Edelweiss: «Neue Langstrecken-Destination benötigt zwei bis drei Jahre»

Oliver Lenz, Network Planning & Development Edelweiss, zu neuen Destinationen, wichtigen Frequenzen und den Top-Langstrecken des Schweizer Ferienfliegers.
Oliver Lenz, Network Planning & Development Edelweiss ©TRAVEL INSIDE

Oliver Lenz ist seit 2013 bei Edelweiss. Seit vier Jahren ist er in der Netzwerkplanung des Schweizer Ferienfliegers tätig, die seit Anfang des Jahres eine eigene Abteilung im Commercial-Bereich bildet. Seine Hauptaufgaben sind dort die Netzwerkplanung und die Netzwerkentwicklung.

TRAVEL INSIDE hat ihn zu neuen Destinationen, bestimmten Frequenzen und Top-Langstrecken befragt. Ausserdem erklärt er wie die Edelweiss mit neu aufgenommenen Zielen umgeht. Ob es dafür Richtwerte gibt oder neue Destinationen nach einem schwachen Jahr direkt wieder aus dem Flugplan entfernt werden, erfahren Sie im Online-Interview.

Mehr über die Flugplanung der Edelweiss gibt es heute Donnerstag in der aktuellen Print-Ausgabe von TRAVEL INSIDE.


Oliver Lenz, wird eine Destination schon nur durch die Tatsache, dass ein Edelweiss-Non-Stop-Flug existiert, interessanter für Schweizer*innen?

Ich denke schon, dass das Edelweiss-Streckennetz eine Inspiration bietet. Wir gehen auch davon aus, dass ein neuer Direkt- oder Non-Stop-Flug von uns die Nachfrage grundsätzlich pusht.

Wie gehen Sie mit neuen Destinationen um – haben die eine Art Schonfrist?

Vor der Pandemie hatten wir dafür Richtwerte. Auf der Langstrecke braucht eine neue Destination zwei bis drei Jahre, um sich entwickeln zu können. Wir reden da ja nicht von etablierten Zielen wie New York, sondern frische Destinationen, die aus der Schweiz noch nicht non-stop angeboten wurden. Während der Pandemie konnten wir uns solche Investitionen aber weniger leisten.

Auf der Kurzstrecke ist es etwas anders, da sollte eine Destination im zweiten Jahr einen Gewinn abwerfen, ansonsten müssen wir Optimierungen vornehmen. Destinationen einzustellen, bleibt aber eine Seltenheit, da schauen wir zuerst, was wir tun können, damit die Strecke doch noch in Fahrt kommt.

Für eine Einstellung braucht es schon ganz klare Gründe, wie beispielsweise bei Inverness. Da haben wir gemerkt, dass Schottland zwar funktioniert, aber mehr über Edinburgh als über Inverness und deshalb wurde die Frequenz eingestellt.

Auf der Langstrecke hat Edelweiss unter anderem die Frequenzen nach Colombo erhöht – was sind die Gründe dafür?

Als Colombo vor ungefähr fünf Jahren bei uns neu dazugekommen ist, hat sich die Destination enorm stark entwickelt. Dann kamen aber politische und wirtschaftliche Probleme Sri Lankas dazwischen, die diese positive Entwicklung arg gebremst haben.

Jetzt ist es aber so, dass wir mit Colombo wieder dahin zurückkehren möchten, wo wir mal waren, also auf zwei wöchentliche Non-Stop-Flüge. Für diesen Winter gibt es zwar ein reduziertes Angebot, aber für den Winter in einem Jahr ist das Ziel, wieder auf die ursprünglichen zwei Flüge pro Woche auszubauen.

Was sind die Top-Langstrecken der Edelweiss – was ist der ‘Edelweiss-Favorite’?

Einen Favoriten in dem Sinne haben wir nicht. Aber nennenswert ist sicherlich Costa Rica, wo wir fast das gesamte Jahr dreimal wöchentlich hinfliegen – das ist auf jeden Fall die Ausnahme, da wir sonst ein saisonales Geschäft haben. Wenn eine Destination praktisch das ganze Jahr dreimal pro Woche geflogen wird, ist das eine überaus starke Destination.

