«Wir wollen die Effizienz steigern» (Ausgabe 2007-20)

CIO Heini Kalt äussert sich zur Migration von Da Vinci bei Travelhouse.

Herr Kalt, welche Systeme werden bei Travelhouse eingeführt?

Es handelt sich nicht nur um Da Vinci, sondern um eine Reihe verknüpfter Systeme. Es ist die Ablösung der gesamten bisherigen Umgebung bei Travelhouse, die auf einem eigenen System basierte. Das neue System ist vergleichbar mit Umbrella oder Hit für die Retailer, also ein Dossier-Handling-System, aber für die TOs. Einerseits laufen im Da Vinci die Fäden der Supplier – Hotels, Fluggesellschaften – zusammen, es wird teilweise ein Package gebildet und daraus werden Rechnung und Reiseunterlagen generiert. Ins Da Vinci laufen die Buchungen, die unsere Agenten im Cets oder im Tour Online tätigen. Gegenüber den Suppliern arbeiten wir vorwiegend mit Hitchhiker und teilweise mit eigenen Schnittstellen. Im Flugbereich gibt es eine Verbindung von Hitchhiker ins Galileo. Was ganz neu im Schweizer Markt ist: An Da Vinci wurde Mobility von Hitchhiker angehängt. Dort sind alle Mietwagen-Tarife hinterlegt und die Mietwagen-Buchungen werden direkt getätigt, in unserem Fall bei Avis. Diese durchgehende Automation gibt es so in der Schweiz bisher noch nicht, bringt aber auch eine erhebliche Komplexität mit sich.

Wieso haben Sie sich gerade für Da Vinci entschieden?

Es ist eine Standardlösung. Wir wollten nicht noch einmal etwas Neues selber bauen. Dafür ist Travelhouse zu klein.

Wie lange läuft das Projekt schon?

2004 wurde das Projekt gestartet.

Wird Da Vinci bei allen Marken von Travelhouse eingeführt?

Ja. In Zukunft wollen wir mit allen Marken gleich arbeiten. Die Marken unterscheiden sich durch Destinationen und Spezialistentum, aber die Prozesse müssen überall ähnlich sein. Das bedingt ein identisches System und eine identische Arbeitsweise auf demselben System.

Ist die Ablösung der Systeme also mit neuen internen Prozessen verbunden?

Ja, massiv. Genau dafür ist Alberto Moreno zu Travelhouse gekommen. Meine Erfahrungen bei verschiedensten Migrationen haben gezeigt, dass es sinnlos ist, das System vergewaltigen  und den eigenen Prozessen anpassen zu wollen. Jedes System gibt den Prozess grundsätzlich vor.

Wie ist der aktuelle Projektstand?

Einige Marken sind erst vor kurzer Zeit zu Travelhouse gekommen. Es wurde entschieden, bei diesen Marken von Beginn weg Da Vinci einzuführen. Mitten im laufenden Projekt wurde dieses also massiv erweitert. So etwas ist jeweils recht heikel, weil Auswirkungen auf das ganze Projekt da sind. Die Ressourcen blieben ja dieselben. Africantrails, Inditours, Oceanstar und Soleytours arbeiteten also von Beginn weg auf Da Vinci. Es war eine recht rudimentäre Implementierung. Funktionen wie die Cets-Buchbarkeit haben massiv gelitten, weil wir die Einführung schnell über die Bühne bringen mussten. Weiter arbeiten heute Caribtours, Salinatours, Falcontravel, Skytours (nur Australien/Ozeanien) und Sierramar (nur Frankreich) auch bereits auf Da Vinci. Ursprünglich war geplant, dass wir mit allen neuen Katalogen auf das neue System gehen, was sich aber als nicht realistisch erwiesen hat.

Wie sieht die weitere Planung aus?

Deadline ist das neue Geschäftsjahr, also der 1. November 2007. Wir wollen keine Abreisen des neuen Geschäftsjahres mehr im alten System verbuchen. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen alle Marken migriert sein. Für die meisten – beispielsweise den Rest von Skytours mit einem kleinen Winterkatalog – bedeutet dies eine Migration in die buchungsschwache Saison. Alle neuen Sierramar-Kataloge, die im Sommer/Herbst erscheinen, werden auf Da Vinci und damit im Cets buchbar sein. Als Nächstes steht Wettstein an.

Wieso ist die Da-Vinci-Migration dermassen wichtig für Travelhouse?

Wir wollen die Effizienz bei Travelhouse steigern, indem bei allen Marken gleich gearbeitet wird. Dies ist nur möglich mit einem gemeinsamen System. Mit den innovativen Verknüpfungen und Anbindungen von Da Vinci wollen wir auch für die Agenten einen Schritt vorwärts kommen. Durchgehende Buchbarkeit ist enorm wichtig. Dieser Mehrwert macht uns als Spezialist zusätzlich attraktiv.

Sind Sie im Projekt on time?

Basierend auf der Projektplanung November 2006 sind wir on time, nicht ganz gegenüber dem ersten Projektplan, was aber bei einem solch anspruchsvollen Projekt nicht aussergewöhnlich ist. Gerade bei Travelhouse mit den vielen Marken ist die Da-Vinci-Migration eine enorme Herausforderung, was ein professionelles Projektmanagement bedingt. Gleichzeitig haben wir die Organisation angepasst. Es ist fast so, wie wenn man bei einem fahrenden Zug das Rad wechseln würde. Die Komplexität der Durchbuchbarkeit, die es so in der Schweiz noch nicht gab, wurde bei Travelhouse unterschätzt. In diesem Punkt gibt es klassische Kinderkrankheiten, wie es sie bei derartigen Neuerungen immer gibt.

Was würden Verzögerungen bedeuten?

Mehrkosten, weil wir das alte System weiterbetreiben müssten. Der Weiterbetrieb des alten Systems wäre mit Risiken verbunden, weil es physisch sehr alt ist und die Kapazitätsgrenzen erreicht sind. Zusätzlich müssten wir zwei Buchhaltungen parallel führen, weil die Buchhaltung im alten System integriert ist.

Wo gab es bisher Probleme im Projekt, und wo gibt es noch Gefahren einer Verzögerung?

Der Aufwand für die Ersterfassung der Produkte wurde ganz zu Beginn unterschätzt. Den kennen wir aber in der Zwischenzeit, und die verbleibenden Marken haben wesentliche Vorarbeiten geleistet. Meine Migrations-Erfahrung hat gezeigt, dass es zu Performance-Engpässen kommen kann, weil immer mehr Daten im neuen System sind. Bisher zeichnet sich das aber nicht ab, und im schlimmsten Fall könnten wir schnell mit zusätzlicher Hardware reagieren. Weiter könnte irgendeine Schnittstelle nicht funktionieren. Gerade für Sierramar ist die Schnittstelle zu Air Berlin sehr wichtig. Auch dort haben wir ein gutes Gefühl. Riesige Stolpersteine sehe ich also nicht. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir den aktuellen Zeitplan einhalten können. Wir werden uns bei den kommenden Migrationsschritten bemühen, eine bessere Cets- und Tour-Online-Buchbarkeit zu bieten. Darauf haben wir bei den ersten Schritten zu wenig Gewicht gelegt, und unser Wiederverkauf hat es momentan nicht einfach. Aber auch hier sind wir daran, diese für unsere Agenten unangenehmen Probleme schnell zu lösen.

Chris Probst