«Turnaround von Gulf Air bis 2009 ist zu schaffen» (Ausgabe 2007-17)

Dosé verordnet die neue Medizin «Get Well». Die Finanzspritze beträgt 1 Milliarde Franken. Akut werden Personal, Flotte und Routen behandelt.

Am 1. April hat André Dosé (50) offiziell sein neues Amt als CEO & President bei Gulf Air (GF) angetreten. Inoffiziell wurde der erste CEO der Swiss bzw. letzte CEO der Crossair schon ein paar Wochen zuvor am Hauptsitz seines neuen Arbeitgebers in Manama gesichtet. Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte der gebürtige Basler am 15. April: Dosé überreichte den Pokal für den zweiten Platz des von Gulf Air gesponserten Formel-1-Rennens von Bahrain.

Zwei Tage später legte der Schweizer den Medien – auch via Webcast – sein Sanierungsprogramm für die angeschlagene Fluggesellschaft vor. Unter dem Namen «Get Well» werden in den nächsten beiden Jahren rund 310 Mio. BHD (998 Mio. CHF) investiert. Gegenwärtig verliert Gulf Air nach eigenen Angaben mehr als 0,5 Mio. BHD (1,6 Mio. CHF) pro Tag. Kumuliert beläuft sich der Verlust, inklusive 2007, auf über 254 Mio. BHD (818 Mio. CHF). Trotzdem glaubt Dosé, dass der Turnaround bis 2009 zu schaffen ist.
Alleine 2006 hat Gulf Air mehr als die Hälfte dieses Finanzlochs eingeflogen (siehe Tabelle) – budgetiert war indes ein Gewinn von 26 Mio. BHD (83,2 Mio. CHF). Der Verlust kam zustande, obwohl man den Sitzladefaktor um 0,4% auf 72,1% steigern konnte. Dennoch wurden mit 7,1 Millionen Passagieren 4,0% weniger befördert als im Vorjahr.

Entsprechend verkündet Dosé einen massiven Abbau, um Gulf Air wieder in die Gewinnzone zu steuern. In einem ersten Schritt wird die Flotte von 34 auf 28 Flugzeuge reduziert. Ab Juli wird sie vollständig auf Airbus umgestellt. Alle neun B-767-300 (236 bzw. 257 Pax) und neun A340-300 (293 Pax) werden ausgemustert. Im Zuge dessen werden vier A321 (170 Pax) sowie sechs A330-300 (293 Pax) angeschafft. Die sechs A330-200 (215 Pax) werden durch zwei weitere ergänzt. An den zehn A330-200 (136 Pax) wird festgehalten.

Parallel dazu werden per 18. Juni sechs defizitäre Langstreckenziele ex Manama aus dem Flugplan gestrichen: Dublin, Hongkong, Jakarta, Johannesburg, Sydney und Singapur. «Diese Verbindungen sind besonders defizitär. Allgemein ist unser Netzwerk zu ineffizient», erklärt Dosé. Dafür sollen die Verbindungen im gesamten Mittleren Osten ausgebaut werden. «Es ist unser Ziel, jedes Zentrum der Region mindestens mit zwei Flügen pro Tag zu bedienen.» Gulf Air bietet derzeit 47 Destinationen in 30 Ländern an, darunter auch London und Frankfurt.

Dosés Medizin «Get Well» basiert neben der immensen Finanzspritze auf zwei Pfeilern, um die Produktivität von Gulf Air zu steigern. Erstens: Für 120 Mio. BHD (384,2 Mio. CHF) werden die Arbeitsabläufe restrukturiert, um die Profitlücke von 156 Mio. BHD (499,4 Mio. CHF) zu stopfen. «Wir haben Sicherheit, Pünktlichkeit sowie Kundenservice zu unseren drei Kernpunkten erklärt, da wir mit dem heutigen Niveau nicht zufrieden sind», sagt Dosé. Zweitens: Für 190 Mio. BHD (608,3 Mio. CHF) wird in die Qualität investiert, um das Produkt sowohl in der Luft als auch auf dem Boden deutlich zu verbessern. So sollen unter anderem die Kabinen der Flugzeuge renoviert oder die Lounges an den Flughäfen ausgebaut werden.

All dies ist mit einem Stellenabbau verbunden. Derzeit beschäftigt Gulf Air gegen 6000 Personen. Wie viele Mitarbeiter entlassen werden, ist noch nicht definiert. «Wir sind uns bewusst, dass dies harsche Massnahmen sind, aber wir brauchen sie, um das Überleben der Firma zu sichern und die Basis
für künftiges Wachstum zu kreieren», ergänzt Dosé.

Norman C. Bandi

Gestern pan-arabisch – morgen bahrainisch

Die pan-arabische Airline wurde 1950 unter dem Namen «Gulf Aviation» gegründet. Mitte der 70er-Jahre haben Abu Dhabi (V.A.E.), Bahrain, Katar sowie Oman die private Airline übernommen und als ihren National Carrier in «Gulf Air» umbenannt. Dies ging bis zum Jahrtausendwechsel, sprich dem 50. Geburtstag, gut. Nach 9/11 geriet auch Gulf Air in finanzielle Turbulenzen. 2002 stieg Katar zugunsten ihrer Qatar Airways aus. 2005 folgte Abu Dhabi, um sich auf ihre Etihad Airways zu konzentrieren. Die Vorzeichen mehren sich, wonach Oman es ihnen gleich tun wird, weil die eigene Oman Air gestärkt wird (siehe Sky News).

Danach müsste Bahrain quasi alleine für Gulf Air aufkommen. Aus gut unterrichteten Kreisen ist zu vernehmen, dass die bahrainische Regierung sich bereit erklärt hat, die Mehrheit der Anteile (80%) zu übernehmen. Dem Vernehmen nach wird ein Grossteil der neuen Finanzspritze von Bahrain getragen. Noch ist die pan-arabische Airline zu gleichen Teilen der National Carrier von Bahrain und Oman. Das Drehkreuz befindet sich aber bereits in der bahrainischen Hauptstadt Manama.  

 NCB