Im Sommer ist nach wie vor Nordamerika top, Im Winter sind Destinationen wie Südafrika und Phuket Schwerpunkte, und die ganze Karibik ist für uns über das gesamte Jahr hinweg sehr wichtig.

Welche Kriterien müssen potenzielle neue Ziele erfüllen, um im Edelweiss-Flugplan aufgenommen zu werden?

Wir stehen im stetigen Austausch mit den Tour Operators und versuchen auch zu verstehen, wohin Schweizerinnen und Schweizer reisen möchten. Auf der Langstrecke gibt es Reiseströme und man sieht, wohin geflogen wird. Grundsätzlich sind alle Ziele mit ein oder zweimal Umsteigen erreichbar. Auf der Kurzstrecke ist das nicht unbedingt so, da es einfach Flughäfen gibt, die nicht vernünftig erreichbar sind. Deshalb wird in solchen Fällen oft an einen Flughafen in der Nähe ausgewichen und dann mit dem Auto weitergefahren.

Durch die Reiseströme auf der Langstrecke sehen wir, wie sich Destinationen und Regionen in den letzten Jahren entwickelt haben. Wir sehen, wenn sich das Reisevolumen einer Destination verfünffacht ha,t und wenn diese Destination touristisch ist, dann ist es auf jeden Fall für uns interessant, diese genauer anzusehen und wir versuchen herauszufinden, wie wir diese Destination bedienen und ob wir eine genug grosse Nachfrage erwarten können.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir eine neue Langstrecken-Destination zweimal wöchentlich anfliegen möchten, brauchen wir ca. 600 bis 630 Kunden pro Woche, die dorthin reisen. Ein Teil kann mit Umsteiger abgedeckt werden, aber der Grossteil sollte aus der Schweiz kommen. Wenn das erwartete Volumen genug hoch und der Trend positiv ist, kommt die Destination sicher für uns in Frage.

Wie attraktiv sind für Edelweiss Destinationen, die noch nicht non-stop aus der Schweiz angeflogen werden?

Grundsätzlich ist es sehr attraktiv eine Destination zu finden, wo wir die einzigen sind. Es gibt aber praktisch keine solche ‘Low-Hanging-Fruits’, wo eigentlich jeder schon hinfliegen sollte, aber keiner tut es. Wenn es offensichtlich ist, wird es auch schon gemacht.

Bei einer Destination wie den Kapverden sind wir gerne bereit zusammen mit den TO etwas aufzubauen und wenn uns das gelingt, ist das natürlich super. Aber es ist deutlich einfacher, schneller umsetzbar und günstiger, Destinationen zu bedienen oder aufzustocken, wo bereits diverse andere Airlines hinfliegen.

Was ist denn die Schwierigkeit bei den Kapverden?

Es ist schon rein operationell eine Herausforderung. Eine Flugzeit von rund sechs Stunden kann mit dem Standard-Kurzstrecken-Flieger nicht bewerkstelligt werden. Für ein Langstrecken-Flugzeug sind die Volumen wahrscheinlich nicht realistisch. Wir sind die Airline, die Flüge auf die Kapverden umsetzen kann. Wir sind motiviert, das aufzubauen und haben ja bereits eine zweite Insel dazu genommen.

Gibt es noch andere solche Destinationen im Hinterkopf?

Im Februar starten wir mit Jordanien. Eine Destination, die wir als Trend sehen. Ich freue mich extrem darauf, dass wir das umsetzen können. Es ist aber auch keine Destination, die sich gleich verkaufen wird wie ein Hurghada. Die Leute müssen zuerst einmal auf die Idee kommen dahin zu fliegen. Im Moment haben wir das Gefühl, dass wir das schaffen. Aber es ist ein längerer und aufwändigerer Prozess als ein Mallorca oder Hurghada zu bedienen.

Interview: Yannick Suter