«Narcos-Touristen» unerwünscht: Pablo Escobars Residenz wird heute abgerissen

Das Symbol für den Sensations-Tourismus in Kolumbien soll einer Gedenkstätte für die Opfer des Drogenkriegs weichen.
ZVG

Seit dem Friedensvertrag mit der FARC und der damit einhergehenden Befriedung grosser Teile des Landes kann Kolumbien einen enormen Zuwachs an Touristen verzeichnen. Auch die Einreisezahlen aus der Schweiz wachsen jedes Jahr im zweistelligen Bereich. Mitunter allerdings auch ein Grund für den Boom: Die beliebte Netflix-Serie «Narcos», welche die Zeit während der 1980er und 90er Jahre unter der brutalen Drogenherrschaft von Pablo Escobar erzählt.

Glorifizierung eines verhassten Drogenbarons – und Big Business

So schossen sogenannte Escobar-Touren am Originalschauplatz von Medellin in den letzten zwei Jahren wie Pilze aus dem Boden – just 25 Jahre nach dem gewaltsamen Tod des Chefs des Medellin-Kartells. Doch vielen Kolumbianern sind der respektlose Sensationstourismus und die Glorifizierung des verhassten Drogenbarons zuwider. Nun werden erste Massnahmen ergriffen, und dem Einhalt zu gebieten: Heute Freitag wird die ehemalige Residenz «Monaco» von Escobar im Nobelviertel El Poblado abgerissen. Das berühmt-berüchtigte Haus hatte sich in zu einem veritablen Touristen-Hotspot entwickelt; täglich strömen bis zu 200 Touristen zur «Monaco», schiessen Selfies und bezahlen für diese «Narcos-Touren» zwischen USD 70 und 80. Für kolumbianische Verhältnisse viel Geld und dementsprechend ein Big Business.

Medellin will eine Gedenkstätte für die Opfer errichten

Nun setzt der Bürgermeister von Medellin, Federico Gutierrez, ein Zeichen, dass diese Art von Tourismus unerwünscht ist. «Die Touristen lernen so nur Pablo Escobar kennen, aber das Volk will nicht, dass die Ausländer eine Person glorifizieren, die den Kolumbianern dermassen viel Leid und Unrecht angetan hat. Man sollte den Opfern gedenken und aufzeigen, welche Transformation Medellin und ganz Kolumbien vollzogen haben», so Gutierrez. So will er nach dem Abriss von «Monaco» stattdessen eine Gedenkstätte für die Opfer errichten lassen, die im Drogenkrieg ihr Leben lassen mussten. «Ja, es gehört zur Geschichte Kolumbiens, man sollte darüber reden – aber nicht mit einem Escobar-Shirt ins Land reisen oder sein Grab besuchen», sagt denn auch Lukas Hohl-Jaramillo, Gründer und Inhaber des Schweizer Kolumbien-Spezialisten kolumbienentdecken.ch. «Einheimische empfinden diese Touren als respektlos, denn fast jeder kann dir eine Geschichte erzählen, wie ein Bekannter oder ein Familienmitglied in diesem Drogenkrieg ums Leben kam.» (Das ganze Interview mit Lukas Hohl-Jaramillo lesen Sie im TRAVEL INSIDE von nächster Woche).

Narcos-Touren offiziell nicht mehr erlaubt

Die Narcos-Touren sind im Übrigen offiziell gar nicht mehr erlaubt. Zudem wurde erst gerade kürzlich ein weiteres Überbleibsel der Escobar-Ära (und ein beliebtes Touristen-Motiv) geschrottet: Das Flugzeug, das den Eingang zum ehemaligen Privatzoo des Drogenbarons, der «Hacienda Napoles», zierte. Es war eine Nachbildung jener Flugzeuge, die Escobar für seinen Drogenschmuggel nutzte.

Doch etliche Touristen sind nach wie vor gewillt, viel Geld zu bezahlen, um auf den blutigen Spuren von Escobar zu wandeln. Naheliegend, dass sich hierbei stets ein Guide finden lässt, der das Geld gebrauchen kann. (Elisha Schuetz)