer geschenkt habe.

Der Fall Air Berlin wird am nächsten Mittwoch Thema im Haushaltsausschuss des Bundestages sein. Die involvierten Politiker müssten sich dann wohl erklären, inwiefern sie Lufthansa den Air-Berlin-Deal auf dem Silbertablett überreicht haben, ohne den anderen Bietern eine wirkliche Chance zu lassen, Teile der insolventen Airline übernehmen zu können. (ES)