99,99 Prozent sind keine Terroristen (Ausgabe 2007-27)

Hansjörg Bürgi, Chefredaktor des Luftfahrtmagazins skynews.ch

Wer heute eine Flugreise unternimmt, ist bereits ein potenzieller Terrorist. So jedenfalls wird man als Passagier behandelt – in der Schweiz, in Europa und Übersee. Eines haben die überrissenen Sicherheitskontrollen gemeinsam: Das Personal ist unfreundlich, demonstriert seine Macht und handelt völlig uneinheitlich. Wen erstaunt es, dass auch die Kontrollen alles andere als einheitlich sind – nicht einmal im gleichen Flughafen.

Beispiel 1: Auf dem Flug von Frankfurt nach Vancouver zeigt mir meine Sitznachbarin ein normales Sackmesser, das sie in Zürich durch die Sicherheitskontrolle nehmen durfte. Da es in Frankfurt keine Kontrolle mehr gibt, reist das Messer nun in der Kabine nach Kanada. Beispiel 2: In Paris Charles-de-Gaulle muss ich bei der ersten Kontrolle meinen Gurt nach dem unüberhörbaren Befehl «Ceinturon!» ausziehen, als ich bei der zweiten Kontrolle das Hemd über den Gurt fallen lasse, marschiere ich mit Gurt und ohne Pieps durch den Metalldetektor. Einmal bleiben in Übersee die (gleichen) Schuhe an den Füssen, ein anderes Mal brüllt man mich mit «Your Shoes!» an, ich lege sie sodann aufs Band.

Doch die Passagiere lassen sich dies alles gefallen. Kein Mucks. Nur bei den Flüssigkeiten gibt es ab und zu Diskussionen. Erstaunlich. Man stelle sich vor, alle Zugreisenden müssten dasselbe Prozedere über sich ergehen lassen. Denn auch 99,99 Prozent aller Zugreisenden sind keine Terroristen.

Gerüchtehalber sollen die wirklich sinnlosen Flüssigkeitsbestimmungen bald wieder abgeschafft werden. Das Fazit: Dieser Schnellschuss politischer Schreibtischtäter kostet nach wie vor jeden Flughafen Millionen, verärgert Millionen von Passagieren und produziert tonnenweise unnötigen Abfall – notabene ohne dass ein einziger Flug sicherer unterwegs wäre. Aber mit dem Sicherheitsargument lässt sich eben jeder Humbug begründen. Und trotzdem wird es die absolute Sicherheit nie geben.