Noch ist die Intention des MGB, den Hotelplan en bloc verkaufen zu können, natürlich nicht vom Tisch. Am Erwerb einzelner Filetstücke oder Geschäftseinheiten könnte jedoch grosses Interesse bestehen.
Und da gibt es doch einige, die herausstechen. Beispielsweise die Geschäftseinheit Business Travel: BTA First Travel hat einen verrechneten Umsatz von CHF 111,3 Mio. oder Bruttoertrag 10,3 Mio., dies mit 60 Angestellten. Ebenfalls in der Einheit Geschäftsreisen operiert Finass Reisen mit einem verrechneten Umsatz von CHF 40,2 Mio., Bruttoertrag 6,7 Mio. und dies mit 20 Angestellten. Dies sind die im Geschäftsbericht ausgewiesenen Zahlen.
Die hiesige Reisebranche interessiert logischerweise was mit dem Marktleader Hotelplan Suisse mit seinen Tour Operator Marken Hotelplan, Migros Ferien, Travelhouse, Tourisme Pour Tous und den Filialen passieren wird.
Hotelplan Suisse ist einerseits eine Gesellschaft (MTCH AG) aber auch eine von fünf Geschäftseinheiten. zudem für die Distribution sämtlicher Produkte auf allen Kanälen, inklusive der schweizweit 82 eigenen Reisebüros, respektive Standorte zuständig.
Hotelplan Suisse als Geschäftseinheit verantwortet das Tour Operating der beiden Spezialisten Marken Travelhouse und Tourisme Pour Tous in der Westschweiz. Weiter ist Hotelplan Suisse auch für die Distribution sämtlicher Produkte auf allen Kanälen, inklusive der schweizweit 82 eigenen Reisebüros, sowie die Marketingaktivitäten der beiden Marken Hotelplan und Migros Ferien zuständig.
Die Geschäftseinheit Hotelplan Suisse beschäftigt insgesamt rund 550 Angestellte, davon knapp 400 im Retail. HP Suisse erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von 227,7 Mio. Franken (+ 44%). Von den 82 Standorten entfallen 69 auf den Brand Hotelplan, 4 Büros sind Travelhouse und die Geschäftseinheit Business Travel hat insgesamt 7 Standorte.
Umsatzmässig ist die Geschäftseinheit Volume Tour Operating viel grösser und weist 2023 einen Umsatz von 857,6 Mio. Franken (+ 22%) aus. Dieser Bereich verantwortet das Badeferien- und Städtereisengeschäft mit den TO-Marken Hotelplan, Migros Ferien und Vtours mit 140 Mitarbeitenden im deutschen Aschaffenburg. Ebenfalls Teil des Bereiches ist das Flugbroker-Geschäft in der Schweiz und in Deutschland.
Die geschätzten Detail-Umsätze
Bei den nachstehend genannten Umsätzen von Hotelplan nach Marken handelt es sich um Schätzungen von TRAVEL INSIDE. Demnach kommt die TO-Marke Hotelplan 2023 auf zirka 200 Mio., Migros Ferien auf 90 Mio. und das Fluggeschäft auf 80 Mio. Franken. Die deutsche Vtours, 2014 gekauft, erzielt vermutlich gegen 450 Mio. Franken. Dies zählt zum Volume-Business.
Bei der Einheit Hotelplan Suisse – immer gemäss TI-Schätzungen – entfallen im Spezialistengeschäft auf Travelhouse auf 85 Mio., die Romandie-Marke TPT erreichte rund 40 Mio. und etwa 13 Mio. Umsatz dürfte auf der Sparte Kreuzfahrten zugeschrieben werden.
Von den ausgewiesenen 227,7 Mio. Franken Umsatz in der Einheit Hotelplan Suisse dürfte rund die Hälfte auf die 75 Filialen entfallen. Wobei hier ‘nur’ der erwirtschaftete Eigenertrag gezählt wird, und nicht der verrechnete Umsatz. Ausserdem ist die Rechnung konsolidiert. Der verrechnete Umsatz der Filialen muss bei zirka 400 Mio. liegen.
Mögliche Szenarien
Insbesondere betrifft die Sorge die 75 Filialen der Geschäftseinheit Hotelplan Suisse. Sollte ein Mitbewerber die Akquisition in Betracht ziehen, so würden mit Sicherheit die Standorte geprüft werden.
Von den möglichen, potenziellen und auch potenten Interessenten für Hotelplan Suisse als Ganzes kommen insbesondere die DER Touristik in Frage. Dort dürfte vermutlich ein Interesse bestehen. Aber dies könnte für das HP-Retail-Netz und deren Angestellten brutal werden.
Bekanntlich war es 2016 umgekehrt: Hotelplan war als Käufer von Kuoni im Rennen. Die Kartellrechtlichen Auflagen hätten – Spekulationen zufolge – ein Ausdünnen von mindestens 60 Reisebüros schweizweit bedingt. Aber es kam dann bekanntlich anders. DER Touristik übernahm Kuoni – nun könnte sich der Spiess umdrehen.
Interessant für einen möglichen Käufer ist die Frage nach der Verknüpfung mit der Migros Ferien als Reisemarke braucht eine neue Einbettung, ein Joint-Venture-Deal mit einem Grossverteiler und einem Reiseunternehmen wäre durchaus möglich, so à la ITS-Coop.
28 Filialen haben mit Migros einen Mietvertrag
Bei den Filialen weiss man, dass Hotelplan die Nähe zu den Migros-Märkten hat. Auf Anfrage von TRAVEL INSIDE präzisiert Hotelplan: «Zurzeit haben wir an 28 Standorten einen regulären Mietvertrag mit einem Migros-Unternehmen zu marktüblichen Konditionen. Nicht in allen Fällen ist die Liegenschaft im Besitz der Migros. Wir haben in den letzten zwei Jahren unsere Strategie konsequent umgesetzt – und dazu gehören Investitionen in unsere Filialen. Wir glauben an die Zukunft der stationären Standorte und halten an unserer Retail-Strategie fest.»
Aber auch eine Übernahme durch ein Schweizer Reiseunternehmen oder in der Schweiz tätiges Unternehmen wäre möglich. Da fallen Namen wie Falkensteiner (Falk Travel), oder Lidl, Aldi. Die Globetrotter Group oder auch die Twerenbold Gruppe dürften wohl kaum einen Vorteil in der Akquisition sehen.
Bleibt noch Knecht Reisen, wo wohl zumindest die Finanzen kein Hindernis darstellen dürften. An Travelhouse könnten die Aargauer erneut Interesse zeigen, beim Verkauf von Travelhouse war Knecht nebst Hotelplan am Bieten, zog aber damals bekanntlich den Kürzeren.
Wie üblich geben sich möglich Käufer zu Beginn des Verkaufsprozesses bewusst und betont zurückhaltend. Die Zeit läuft indes gegen die Interessen von Verkäufer und Käufer, denn das Vertrauen von Kundschaft und Angestellten sinkt eher, als dass es steigt. Auch die Motivation ist ein diffiziles Thema. Derzeit scheint das Management auf ‘jetzt-erst-recht’ zu machen. Was bleibt ihnen auch anderes übrig, nachdem ihr Besitzer sie ziemlich ‘überrumpelt’ hat. (AH)
