Air Mauritius ist zu drastischen Massnahmen gezwungen (Ausgabe 2012-09)

Die Zusammenstreichung des Flugnetzes infolge der hohen Kerosinpreise hat für Aufregung gesorgt. Donald E. Payen, Executive VP Commercial, nimmt Stellung.

Im April wollte Air Mauritius (MK) aus Anlass des 25. Jahrestags der Aufnahme von Flügen zwischen Mauritius und Genf ein grosses Fest feiern. Daraus wird nichts: Bekanntlich werden Ende Oktober die Flüge nach Genf eingestellt, ebenso jene nach Frankfurt und München. Die Flüge nach Mailand werden bereits im Mai eingestellt. In Europa werden nur noch Paris-CDG und London-LHR angeflogen.

Donald E. Payen, Executive Vice President Commercial von MK, weilte letzte Woche in Genf, um den Geschäftspartnern die Gründe für die Streichungen zu erklären. Gegenüber TI macht er keine Umschweife: «Air Mauritius kämpft ums Überleben. Wir fliegen hauptsächlich auf sehr langen Strecken. Der drastische Anstieg der Treibstoffpreise hat unser Resultat sehr negativ beeinflusst. Im 3. Quartal erfolgte ein Verlust von EUR 3,2 Mio.; in den ersten neun Monaten unseres Geschäftsjahres fuhren wir einen Verlust von fast EUR 21 Mio. ein. Die aktuelle Wirtschaftskrise hat ausserdem dramatische Auswirkungen auf die Nachfrage aus Europa, unserem Haupt-Quellmarkt. Der Druck auf die Erlöse ist gewaltig.»

Payen weist auch auf die extreme Konkurrenzsituation am Flughimmel hin, wo 55% der verkauften Sitze von den drei grossen Allianzen angeboten werden, 17% durch Low Cost Carrier und 11% durch die drei «Grossen» des Persischen Golfs. 

Während der ersten neun Monate des Jahres hat der Anstieg der Treibstoffpreise bei MK Mehrkosten von EUR 37 Mio. verursacht, während durch die «Fuel Surcharge» laut Payen lediglich EUR 14 Mio. eingenommen wurden. Die Differenz von EUR 23 Mio. sei dabei nicht das einzige Problem: «Der Wechselkurs des Euro ist gegenüber dem US-Dollar nachteilig, wir benötigen also noch mehr Euro, um unsere Fixkosten im Griff zu behalten.»

Auch die Flotte stellt ein Problem dar: Die Nischen-Fluggesellschaft operiert mit zwölf Flugzeugen und vier unterschiedlichen Flugzeugtypen. «Eine solche Flotte erlaubt keine Skalen-effekte», weiss Payen, «ausserdem verbrauchen Flugzeuge wie ein A340 viel mehr Treibstoff als vergleichbare Typen neuerer Generation wie der A350 oder der Boeing Dreamliner.» 

Weiteres Problem: Air Mauritius fliegt zehn Destinationen nur ein Mal pro Woche an. «Dieses Konzept ist nicht mehr markttauglich», so Payen, «alle Langstreckendestinationen bescheren uns Verluste und bei manchen können wir nicht einmal mehr die Fixkosten decken.»

Air Mauritius hat deshalb bei Lufthansa ein Audit zu Geschäftsprozessen in Auftrag gegeben und anschliessend von der amerikanischen Consultingfirma Seabury APG ihren Businessplan analysieren lassen. Drastische Massnahmen wurden beschlossen, welche von den Aktionären – darunter Air France, Air India, die Rodgers Group, die mauritische Regierung und einzelne Private – einstimmig angenommen wurden. Dazu gehören Erneuerungen des Streckennetzes und des Verkaufs, eine rigorose Kostenkontrolle mit -einem Ersparnisziel von 5–10% (ohne Treibstoffeffekte) sowie eine Überprüfung der Aktiva: Braucht es ein Maintenance-Team von 500 Personen für die zwölf Flugzeuge? Was geschieht mit dem Hotel Cotton Bay und der Helikopterflotte? Payen fügt hinzu: «Die Umsetzung der Massnahmen erfolgt sofort. Das ist überlebenswichtig. Ausserdem werden wir einen A340 verkaufen.»

Der von Seabury ausgearbeitete neue Businessplan beinhaltet drei weitere Punkte: Investitionen in den Kundendienst, ein neues «Performance Management System» für die gesamte Belegschaft sowie eine Analyse zur Flottenzukunft – in fünf Jahren werden entweder A350 oder B-787 gekauft. «Wir müssen 2012 das Gleichgewicht zurückgewinnen und ab 2013 wieder profitabel sein», erklärt Payen.

So wird sich MK nebst Paris und London auf Destinationen im und rund um den Indischen Ozean beschränken. Trotz der harten Preiskonkurrenz der Golf-Carrier und der Preissensibilität neuer Wachstumsmärkte wie Indien oder China glaubt Payen, dass MK rentabel operieren und so die Schliessung vieler Routen kompensieren kann. MK wird sich überdies, wie andere Carrier des Indischen Ozeans, nach strategischen Partnern umsehen. Das muss nicht Air France sein: Der 2008 erneuerte Joint-Venture-Vertrag zwischen MK und AF läuft 2013 aus.

Dominique Sudan/Jean-Claude Raemy