Angst ist ein schlechter Ratgeber (Ausgabe 2006-35)

Urs Hirt über den Wiedereinstieg von Kuoni in Myanmar

Kuoni hat Myanmar, das ehemalige Burma, nach drei Jahren Unterbruch wieder in die soeben vorgestellte Angebotspalette aufgenommen. Das ist zu begrüssen, denn das Land erfreut sich auch bei Schweizer Reisenden immer grösserer Beliebtheit und wird in den Reisebüros und bei den Reiseveranstaltern entsprechend vermehrt nachgefragt. Unbestritten hat Myanmar touristisch sehr viel zu bieten: Unzählige Tempelanlagen, Pagoden und Klöster, antike Stätten, eine unberührte Natur, faszinierendes Kunsthandwerk, bunte Märkte, traumhafte Strände und eine gastfreundliche Bevölkerung, die dem Besucher noch heute Einblicke in die traditionelle Lebensart vermittelt.

Man kann sich darüber streiten, ob man den Tourismus in ein Land fördern soll, das von einer Militärdiktatur geführt wird, die wenig von Menschrechten und Demokratie hält, und
dessen Bevölkerung tagtäglich unter Überwachung und Unterdrückung zu leiden hat. Die Myanmar-Anbieter in der Schweiz – auch Kuoni – betonen, dass sie darauf achten, nur mit regierungsfremden Partnern wie Familienbetrieben, Guides, ausländischen Hotelgruppen und Joint Ventures zusammenzuarbeiten. Dies stelle sicher, dass das Geld zu den richtigen Menschen gelange und deren wirtschaftliche Situation verbessere. So gesehen kann niemand
etwas gegen Tourismus nach Myanmar haben.

Trotzdem hat der Relaunch aus der Neuen Hard einen faden Beigeschmack, denn Kuoni präsentiert das Land nicht etwa im normalen Asien-Katalog sondern in einer separaten 24-seitigen Broschüre mit dem Logo des lokalen Agenten Asian Trails auf der Titelseite. Erst aufgrund des Layouts und des Hinweises auf die Allgemeinen Reise- und Vertragsbedingungen der Kuoni Reisen AG ist ersichtlich, aus welchem Haus dieses Produkt stammt. Da scheint noch immer der Druck der «The Burma Campaign» nachzuwirken, der vor drei Jahren dazu geführt hatte, dass sich der Kuoni-Konzern von Myanmar verabschiedete.

Die Art und Weise, wie der Wiedereinstieg nun geschieht, lässt eher auf Unsicherheit und Angst denn auf ein klares, uneingeschränktes Bekenntnis zu dieser wunderschönen Destination schliessen. Ob Kuoni mit dem durchaus breiten und umfassenden, auf den ersten Blick sich aber «anonym» gebenden Myanmar-Angebot ausserhalb der eigenen Verkaufsstellen Erfolg haben wird, muss sich weisen. Aber eines ist klar: Angst war noch nie ein guter Ratgeber.