Wird Booking ein Pauschalreiseanbieter?

Je nach Art des Angebots könnte das PRG auch für Online-Buchungsplattformen gelten, sagt die Reiserechtlerin im dritten Teil der Serie von TRAVEL INSIDE.

Das Internet-Buchungsportal Booking will ein Komplettanbieter werden. Flüge und Mietwagen waren bisher ein Nebengeschäft, das jetzt mit Buchungsmöglichkeiten für Transfers, Restaurants und viele weitere touristische Angebote erweitert werden soll.

Wird der Online-Ferienanbieter damit zum Pauschalreise-Anbieter in der Schweiz, untersteht damit dem Pauschalreisegesetz und muss eine Kundengeldabsicherung haben? Nicht unbedingt, aber möglich wäre es, wie Abklärungen von TRAVEL INSIDE bei Spezialisten ergab. Es kommt darauf an, ob Booking eine fixfertig paketierte Reise zu einem Komplettpreis verkauft oder jeden Baustein als Einzelteil vermittelt.

«Heute separate Vorgänge»

«Es hängt davon ab, wie sie es machen», erklärt Marco Amos, Geschäftsführer des Garantiefonds der Schweizer Reisebranche, dem grössten Kundengeldabsicherer im Land. «So wie es heute implementiert ist, sind Buchungen von Hotels, Mietwagen und Flüge separate Vorgänge, wo Boooking.com als Vermittler für den eigentlichen Anbieter der Leistung dient. Auch der Buchungsprozess ist jeweils separat, da findet keine Zusammenführung zu einem Package statt», so der Ökonom.

Die Ansage, dass Kundinnen und Kunden die Möglichkeit hätten, eine komplette Reise aus einer Hand zusammenzustellen, führt nach Amos nicht automatisch zu einer Pauschalreise: «Ich interpretiere das so, dass eben der Kunde die Reise aus Einzelleistungen zusammenstellt.» Somit wäre Booking.com dann nicht der Veranstalter, der die Leistungen auswählt, paketiert und so dem Kunden offeriert, sondern nur der Auftragnehmer und Vermittler, der spezifische, einzelne Reiseleistungen im Namen und im Auftrag des Kunden bucht.

«Keine Ausnahmen für Online-Plattformen»

Nun kommt es also darauf an, wie Booking seine angekündigten Komplettreisen anbieten wird – als Package zu einem Gesamtpreis oder als Puzzle, das der Kunde selber zusammensetzt und jede einzelne Leistung auch einzeln bezahlt. «Wenn das jeweilige Angebot die Voraussetzungen einer Pauschalreise erfüllt, so untersteht auch Booking dem Pauschalreisegesetz (PRG) – es gibt für Online-Plattformen keine Ausnahmen», hält Sophie Winkler, auf Reiserecht spezialisierte Rechtsanwältin, fest.

«Wenn künftig ein Woche Malta inklusive Flug, Hotel und Mietwagen zu einem Gesamtpreis bei Booking gebucht werden, so wäre dies meines Erachtens eine dem PRG unterstellte Pauschalreise», so die Juristin. Und dass dem so sein könnte, dafür gibt es Anzeichen: «Insbesondere die Hinweise darauf, dass die Kundinnen und Kunden die Möglichkeit erhalten, eine komplette Reise aus einer Hand zusammenzustellen sowie die Kunden den Zahlungsvorgang nur einmal ausführen müssen, deuten auf eine Pauschalreise hin.»

Auch der Gesamteindruck zählt

Ebenfalls eine Rolle spielen könnte, was für ein Gesamteindruck dem Kunden anlässlich der Vertragsschlusses letztendlich vermittelt wird: Entsteht beim Buchenden der Eindruck, dass er ein «Package» bucht oder nicht? «Wenn ja, dann ist eine Unterstellung unter das PRG wahrscheinlich. Bei der Buchung von mehreren Dienstleistungen zur selben Zeit über die selbe Plattform zu einem Gesamtpreis dürfte dies in der Regel der Fall sein», sagt Winkler.

In der EU bestehen dahingehend entsprechende Informationspflichten. Das Schweizer PRG kennt, anders als die EU, den Begriff der «verbundenen Reiseleistungen» nicht. Diese relativ neue Kategorie geniesst einen gewissen Basisschutz für die Kunden.

AGB auf dünnem Eis

Im Kern muss gemäss der EU-Richtlinie der Reiseanbieter den Kunden transparent darüber informieren, ob er eine Pauschalreise bucht oder nicht und wie weit er abgesichert ist. Reisebüros, die verbundene Reiseleistungen verkaufen, müssen grundsätzlich eine Sicherheit für die Rückerstattung der Zahlungen von Kunden bieten, falls vermittelte Leistungen wegen Insolvenz nicht erbracht werden kann – letztlich eine Kundengeldabsicherung.

Diese hebeln die Online-Buchungsplattformen insofern aus, indem sie sich in ihren AGB als reine Vermittler bezeichnen. Damit sind sie nicht selber Vertragspartner des Kunden und stehen ihm gegenüber auch nicht direkt in der Pflicht. Die Plattformen bewegen sich dabei indes auf einem schmalen Grat.

Das Aushebeln aushebeln

Sollte dies nämlich aus dem Buchungsvorgang für den Kunden nicht klar hervorgehen, kann man auch davon ausgehen, dass dies zulasten der Plattform ausgelegt und eine Pauschalreise mit dem Portal als Vertragspartner angenommen wird. Und der Kunde damit in den Genuss des Schutzes des PRG kommt. Entscheiden müssten das wohl die Gerichte.

Man wird also genau hinschauen müssen, wie das erweiterte Angebot von Booking genau aussieht und wie es präsentiert wird. Wenn die Plattform ihr Versprechen einhält, eine ganze Reise bequem mit nur einem Zahlungsvorgang zu buchen, könnte sie selber als Pauschalreiseanbieter eingestuft werden. Und dann müsste sie wie jeder andere Veranstalter wie die drei Grossen oder auch jeder Micro TO für jeden einzelnen Reisebaustein gerade stehen und eine Kundengeldabsicherung haben.

(Christian Maurer)

Lesen Sie am Montag in der nächsten Folge der Serie von TRAVEL INSIDE, wie sich die Retailer und TO im Wettbewerb mit Internet-Buchungsplattformen aufstellen und was sie von der Politik erwarten.